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97 Öffentliches AuftragswesenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung des Antrags einer Bietergemeinschaft auf Feststellung der Zuschlagserteilung nicht an den Bestbieter im Vergabeverfahren betreffend die Sanierung der Fischer-Deponie; Feststellung der Rechtswidrigkeit auch bei Widerrruf der Ausschreibung zulässig; verfassungskonforme Auslegung in diesem Sinne aufgrund des Rechtsstaatsprinzips und des Gemeinschaftsrechts gebotenSpruch
1. Die zu B584/05 protokollierte Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die zu B582/05 protokollierte Beschwerde wird zurückgewiesen, insoweit sie den Spruchpunkt I und den Spruchpunkt II lita und c betrifft.
3. Die zu B582/05 beschwerdeführenden Mitglieder der Bietergemeinschaft sind durch den Spruchpunkt II litb des angefochtenen Bescheides im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Spruchpunkt II litb des Bescheides wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bund schrieb mit Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, abgesandt am 28. Juli 1999, die Durchführung des Projektmanagements sowie der Überwachungs- und Planleistungen im Zuge der Gesamträumung der Abfälle und des kontaminierten Untergrundes aus der so genannten Fischer-Deponie im Verhandlungsverfahren aus. Nach Durchführung des Vergabeverfahrens teilte der Bund, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt, den Bietern mit Schreiben vom 20. Juni 2000 mit, dass er beabsichtige, den Zuschlag Herrn Dipl. Ing. V T zu erteilen.
In der Folge stellten drei Mitbieter beim BVA (alt) Nachprüfungsanträge. Mit Bescheid vom 18. August 2000 wurde auf Antrag des Bieters J & Partner GmbH Spruchpunkt I für nichtig erklärt. Gegen diesen Bescheid brachte der als Auftragnehmer in Aussicht genommene Bieter Dipl. Ing. V T Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ein, die zu B1560/00 protokolliert ist. Mit Erkenntnis vom 20. Juni 2001 hob der Verfassungsgerichtshof unter anderem den Spruchpunkt I des genannten Bescheides auf. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Antrag der J & Partner GmbH auf Grund des Widerrufs der Ausschreibung mangels Zuständigkeit des BVA mit Bescheid des BVA vom 21. Dezember 2004 zurückgewiesen. Ferner hatte die J & Partner GmbH einen Eventualantrag auf Feststellung gestellt, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde.
Bereits mit Schreiben vom 26. September 2000 hatte der Bund jedoch die Ausschreibung gemäß §55 Abs1 BVergG 1997 widerrufen.
Am 6. November 2000 brachte Dipl. Ing. T beim BVA einen Antrag auf Feststellung ein, dessen Begehren lautete:
"ANTRÄGE:
a) auf Feststellung, daß in dem im Rubrum näher spezifizierten Vergabevorhaben infolge eines Verstoßes gegen dass Bundesvergabegesetz 1997 oder die dazu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter Dipl. Ing. V T erteilt wurde,
b) auf Feststellung, daß der solcherart übergangene Bewerber/Bieter Dipl. Ing. V T bei Einhaltung der Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 1997 und der hiezu ergangenen Verordnungen eine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte."
Ebenfalls am 6. November 2000 brachte die Bietergemeinschaft bestehend aus der ÖKOTEC GmbH, der M Materialprüfung GmbH, Prof. G R und S U (im Folgenden als "Bietergemeinschaft ÖKOTEC" bezeichnet) einen als Nachprüfungsantrag bezeichneten Antrag ein, in dem sie begehrten
"festzustellen, daß wegen der Verstöße gegen die §16 Abs1, 16 Abs4, 50 Abs1, 52 Abs1 Z1 und 2, 53 und 57 Bundesvergabegesetz der Zuschlag nicht dem Bestbieter, der Antragstellerin erteilt wurde."
In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2001 wurde der Antrag der Bietergemeinschaft ÖKOTEC dahingehend modifiziert, dass die Wortfolge "der Antragstellerin" zu entfallen habe.
Ferner stellte Dipl. Ing. T in dieser Verhandlung einen Eventualantrag, der wie folgt protokolliert ist:
"Der Vertreter von DI V T stellt als Eventualantrag zu seinem Feststellungsantrag vom 6.11.2000 einen Antrag auf Feststellung, gleichlautend dem unter lita) zitierten, jedoch ohne Nennung von DI V
T."
