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27 RechtspflegeNorm
EMRK Art6 Abs1 / StrafrechtLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt; kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung; vertretbare Annahme des Vorliegens eines Verstoßes gegen die Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes und der RechtsanwaltsordnungRechtssatz
Das Verfahren vor den Disziplinarbehörden der Rechtsanwälte hat die Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" iSd Art6 EMRK zum Gegenstand.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nicht beantragt. Gemäß §51 Abs1 DSt 1990 iVm §229 StPO ist die Verhandlung vor der OBDK auf Antrag des Disziplinarbeschuldigten öffentlich. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ist in Entsprechung der Rechtfertigungsgründe des Art6 Abs1 EMRK nur aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung sowie im überwiegenden Interesse eines Zeugen oder eines Dritten gerechtfertigt (vgl dazu bereits VfSlg 15847/2000). Der belangten Behörde kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer von dem ihm gemäß §51 Abs1 DSt 1990 zustehenden Recht keinen Gebrauch gemacht hat. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer selbst Rechtsanwalt ist und davon ausgegangen werden kann, dass ihm die maßgeblichen Rechtsvorschriften bekannt sind. Die Nichtbeantragung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung kann als konkludenter Verzicht angesehen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht, ÖffentlichkeitsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1032.2004Dokumentnummer
JFR_09949772_04B01032_01