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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Gleichheitswidrige Gesetzesauslegung bei Vorschreibung von Körperschaftsteuer aufgrund Zurechnung von Einkommen an die beschwerdeführende Gesellschaft und nicht an die Österreichischen Bundesbahnen; keine sachliche Rechtfertigung für die Versagung der Eigenschaft als Organträger iSd Körperschaftsteuergesetzes hinsichtlich der ÖBBRechtssatz
Die belangte Behörde hat der Vorschrift des §9 Abs3,
1. Spiegelstrich, KStG 1988 den Inhalt entnommen, dass die ÖBB nicht als Kapitalgesellschaft im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, somit als Organträger grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Sie hat daher das von der beschwerdeführenden Gesellschaft erzielte Einkommen dieser und nicht den ÖBB zugerechnet. Damit hat sie dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt und die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Wenn es auf der einen Seite sachlich nicht gerechtfertigt ist, die ÖBB im Hinblick auf die Wettbewerbssituation im Bereich des Transportgewerbes von der unbeschränkten KSt-Pflicht zu befreien, dann kann es - wenn dafür nicht besondere Gründe sprechen - auf der anderen Seite auch nicht sachlich gerechtfertigt sein, sie von einer Regelung auszuschließen, die der Gesetzgeber für "wirtschaftlich geboten [gehalten hat], um eine volle mehrfache steuerliche Erfassung der Gewinne zweier oder mehrerer Kapitalgesellschaften, die wirtschaftlich als eine Einheit anzusehen sind, zu vermeiden" (s die Materialien zur KStG-Novelle 1972, 475 BlgNR, 13. GP). Dem entspricht es, dass praktisch alle körperschaftsteuerpflichtigen Gebilde, für die die Eigenschaft als Organträger Bedeutung haben kann, vom Gesetzgeber in den Anwendungsbereich des §9 KStG 1988 einbezogen worden sind.
Beachtlich ist auch, dass der Steuergesetzgeber im Kreditsektor die Entwicklung der Kreditinstitute (außerhalb der Rechtsform der Kapitalgesellschaft) zu Universalbanken zum Anlass genommen hat, um begünstigende Sonderregelungen zu beseitigen, diese Kreditinstitute aber dann - konsequenterweise - in den Anwendungsbereich der bisher den Kapitalgesellschaften vorbehaltenen Institute der Organschaft und des Schachtelprivilegs einbezogen hat. Nicht anders ist aber die Entwicklung im Bereich der ÖBB verlaufen. Ein sachlicher Grund, den ÖBB die Eigenschaft als Organträger zu versagen, ist im Hinblick auf ihre nach Aufhebung des §5 Z1 KStG 1988 gegebene körperschaftsteuerrechtliche Stellung einerseits, Sinn und Zweck des Instituts der Vollorganschaft andererseits nicht zu sehen. Der Umstand, dass dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen ein Weisungsrecht zusteht, kann dabei schon deswegen keine Rolle spielen, weil dieses Weisungsrecht aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen nicht so weit gehen darf, dass die Unabhängigkeit der Gesellschaft beeinträchtigt wird, und im Übrigen Weisungsrechte der Gesellschafter dem Recht der Kapitalgesellschaft keineswegs fremd sind.
Das hg Erkenntnis VfSlg 15673/1999 zur Mindestkörperschaftsteuer steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Es liegt auf der Hand, dass sich aus einer Beschränkung der Mindeststeuer auf Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht notwendig etwas für die Interpretation des Begriffs Kapitalgesellschaft im Zusammenhang mit einer Organschaftsregelung ergibt.
Schlagworte
Auslegung verfassungskonforme, Bundesbahnen, KörperschaftsteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B491.2004Dokumentnummer
JFR_09958870_04B00491_01