Da im Verhandlungsprotokoll keine lita) erwähnt ist, kann es sich nur um die oben zitierte lita) des Feststellungsantrages handeln.
Der Auftraggeber begehrte die Zurückweisung der Feststellungsanträge des Dipl. Ing. V T sowie die Feststellungsanträge der Bietergemeinschaft ÖKOTEC infolge Unzuständigkeit des BVA und Unzulässigkeit der Anträge, in eventu deren Abweisung und in eventu weiters die Feststellung, dass die Antragsteller T und Bietergemeinschaft ÖKOTEC auch bei Einhaltung der Bestimmungen des BVergG 1997 und der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätten.
2. Über diese Anträge entschied das BVA (neu) mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. April 2005 und zwar in zwei getrennten Spruchpunkten.
Der Spruchpunkt I betreffend die Anträge des Dipl. Ing. T vom 6. November 2000 lautet:
"a) Der Antrag des Dipl.-Ing. V T vom 6.11.2000, 'auf Feststellung, dass in dem im Rubrum näher spezifizierten Vergabevorhaben in Folge eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz 1997 oder die dazu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter Dipl.-Ing. V T erteilt wurde', wird zurückgewiesen.
b) Der Antrag des Dipl.-Ing. V T vom 6.11.2000, 'auf Feststellung, dass der solcher Art übergangene Bewerber/Bieter Dipl.-Ing. V T bei Einhaltung der Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 1997 und der hiezu ergangenen Verordnungen eine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte', wird zurückgewiesen."
Der weitere Spruchpunkt II erging zu den Anträgen des Dipl. Ing. T vom 14. Dezember 2000, den Antrag der Bietergemeinschaft ÖKOTEC vom 6. November 2000 und vom 14. Dezember 2000 und über den Antrag des Prof. Dr. Ing. J vom 4. September 2003. Dieser lautet:
"a) Der Eventualantrag des Dipl.-Ing. V T vom 14.12.2001 'auf Feststellung, dass in dem im Rubrum näher spezifizierten Vergabevorhaben in Folge eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz 1997 oder die dazu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde', wird zurückgewiesen.
b) Der Antrag der Bietergerneinschaft ÖKOTEC GmbH u.a. vom 6.11.2000 und vom 14.12.2001, 'das Bundesvergabeamt möge nun, nach Abschluss des Vergabeverfahrens Projektmanagement/Planungs- und Überwachungsleistungen für die Räumung der Fischer Deponie, feststellen, dass wegen der Verstöße gegen die §§16 Abs1, 16 Abs4, 50 Abs1, 52 Abs1 Z1 und 2, 53 und 57 Bundesvergabegesetz der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde', wird zurückgewiesen.
c) Der Antrag der J & Partner GmbH im Nachprüfungsverfahren N-40/00 vom 4.9.2003, 'das BVA möge in eventu feststellen, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde', wird zurückgewiesen."
§113 BVergG 1997 lautet:
"Zuständigkeit
§113. (1) Das Bundesvergabeamt ist auf Antrag zur
Durchführung des Nachprüfungsverfahrens nach Maßgabe der Bestimmungen des folgenden Hauptstückes zuständig.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung ist das Bundesvergabeamt zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hiezu ergangenen Verordnungen zuständig
1.
zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2.
zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der vergebenden Stelle des Auftraggebers.
(3) Nach Zuschlagserteilung oder nach Abschluß des Vergabeverfahrens ist das Bundesvergabeamt zuständig, festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. In einem solchen Verfahren ist das Bundesvergabeamt ferner zuständig, auf Antrag des Auftraggebers festzustellen, ob ein übergangener Bewerber oder Bieter auch bei Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte."
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wie folgt:
Zum Spruchpunkt I lita:
Gemäß §113 Abs3 1. Satz BVergG 1997 obliege dem BVA lediglich die Feststellung, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde, hingegen habe es nicht die Bestbietereigenschaft des Antragstellers zu ermitteln und festzustellen.
Zum Spruchpunkt I litb:
§113 Abs3 2. Satz BVergG 1997 sehe eine Feststellung über die echte Chance auf Erteilung des Zuschlags nur auf Antrag des Auftraggebers, nicht aber eines Bieters vor.
