RS Vfgh 2004/11/30 B1121/04

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Veröffentlicht am 30.11.2004
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
ASVG §345, §346, §347
AVG §6
JN §1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Zurückweisung eines Antrages eines Facharztes auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Einzelvertrages bzw eines "Abrechnungsverhältnisses" mit einem Sozialversicherungsträger wegen sachlicher Unzuständigkeit infolge Vorliegens einer privatrechtlichen Vereinbarung; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Bedenken gegen die Zusammensetzung sowie hinsichtlich der Unparteilichkeit der Landesberufungskommission

Rechtssatz

Der Behörde ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten, wenn sie auf Grund des im Vergleichsvertrag dokumentierten übereinstimmenden Parteiwillens (einvernehmliche Aufhebung des kurativen Einzelvertrages mit Ablauf des 30.06.01, Abschluss eines befristeten Abrechnungsverhältnisses) gefolgert hat, dass das für die Dauer eines halben Jahres eingegangene "Abrechnungsverhältnis" nicht als Einzelvertrag, sondern als eine privatrechtliche Vereinbarung eigener Art anzusehen sei. Insoweit ist die belangte Behörde auch tatsächlich in die Behandlung der ihr vom Beschwerdeführer zur Entscheidung vorgelegten Sache eingetreten.

Unklarer Bescheidantrag: Bei Deutung des Antrags auf Feststellung des Fortbestehens eines Vertrages keine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde.

Wie sich aus §6 Abs1 AVG (§347 Abs4 ASVG) ergibt, hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit - in jeder Lage des Verfahrens (zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Bescheiderlassung vgl VfGH 25.06.03, B1810/02, VfSlg 16907) - von Amts wegen wahrzunehmen. Wenn sich also erst im Lauf des Verfahrens ergibt, dass ein die Zuständigkeit der Behörde begründender Umstand - entgegen den Behauptungen im verfahrenseinleitenden Antrag - nicht vorliegt, so ist der Antrag somit zurückzuweisen.

Bei Auslegung dahingehend, dass es sich um einen neuen Einzelvertrag handle, ausreichende Befassung mit der Sache; allenfalls Vergreifen in der Spruchformel (Zurückweisung statt Abweisung).

Keine Zuständigkeit der Landesberufungskommission zur Entscheidung über die Zulässigkeit eines "Abrechnungsverhältnisses", keine Verletzung im Gleichheitsrecht.

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal (Art6 Abs1 EMRK); Hinweis auf die Vorjudikatur zur Zusammensetzung der Landesberufungskommission; keine Zweifel an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitglieder.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Auslegung eines Antrages, Behördenzuständigkeit, Behördenzusammensetzung, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Kollegialbehörde, Sozialversicherung, Ärzte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1121.2004

Dokumentnummer

JFR_09958870_04B01121_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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