RS Vfgh 2004/12/9 G115/04

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Veröffentlicht am 09.12.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Bgld RaumplanungsG §14 Abs2, §20 Abs2

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der Festlegung einer Voraussetzung für die Freigabe von Aufschließungsgebieten durch Verordnung des Gemeinderates im Bgld Raumplanungsgesetz; keine Rechtfertigung durch die behauptete Unterscheidung zwischen vorübergehend einer Freigabe entgegenstehenden öffentlichen Interessen wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Natur einerseits und endgültig entgegenstehenden, eine Änderung des Flächenwidmungsplanes erfordernden Interessen andererseits

Rechtssatz

Zulässigkeit des Individualantrags im Anlassfall auf teilweise Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Wiesen/Burgenland mangels zumutbaren Umweges angesichts der erforderlichen Unterlagen in einem Baubewilligungsverfahren.

Aufhebung der Worte "der widmungsgemäßen Verwendung dieser Gebiete keine öffentlichen Interessen wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Natur entgegenstehen und" in §20 Abs2 Bgld RaumplanungsG.

Ein Aufschließungsgebiet ist Bestandteil des Baulandes, mag seine Bebaubarkeit auch noch zeitlich aufgeschoben sein (vgl VfSlg 12755/1991, 13986/1994). Der Zweck der Kennzeichnung eines als Bauland gewidmeten Grundstücks als Aufschließungsgebiet ist gemäß §14 Abs2 Bgld RaumplanungsG darauf beschränkt, dass dieses Bauland erst nach gehöriger Aufschließung zur Bebauung freigegeben werden soll. Die Berücksichtigung der Erfüllung sonstiger Freigabevoraussetzungen ist nur dann sachlich, wenn diese bereits zum Zeitpunkt der Kennzeichnung des Aufschließungsgebietes festgelegt sind. Die Freigabe stellt nämlich gleichsam den contrarius actus zur Kennzeichnung des Aufschließungsgebietes dar. Die neuerliche Überprüfung der Zweckmäßigkeit einer Baulandwidmung als solche kann schon deshalb nicht sachlicherweise Folge der Kennzeichnung als Aufschließungsgebiet sein, da der Verordnungsgeber von der einmal festgelegten Widmung als Bauland nur unter Beachtung der Voraussetzungen zur Änderung des Flächenwidmungsplans abgehen kann.

Eine Regelung, die einerseits anordnet, dass Flächen innerhalb des Baulandes als Aufschließungsgebiet dann zu kennzeichnen - und damit praktisch mit einem Bauverbot zu belegen - sind, wenn deren widmungsgemäßer Verwendung zur Zeit der Planerstellung nur die öffentlichen Interessen der mangelnden Erschließung entgegenstehen, die aber andererseits die Freigabe zur Bebauung von weiteren - für die Kennzeichnung als Aufschließungsgebiet nicht maßgebenden - öffentlichen Interessen abhängig macht, deren Vorliegen die Gemeinde nahezu beliebig annehmen, der betroffene Grundeigentümer jedoch kaum überprüfen kann, widerspricht daher dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot.

(Anlassfall V75/02, E v 02.03.05: Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Wiesen vom 16.01. und 24.03.75, soweit näher bezeichnete Grundstücke als Aufschließungsgebiet gekennzeichnet sind).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag, Aufschließungsgebiet, VfGH / Anlaßverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G115.2004

Dokumentnummer

JFR_09958791_04G00115_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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