Zum Spruchpunkt II kommt das BVA nach ausführlicher Behandlung der Rechtsprechung des EuGH, des OGH, des VfGH und des VwGH zu dem Schluss, dass eine Feststellung nach §113 Abs3 BVergG 1997 jedenfalls eine Zuschlagserteilung voraussetzt. Daher sei von einer Unzulässigkeit der vorliegenden Feststellungsanträge auszugehen.
3. Gegen diesen Bescheid brachten die Bietergemeinschaft ÖKOTEC als auch Dipl. Ing. T sowie die DI T & Partner Ziviltechniker für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft ZT-GmbH Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG ein. Die Beschwerden sind zu B582/05 (ÖKOTEC) und B584/05 (T) protokolliert.
4. Die Bietergemeinschaft ÖKOTEC brachte ferner am 25. September 2003 eine Klage gegen den Bund beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein, in der sie wegen behaupteter Verstöße gegen das BVergG 1997 und aus dem Titel der culpa in contrahendo den Ersatz des Vertrauensschadens begehrte. Der Bund habe bei der Ausschreibung nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen, sodass die Ausschreibung schließlich widerrufen werden musste. Das BVA habe im Bescheid vom 18. August 2000 die Ansicht vertreten, dass die Ausschreibung zu widerrufen sei.
Das Erstgericht wies die Klage mit der Begründung zurück, dass Voraussetzung einer Schadenersatzklage eine Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß §113 Abs3 BVergG 1997 sei. Diese liege nicht vor, sodass die Klage als unzulässig zurückzuweisen sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs keine Folge. Auch dem Revisionsrekurs wurde keine Folge gegeben. Der Oberste Gerichtshof begründete mit Urteil vom 6. Dezember 2004, 2 Os 274/04, seine abweisende Entscheidung damit, dass auch im Falle des Widerrufs einer Ausschreibung wegen Vergaberechtswidrigkeit ein Feststellungsbescheid nach §113 Abs3 BVergG 1997 des Bundesvergabeamtes erforderlich sei, bevor eine Schadenersatzklage eingebracht werden kann.
II. 1. In ihrer zu B582/05 protokollierten Beschwerde begehrt die Bietergemeinschaft ÖKOTEC,
"den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Umfange nach aufzuheben."
Sie macht die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend.
Die Zurückweisung widerspreche der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG und stehe nicht im Einklang mit dem Urteil des OGH vom 6. Dezember 2004, 2 Os 274/04. §113 Abs3 BVergG 1997 begründe die Zuständigkeit des BVA, nach Zuschlagserteilung oder nach Abschluss des Vergabeverfahrens festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen das BVergG der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Ein anderer "Abschluss" eines Vergabeverfahrens als durch Zuschlagserteilung oder durch Widerruf sei nicht möglich, sodass §113 Abs3 eine Feststellungskompetenz auch für den Fall des Widerrufs vorsehe.
Im vorliegenden Fall sei der Widerruf rechtens gewesen, weshalb ein Nachprüfungsverfahren nicht hätte zum Erfolg führen können. Daher sei die Rechtsansicht des BVA, dass die Beschwerdeführerin den Widerruf hätte bekämpfen müssen, unverständlich. Sodann führt die Bietergemeinschaft ÖKOTEC aus:
"Bemerkenswert und umso unzutreffender ist allerdings an der Rechtsansicht der belangten Behörde, dass sie, vermeintlich gestützt durch VfGH- und EuGH-Erkenntnisse eine ihrer Wirkung nach dem §168 Abs3 BVergG 2002 ähnliche Präklusion eines Feststellungsantrages annimmt, die §113 BVergG 1997 nicht (und auch keine andere Norm leg.cit) kannte.
Nach §168 Abs3 BVergG 2002 ist ein Antrag auf Feststellung gem. §162 Abs3, 4 oder 5 unzulässig, sofern der im Feststellungsantrag behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gem. §163 geltend gemacht hätte werden können.
Das Regime des BVergG 1997 kennt eine solche Zulässigkeitsvoraussetzung nicht. Dies wird von der belangten Behörde massiv verkannt.
Indes stützen entgegen der Begründung im angefochtenen Bescheid auch die dort zitierten Entscheidungen des angerufenen Verfassungsgerichtshofes Bl160, B1167/01-6 u.a. die von der belangten Behörde vertretene Ansicht nicht.
