RS Vfgh 2005/3/3 B527/03

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 03.03.2005
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Index

L3 Finanzrecht
L3610 Fernsehschilling, Kulturschilling

Norm

B-VG Art83 Abs2
HGB §17
RundfunkgebührenG §4 Abs1
Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 §6 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Abweisung der Berufung gegen einen Bescheid der "GIS Gebühren Info Service GmbH" betreffend Vorschreibung eines Beitrags nach dem Wr Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000; keine behördlichen Befugnisse dieser im Gesetz nicht als bescheiderlassende Behörde vorgesehenen Gesellschaft

Rechtssatz

Der Umstand, daß handelsrechtlich (vgl §17 HGB) von einer Identität der Gesellschaft auszugehen ist, ändert nichts daran, daß Adressat der gesetzlichen Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben durch das RundfunkgebührenG bzw das Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 ein privater Rechtsträger mit einer bestimmten, vom Gesetzgeber festgeschriebenen Bezeichnung ist. Wenn der Gesetzgeber die hoheitliche Aufgabe der Einbringung von Abgaben einem bestimmten, mit der Firma bezeichneten Rechtsträger des Privatrechts überträgt, dann wird damit auch die äußere Erscheinungsform desjenigen festgelegt, der als Träger von Hoheitsrechten auftritt. Eine Änderung dieser Firmenbezeichnung liegt in einem solchen Fall allein in der Hand des Gesetzgebers. Dies ergibt sich schon auf Grund der aus dem rechtsstaatlichen Prinzip folgenden Erwägung, daß für die Adressaten der Hoheitsakte bereits auf Grund des Beleihungsaktes (und nicht erst nach Einsichtnahme in das Firmenbuch) erkennbar sein muß, ob es sich bei dem ihnen gegenüber mit Hoheitsanspruch auftretenden Rechtsträger um den vom Gesetzgeber legitimierten handelt.

Die belangte Behörde hätte bei der Entscheidung über die Berufung zu beachten gehabt, daß ein erstinstanzlicher Bescheid in Angelegenheiten des Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 nur von dem im Gesetz vorgesehenen, unter der gesetzlich festgelegten Bezeichnung auftretenden Rechtsträger, somit von der "Gebühreninkasso Service GmbH" erlassen werden konnte. Die belangte Behörde hat den "Bescheid" der "GIS Gebühren Info Service GmbH" zum Gegenstand einer Sachentscheidung gemacht, obwohl eine Gesellschaft dieser Bezeichnung im Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 als bescheiderlassende Behörde weder im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen "Bescheides" noch im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vorgesehen war.

Die belangte Behörde wäre angesichts dessen zur Zurückweisung der Berufung gegen den "Bescheid" der "GIS Gebühren Info Service GmbH" verpflichtet gewesen, weil sich die Berufung gegen einen Akt eines Rechtsträgers gewendet hat, dem - unter dieser Bezeichnung - keine behördlichen Befugnisse zukamen, und somit nicht gegen einen Bescheid gerichtet war.

Kein Eingehen auf die Auswirkung der Aufhebung des §6 sowie einer Wortfolge des §8 Abs1 Wr KulturförderungsbeitragsG 2000 durch das E v 15.12.04, G57/04, auf den Anlaßfall.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Beleihung, Bescheiderlassung, Finanzbehörden, Gesellschaften, Handelsrecht, Hoheitsverwaltung, Kunst und Kultur, Rechtsstaatsprinzip, Rundfunkgebühren, Verwaltungsorganisation, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B527.2003

Dokumentnummer

JFR_09949697_03B00527_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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