Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Rückwidmung einer Grundfläche von Bauland in Grünland in einem örtlichen Raumordnungsprogramm; kein Vorliegen einer ursprünglich gesetzwidrigen Widmung wie nachträglich vorgebracht; Hanglage des Grundstücks keine ausreichende Begründung für den behaupteten Mangel der Baulandeigenschaft; keine Interessenabwägung in Hinblick auf die angeblich beabsichtigte Reduzierung eines Baulandüberhanges mit den Interessen des BeschwerdeführersRechtssatz
Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Marktgemeinde Pyhra, mit der das örtliche Raumordnungsprogramm erlassen wurde, Beschlüsse des Gemeinderates der Marktgemeinde Pyhra vom 30.05.95 und vom 27.09.95, insoweit, als damit für das Grundstück Nr 355, KG Heuberg, die Widmung "Grünland - Landwirtschaft" festgelegt wird.
Die Rückwidmung der konkreten Grundfläche wurde zum Zeitpunkt der Erstellung des örtlichen Raumordnungsprogrammes 1995 nur auf das Argument des zu reduzierenden Baulandüberhanges und der angenommenen steilen Hanglage des Grundstückes gestützt. In den vorgelegten Verordnungsakten findet sich kein Hinweis darauf, dass der Gemeinderat bereits zum Zeitpunkt der Rückwidmung von einer gesetzwidrigen Fehlplanung im Hinblick auf das Landschaftsbild ausgegangen wäre. Es kann aber auch dem allgemeinen Leitziel der Erhaltung und Pflege des Landschafts- und Ortsbildes in §1 Abs2 Z12 Nö ROG 1976 in der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung geltenden Fassung angesichts der Tatsache, dass auf den Nachbargrundstücken bereits teilweise Bauwerke errichtet wurden, nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass es sich bei der Baulandwidmung des in Rede stehenden Grundstücksteiles um eine gesetzwidrige Widmung gehandelt hätte. Der Gerichtshof geht vielmehr davon aus, dass die Gemeinde Pyhra bloß zugunsten der Umverteilung von Baulandreserveflächen von der Baulandwidmung des Grst Nr 355 Abstand nehmen wollte.
Eine Änderung des Flächenwidmungsplanes ist nicht schon dann zulässig, wenn der Gemeinderat in der Folge zur Auffassung gelangt, dass eine andere Widmung die bessere (gewesen) wäre.
Der Gemeinderat durfte (mangels Vorliegens geologischer bzw bodentechnischer Gutachten) die Rückwidmung nicht mit einer bloßen Berufung auf die "steile Hanglage" der Grundfläche und dem Argument, dass "mehrmals über eine eventuelle Rutschgefährdung dieses Grundstückes [...] diskutiert" worden sei, begründen. Auch aus der von der Gemeinde im Verordnungsprüfungsverfahren abgegebenen Äußerung lässt sich nicht nachvollziehen, weshalb bei annähernd gleichen Standortbedingungen das Grundstück des Beschwerdeführers keine Baulandeigenschaft besitzen sollte, während die Baulandeigenschaft für das Nachbargrundstück bejaht wird.
Auch das Argument der Verringerung des Baulandüberhanges in der Gesamtgemeinde vermag - für sich genommen - die Rückwidmung gerade des konkreten Grundstücksteiles nicht zu rechtfertigen.
Den bloßen Hinweis auf das "Konzept einer gewissen Reduktion der Baulandflächen mit einer gleichzeitigen sinnvollen Siedlungsentwicklung mit entsprechendem Orts- und Landschaftsbild" erachtet der Gerichtshof im vorliegenden Zusammenhang - angesichts des massiven Eingriffes in das Vertrauen des Grundeigentümers auf die verbindliche Festlegung der Baulandwidmung durch eine Rückwidmung - aber nicht als ausreichend, um die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Widmungsmaßnahme zu begründen.
Schließlich ist der hiermit aufgehobenen Bestimmung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Pyhra auch aus dem Grund Gesetzwidrigkeit anzulasten, da der Gemeinderat bei der Grundstücksauswahl auch keine Abwägung der öffentlichen Interessen der angeblich beabsichtigten Reduzierung eines Baulandüberhanges mit den Interessen des Beschwerdeführers an der Beibehaltung der Baulandwidmung des konkreten Grundstückes vorgenommen hat. Aufgrund der zum Zeitpunkt der Rückwidmung bestehenden Entschädigungsregelungen des §24 Nö ROG 1976 wäre eine solche - vom Gemeinderat bereits im Zuge des Verordnungserlassungsverfahrens vorzunehmende - Interessenabwägung jedoch jedenfalls notwendig gewesen (vgl zB VfSlg 13282/1992).
Mit der hiermit aufgehobenen Flächenwidmungsplanänderung wurde ein - im geltenden Flächenwidmungsplan planlich nicht abgrenzbarer - Teilbereich des Grundstückes Nr 355, KG Heuberg, von "Bauland - Wohngebiet" in "Grünland - Landwirtschaft" rückgewidmet. Aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit der betreffenden Fläche in der planlichen Darstellung und der daraus resultierenden mangelnden Erkennbarkeit des Aufhebungsumfanges im Flächenwidmungsplan selbst war es erforderlich, über die im Beschwerdefall präjudizielle Widmung hinaus die Widmung des gesamten Grundstückes Nr 355 aufzuheben, wiewohl sich die Bedenken des Gerichtshofes ob der Gesetzmäßigkeit der Widmung nur auf die durch die bekämpfte Verordnung vorgenommene Rückwidmung von "Bauland - Wohngebiet" in "Grünland - Landwirtschaft" beziehen.
Anlassfall B716/03, E v 16.03.05, Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Vertrauensschutz, VfGH / Präjudizialität, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:V2.2005Dokumentnummer
JFR_09949684_05V00002_01