Die genannten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes betrafen lediglich auf Nichtigerklärung des Widerrufes einer Ausschreibung gerichtete Anträge der dortigen Beschwerdeführer und der nun angerufene VfGH hat in den zitierten Erkenntnissen ausgesprochen, dass das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde, wenn das BVA seine Kompetenz zur Nichtigerklärung des Widerrufs verneine.
Mitnichten hat der VfGH aber ausgesprochen, dass ein Antrag auf Nichtigerklärung des Widerrufs Voraussetzung eines Feststellungsverfahrens nach §113 Abs3 BVergG 1997 sei.
Dies wäre in Ansehung des Regimes des BVergG 1997, das eine - wie oben erwähnt - dem §168 Abs3 BVergG 2002 gleiche Zulässigkeitsvoraussetzung eines Feststellungsantrages gerade nicht kennt, auch nicht möglich.
Auch die von der belangten Behörde zitierte Entscheidung des EuGH vom 12.2.2004, Rs C-230/02 Grossmann Air Service gegen Republik Österreich vermag die Ansicht der belangten Behörde nicht zu stützen, denn in jenem Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ging es um eine Antragstellerin, die sich zum einen am Vergabeverfahren zunächst gar nicht beteiligt und - ohne vorherige Bekämpfung der für sie diskriminierenden Ausschreibung - in der Folge einen Antrag auf Nichtigerklärung des Zuschlages an die einzige Bieterin im genannten Verfahren eingebracht hatte.
Den Ausführung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften lässt sich mit keinem Wort entnehmen, dass es für einen Bieter, der Schadenersatz beanspruchen wolle, unerlässlich sei, eine behauptete Rechtswidrigkeit zunächst in einem auf Nichtigkeit der Entscheidung gerichteten Nachprüfungsverfahren geltend zu machen, um sich die Möglichkeit der Einleitung eines Feststellungsverfahrens und eines späteren Schadenersatzprozesses offen zu halten."
Die Rechtsansicht der belangten Behörde sei qualifiziert verfehlt und daher gleichheitswidrig.
Die Zurückweisung der Anträge verletze auch das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, dies umso mehr, als die belangte Behörde von einer Präklusion des Feststellungsanspruches ausgehe. Dadurch, dass die belangte Behörde die Anträge zurückwies, mache sie die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches unmöglich und greife in verfassungswidriger Weise in das Eigentum ein.
2. In der von Dipl. Ing. T und der DI T & Partner Ziviltechniker für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft ZT-GmbH eingebrachten und zu B584/05 protokollierten Beschwerde wird zunächst ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer Dipl. Ing. T sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen mit Vertrag vom 18. September 2002 in die Zweitbeschwerdeführerin eingebracht habe. Nach dem der Einbringung zu Grunde liegenden Vertrag sei auch "der verfahrensgegenständliche Feststellungsantrag samt den daraus resultierenden vermögenswerten Schadenersatz-Ansprüchen" des Erstbeschwerdeführers eingebracht worden.
Die Beschwerdeführer machen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf ein faires Verfahren und auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend. Ferner führen sie aus, dass §113 Abs3 BVergG 1997 zu unbestimmt sei (Art18 B-VG) und das BVA gegen den Vorrang des Gemeinschaftsrechts verstoßen habe. Es wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich des §113 Abs3 BVergG 1997 und eine Vorlage an den EuGH angeregt und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
Zum Spruchteil I wird ausgeführt, dass die Zurückweisung des Feststellungsantrages vom 6. November 2000 auf einer denkunmöglichen Begründung beruhe. Es sei sachlich nicht zu rechtfertigen, wenn der vorgesehene Bieter nicht feststellen lassen könnte, dass die Zuschlagsentscheidung rechtens gewesen sei.
Sodann wird auf die Unterschiede zwischen §113 BVergG 1997 und den §§162 und 168 BVergG 2002 hingewiesen. Ein Feststellungsverfahren nach §113 Abs3 BVergG 1997 sei auch ohne vorherige Nachprüfung eines Widerrufs zulässig. Auch gäbe es nach dem BVergG 1997 keine Antragspräklusion. Nach früher schwankender Judikatur gehe nun auch der OGH davon aus, dass die Geltendmachung des Schadenersatzes von einer vorherigen Feststellung durch das BVA abhänge.
Obwohl die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. August 2002 die Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gerügt habe, soll nach Auffassung der belangten Behörde diese Rechtswidrigkeit, die den Auftraggeber zum Widerruf veranlasst hat, sanktionslos bleiben. Damit verletze die belangte Behörde das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
Ferner rügen die Beschwerdeführer die überlange Verfahrensdauer und begründen dies wie folgt:
"a) wie sich dies insbesondere aus dem Fachartikel 'Effektiver Rechtschutz gegen den Widerruf einer Ausschreibung?', in:
Standpunkte zum Vergaberecht (MANZ-Verlag 2003, S. 181ff) ergibt, hat die belangte Behörde bis zur EuGH-Entscheidung vom 18.06.2002 (Rs C-92/00, Hospital Ingenieure) die Kompetenz zur Nachprüfung eines Ausschreibungs-Widerrufes ausdrücklich abgelehnt (die diesbezüglichen Entscheidungszitate und -inhalte sind den Randziffern 27.33 und 27.60, in: Sachs-Hahnl, BVergSlg.-Band I/Stand 01.12.2003, zu entnehmen). Selbst nach Einbeziehung der EU-RechtsmittelRL hat die belangte Behörde wegen diesbezüglich fehlender innerstaatlicher Umsetzung in §113 BVergG 1997 seine Zuständigkeit zur Nichtigerklärung eines Widerrufes ausdrücklich verneint (vergleiche dazu die Randziffern 27.71, 27.75, 27.76, 27.79 und 27.80, in:
Sachs-Hahnl, aaO.). Nicht unerwähnt bleiben kann in diesem Zusammenhang, daß eine Mitverfasserin des eingangs erwähnten Fachartikels als Vorsitzende des verstärkten BVA-Senates für die hier angefochtene BVA-Entscheidung fungiert hat;
b) es wäre daher nach dieser obzitierten, zum Zeitpunkt des Ausschreibungs-Widerrufes im September 2000 völlig herrschenden BVA-Judikaturlinie gänzlich aussichtslos gewesen, hinsichtlich dieses Ausschreibungs-Widerrufes ein Nachprüfungsverfahren gemäß §115 BVergG 1997 einzuleiten. Es war uns unzumutbar und daher sowohl unsachlich als auch ein Eingriff in unsere verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte insbesondere auf ein faires Verfahren, von uns die Einleitung eines formal aussichtslosen Nachprüfungsverfahren zu begehren, das ohne inhaltliche Prüfung nur mit einer Antrags-Zurückweisung enden konnte.
Zusätzlich bestand für ein derartiges Widerrufs-Nachprüfungsverfahren praktisch auch keine inhaltliche Erfolgschance, weil tatsächlich die vom Auftraggeber formulierte Ausschreibung hinsichtlich Umfang und Gewichtung der Zuschlagskriterien mangelhaft gewesen ist, sodaß ein auch von der belangten Behörde im Bescheid vom 18.08.2000 aufgezeigter und vorgegebener zwingender Widerrufsgrund vorlag. 'Es war uns daher auch inhaltlich gleichermaßen unzumutbar, unsachlich und verfahrenswidrig, ein von vornherein aussichtsloses Widerrufs-Nachprüfungsverfahren einleiten zu sollen;
4) einen Eingriff in unsere verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, insbesondere das Recht auf ein faires Verfahren, stellt ferner die Vorgangsweise der belangten Behörde dar, etwa viereinhalb Jahre nach Einbringung des Feststellungsantrages das Verfahren durch den angefochtenen Zurückweisungsbeschluß zu beenden, ohne vorher die aus der Sicht der belangten Behörde zwischenzeitig geänderte Sach- und Rechtslage mit den Parteien zu erörtern. Die Konfrontation der Verfahrensparteien mit einer völlig überraschenden, neuen rechtlichen Beurteilung des Verfahrensgegenstandes ohne vorheriges Parteiengehör bildet einen Eingriff in unser Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK (vergleiche dazu insbesondere die zutreffenden Ausführungen von Peukert, in: Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar/2. Auflage-1996, Rz 74 zu Art6, wonach jedenfalls bei beabsichtigter Abweichung von einer ständigen Rechtsprechung es der gebotenen Fairneß entsprechen dürfte, die Beteiligten darauf hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zur rechtlichen Stellungnahme zu geben).
Im vorliegenden Anlaßfall hat die belangte Behörde von der Antragstellung am 06.11.2000 bis einschließlich zur zeitlich letzten mündlichen Verhandlung am 04.09.2003 über die mehrfach gestellten Feststellungsanträge verhandelt, ohne in irgendeiner Form die nunmehr von der belangten Behörde behauptete Unzulässigkeit dieses Feststellungsantrages zu relevieren, obwohl das nunmehr von der belangten Behörde in den Vordergrund geschobene EuGH-Urteil vom 18.06.2002 (Rs C-92/00) zum Zeitpunkt dieser Verhandlung bereits seit mehr als einem Jahr publiziert gewesen ist. Vielmehr hat die belangte Behörde in dieser mündlichen Verhandlung vom 04.09.2003 - insoweit dem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20.06.2001 zur dg.Geschäftszahl B1560/00 folgend - die sachverständige Überprüfung der Frage vorangetrieben, ob uns aus bestimmten Vorarbeiten für die verfahrensgegenständliche Ausschreibung verfahrensrechtlich relevante Wettbewerbsvorteile zugekommen sein konnten.
Nach dieser mündlichen Verhandlung vom 04.09.2003 ist es zu keiner weiteren Verhandlung vor der belangten Behörde mehr gekommen, es erfolgte auch keinerlei schriftlicher Vorhalt der nunmehr verwendeten Zurückweisungs-Begründung zwecks Parteiengehör und Stellungnahme.
Vielmehr hat die belangte Behörde noch in dem die verschiedenen Nachprüfungsanträge von Bietern zurückweisenden Bescheid vom 21.12.2004 (zu den Geschäftszahlen N-40, 42, 44/00) die Auffassung vertreten, daß wegen des Auftraggeber-Widerrufes der Ausschreibung am 26.09.2000 eine Nichtigerklärung von Auftraggeber-Entscheidungen jedenfalls nicht mehr in Betracht komme. Im nunmehr vorliegenden, angefochtenen Bescheid vom 19.04.2005 vertritt die belangte Behörde (mit demselben Senat 6) sichtlich eine genau gegenteilige Auffassung, weil nunmehr die Meinung vertreten wird, daß der Auftraggeber-Widerruf vom 26.09.2000 damals einem Nachprüfungsverfahren vor der belangten Behörde zu unterziehen gewesen wäre (deutlicher kann wohl eine überraschend-abweichende Rechtsauffassung nicht dokumentiert werden)."
Ferner stellen die Beschwerdeführer ihre Sicht zur Frage eines aus dem "vorrangigen EU-Recht resultierenden Prinzip des effektiven Rechtsschutzes zugunsten frustrierter Bieter" dar.
3. Im Verfahren B582/05 erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift, in der sie zunächst darauf verwies, dass sich lediglich der Spruchpunkt II litb an die Beschwerdeführer richte und ihnen hinsichtlich der anderen Spruchpunkte keine Beschwerdelegitimation zukomme. Auch sei durch den Bescheid vom 18. August 2002 die Zuschlagsentscheidung und nicht die Ausschreibung für nichtig erklärt worden, weil DI T an Vorarbeiten beteiligt gewesen sei.
Der Vorwurf gegenüber der belangten Behörde, den Feststellungsantrag zurückgewiesen zu haben, obwohl dies der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG widersprochen habe, sei verfehlt, weil sich Richtlinien nur an die nationalen Gesetzgeber, nicht aber an Vollzugsbehörden richten. Im BVergG 1997 gäbe es keine dem §168 Abs3 BVergG 2002 vergleichbare Regelung. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des EuGH ergäbe sich, dass Bieter zwar einen Widerruf der Ausschreibung in einem Nachprüfungsverfahren bekämpfen können müssen, nicht aber, dass bei Widerruf auch ein Feststellungsantrag zulässig sei. Jedenfalls sähe das BVergG 1997 eine solche Möglichkeit nicht vor. Ferner wiederholt die belangte Behörde im Wesentlichen ihre bereits im angefochtenen Bescheid gebrauchten Argumente.
4. Auch im Verfahren B584/05 erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift, in der sie zunächst ausführt, dass der Erstbeschwerdeführer auf Grund des von ihm dargestellten Einbringungsvorgangs nicht mehr beschwert sei. Dem Zweitbeschwerdeführer fehle die Beschwerdelegitimation, weil vor dem BVA in Schriftsätzen und in Verhandlungen selbst nach der Einbringung bloß der Erstbeschwerdeführer als Partei aufgetreten sei. Daher sei der angefochtene Bescheid auch nicht an den Zweitbeschwerdeführer ergangen. Sodann wiederholt die belangte Behörde im Wesentlichen die in der Gegenschrift zu B582/05 und im angefochtenen Bescheid bereits ausgeführten Argumente.
5. Die Beschwerdeverfahren B582/05 und B584/05 wurden zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung verbunden.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Beschwerden erwogen:
1. Die Beschwerdeführer zu B582/05 beantragten die Aufhebung des ganzen Bescheides. Die Bietergemeinschaft ÖKOTEC betrifft jedoch nur die Zurückweisung des von ihr gestellten Antrags (Spruchteil II litb). Nur in diesem Umfang ist ihre Beschwerde zulässig.
2. Der Beschwerdeführer Dipl. Ing. T und die DI T & Partner Ziviltechniker für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft ZT-GmbH führten in ihrer zu B584/05 protokollierten Beschwerde aus, dass Dipl. Ing. T sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen mit Vertrag vom 18. September 2002 in die T & Partner Ziviltechniker für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft ZT-GmbH eingebracht habe. Dies wird auch durch den Auszug aus dem Firmenbuch zu FN 216889f des Landesgerichtes Wr. Neustadt erhärtet. Von dieser Einbringung, die mit dem Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 erfolgte, sind auch alle Rechte und Verbindlichkeiten umfasst. Infolge der Einbringung ist Dipl. Ing. T somit nicht mehr durch den angefochtenen Bescheid beschwert. Dipl. Ing. T behauptet, den Einbringungsvorgang in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2003 auch vorgetragen zu haben, doch sei dies nicht protokolliert worden. Die belangte Behörde bestreitet dies und weist darauf hin, dass das Protokoll vom Vertreter des Dipl. Ing. T unterschrieben wurde. Aus dem beigeschafften Verwaltungsakt ergibt sich die Richtigkeit dieses Vorbringens. Noch über ein Jahr später, nämlich mit Schreiben vom 27. April 2004, in dem auf die Verhandlung vom 4. September 2003 Bezug genommen wird, wird ausgeführt, dass das Schreiben "für Dipl. Ing. V T" verfasst wurde. Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Einbringungsvorgang im Verfahren vor dem BVA unerwähnt blieb, weshalb der Bescheid auch an Dipl. Ing. T erging. Dipl. Ing. T ist aber - wie erwähnt - nicht beschwert, weshalb die Beschwerde, soweit sie von ihm erhoben wird, zurückzuweisen war. Die
T & Partner Ziviltechniker für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft ZT-GmbH hatte sich nicht an der Ausschreibung beteiligt und war auch nicht Partei des Nachprüfungsverfahrens, weshalb auch deren Beschwerde zurückzuweisen war.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:
1. Auf Grund der Zurückweisung der Beschwerde des Dipl. Ing. T und der Beschwerde der Bietergemeinschaft ÖKOTEC hinsichtlich des Spruchpunktes I und der lita und c des Spruchpunktes II hat sich der Verfassungsgerichtshof in der Sache nur mehr mit der Zurückweisung des Antrages der Bietergemeinschaft ÖKOTEC vom 6. November 2000 und vom 14. Dezember 2001 betreffend Feststellung "das Bundesvergabeamt möge nun, nach Abschluß des Vergabeverfahrens ... wegen Verstöße gegen die §§16 Abs1, 16 Abs4, 50 Abs1, 52 Abs1 Z1 und 2, 53 und 57 Bundesvergabegesetz der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde" zu befassen.
2. Zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter:
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
Der angefochtene Bescheid vom 19. April 2005 spricht im Spruchpunkt II b über Anträge der Bietergemeinschaft ÖKOTEC vom 6. November 2000 und vom 14. Dezember 2001 ab. Gemäß §188 Abs2 BVergG 2002 hatte das BVA daher die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des BVergG 2002 anzuwenden.
Die Anträge waren auf Feststellung gerichtet, dass wegen diverser Verstöße gegen Bestimmungen des BVergG 1997 der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Die Antragstellerin berief sich hiebei auf §113 Abs3 BVergG 1997.
Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Auffassung, §113 Abs3 BVergG 1997 setze eine Zuschlagserteilung voraus. Da aber der Auftraggeber die Ausschreibung widerrufen hatte, sei das BVA nicht mehr zuständig, über die Feststellungsanträge zu entscheiden.
Der Verfassungsgerichtshof vermag diese Rechtsansicht aus folgenden Gründen nicht zu teilen:
§113 Abs3 erster Satz BVergG 1997 regelt nämlich die Feststellung "nach Zuschlagserteilung" oder die Feststellung "nach Abschluss des Vergabeverfahrens". Die Verwendung des Wortes "oder" zeigt aber dass zwei Fälle der Feststellung betroffen sind. Daher ist das BVA nicht bloß zuständig, wenn vorher bereits der Zuschlag erteilt wurde. Dass der Widerruf das Vergabeverfahren beendet, ergibt sich schon aus §56 Abs1 BVergG 1997, welcher lautet:
"Das Vergabeverfahren endet mit dem Zustandekommen des Leistungsvertrages oder mit dem Widerruf der Ausschreibung."
Eine Auslegung, dass auch bei Widerruf eine Feststellung der Rechtswidrigkeit möglich sein muss, ergibt sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen:
Ob der Auftraggeber eine Ausschreibung widerrufen kann, steht nach dem Gesetz nicht in dessen Belieben. §55 bestimmt jene Gründe, bei deren Vorliegen eine Ausschreibung zu widerrufen ist, vom Auftraggeber widerrufen werden kann oder als widerrufen gilt. Der Widerruf ist zu begründen. §55 des BVergG 1997, idF BGBl. I Nr. 80/1999, lautet:
"Widerruf der Ausschreibung nach
Ablauf der Angebotsfrist
§55. (1) Nach Ablauf der Angebotsfrist ist die Ausschreibung zu widerrufen, wenn zwingende Gründe vorliegen.
(2) Die Ausschreibung kann widerrufen werden, wenn nach dem Ausscheiden von Angeboten gemäß §52 nur ein Angebot bleibt.
(3) Die Ausschreibung gilt als widerrufen, wenn kein oder nur ein Angebot eingelangt ist.
(4) Vom Widerruf der Ausschreibung sind die Bieter unverzüglich unter Bekanntgabe des Grundes zu verständigen.
(5) Ein Widerruf der Ausschreibung gemäß Abs1 bis 3 ist in derselben Art bekanntzumachen wie die Ausschreibung."
Wäre nach §113 Abs3 BVergG 1997 ein Feststellungsbescheid nach Widerruf der Ausschreibung unzulässig, obwohl ein solcher Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches ist, so wäre eine Verletzung des §55 BVergG 1997 ohne Folgen und die Bieter in einem Vergabeverfahren ohne entsprechenden Rechtsschutz. Gäbe es keine Sanktionen gegen einen rechtswidrigen Widerruf, könnte ein Auftraggeber auch jedes Nachprüfungsverfahren, bei dem eine Nichtigerklärung seiner Zuschlagsentscheidung droht, sanktionslos durch Widerruf der Ausschreibung und anschließende Neuausschreibung unterlaufen.
Hätte §113 Abs3 BVergG 1997 tatsächlich den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt, so würde er gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen. Die oben aufgezeigte Auslegung ist somit im vorliegenden Fall auch verfassungsrechtlich geboten. Eine gegenteilige Auslegung, die zu einer Rechtsschutzlücke führen würde, würde auch dem Gemeinschaftsrecht widersprechen.
Auch das Erkenntnis VfSlg. 16.737/2002 geht im Ergebnis davon aus, dass eine Entscheidung der Vergabekontrollbehörde über die Rechtmäßigkeit eines Widerrufs gemeinschaftsrechtlich geboten ist, auch wenn das Gebot der gemeinschaftskonformen Interpretation nach der damaligen Fallkonstruktion zu einer anderen Auslegung des Gesetzes führte.
Die belangte Behörde hat zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert. Die beschwerdeführenden Mitglieder der Bietergemeinschaft ÖKOTEC GmbH sind somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher im Spruchpunkt II b aufzuheben.
V. Spruchpunkt II litb des angefochtenen Bescheides war aufzuheben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. Im zugesprochenen Betrag sind € 360,-- an Umsatzsteuer enthalten.
VI. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
EU-Recht, Übergangsbestimmung, Rechtsschutz, Auslegung verfassungskonforme, Vergabewesen, Gesellschaft(er), Firma, Gesellschaftsrecht, VfGH / Legitimation, RechtsstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B582.2005Dokumentnummer
JFT_09948872_05B00582_00