RS Vfgh 2005/3/17 V120/03, B1726/03

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Veröffentlicht am 17.03.2005
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
ElWOG §25, §55
Energie-RegulierungsbehördenG §3, §8
Systemnutzungstarife-Verordnung 2003 der Energie-Control Kommission (SystemnutzungstarifeV 2003 - SNT-VO 2003)

Leitsatz

Abweisung des Individualantrags eines Netzbetreibers auf Aufhebung von Bestimmungen der Systemnutzungstarife-Verordnung 2003; Zuständigkeit der Energie-Control Kommission zur Regelung von Grundsätzen für die Bestimmung der Systemnutzungstarife; keine willkürliche Tarifänderung; kein unbegründetes Abweichen von geltend gemachten Kostenpositionen; keine Gesetzwidrigkeit der Festsetzung der neuen Systemnutzungstarife im Hinblick auf die Ziele des ElWOG; Zurückweisung der Beschwerde gegen die als Verordnung einzustufende SNT-VO 2003

Rechtssatz

Zurückweisung der Bescheidbeschwerde gegen die als Verordnung einzustufende SNT-VO 2003 der Energie-Control Kommission unter Hinweis auf B v 10.12.03, B1567/03 ua.

Zulässigkeit des Individualantrags; Legitimation des Netzbetreibers gegeben; Hinweis auf VfSlg 15888/2000.

Mit der Aufhebung der die antragstellende Gesellschaft betreffenden Tarife wäre die behauptete Gesetzwidrigkeit der allgemeinen Grundsätze der Kostenermittlung (zB. Finanzierungskosten gemäß §13, Kostenzuordnung für integrierte Unternehmen gemäß §14, Kriterien für die Tarifbestimmung gemäß §16) nicht beseitigt. Der Hauptantrag ist zu eng, weil die von der antragstellenden Gesellschaft als gesetzwidrig beurteilten allgemeinen Grundsätze der Kostenermittlung bei einer Neufestsetzung der Systemnutzungstarife für die antragstellende Gesellschaft anwendbar bleiben würden. Der Hauptantrag ist daher unzulässig. Hingegen ist der Eventualantrag, der zusätzlich zu den mit dem Hauptantrag bekämpften Bestimmungen auch die Aufhebung des §12 bis §16 der SNT-VO 2003 begehrt - zulässig.

Zuständigkeit der Energie-Control Kommission zur Regelung von Grundsätzen für die Bestimmung der Systemnutzungstarife sowie für die bei der Bestimmung anzuwendenden Produktivitätsabschläge.

Die Ermächtigung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz gegenüber der Energie-Control Kommission die im §3 Abs3 Z1 litc Energie-RegulierungsbehördenG genannten Grundsätze durch Verordnung auszuarbeiten, bedeutet weder eine Verpflichtung des Bundesministers, eine solche Verordnung zu erlassen, noch ein Verbot für die Energie-Control Kommission, die Grundsätze der Tariffestsetzung in der Systemnutzungstarife-Verordnung zu regeln.

Wenn der Bundesminister keine Grundsätze durch Verordnung erlassen hat, so ist die Energie-Control Kommission zuständig, - gestützt auf den aus dem Blickwinkel des Art18 B-VG unbedenklichen §25 ElWOG (vgl E v 16.10.04, G67/04) - allgemeine Regelungen zur Festlegung der Systemnutzungstarife zu erlassen.

Keine willkürliche Tarifänderung.

Für das - wie im vorliegenden Fall - von Amts wegen einzuleitende Preisbestimmungsverfahren sieht §55 ElWOG keine besonderen Bestimmungen, insbesondere keine die Abänderung von Preisverordnungen einschränkenden Bestimmungen vor. Insbesondere verlangt §55 ElWOG nicht - wie die antragstellende Gesellschaft behauptet -, dass ein Preisbestimmungsverfahren nur dann eingeleitet werden darf, oder dass die Tarife nur dann geändert werden dürfen, wenn sich der die Tarife bestimmende Sachverhalt wesentlich geändert habe.

Dass die Energie-Control Kommission mit dem in der Sitzung vom 13.11.02 diskutierten Projekt "Neue Netztarife" auf Grund neuer Regulierungsprinzipien eine reduzierte Kostenbasis in Aussicht nahm, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen. Damit lag ein sachlicher Grund zur Einleitung eines Preisbestimmungsverfahrens vor. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der SNT-VO 2003 ist aus dem Verfahrensablauf nachvollziehbar.

§25 Abs2 ElWOG sieht bei der Tariffestsetzung drei - abgestufte - Methoden der Kostenermittlung vor (vgl E v 16.10.04, G67/04).

Die Forderung, der Tariffestsetzung ausschließlich die Aufwände gemäß der konkreten Kostenrechnung des Netzbetreibers zugrunde zu legen, ist durch das Gesetz nicht gedeckt.

Der Vorwurf, die Energie-Control Kommission sei ohne nähere Begründung von den von der antragstellenden Gesellschaft geltend gemachten Kostenpositionen abgewichen, ist durch die Gegenschrift und durch die vorgelegten Verwaltungsakten widerlegt, aus denen sich - durchaus nachvollziehbar und plausibel - ergibt, weshalb die Energie-Control Kommission nicht alle von der antragstellenden Gesellschaft geltend gemachten Kosten anerkannt hat.

§25 Abs2 ElWOG verpflichtet die Preisbehörde nicht dazu, eine Durchschnittsbetrachtung anzustellen.

Keine Gesetzwidrigkeit der Festsetzung der neuen Systemnutzungstarife im Hinblick auf die Ziele des ElWOG.

Werden die Tarife - wie im vorliegenden Fall - durch Verordnung festgesetzt, so sind die Bestimmungen des AVG über das Ermittlungsverfahren nicht anzuwenden. §8 Abs1 Energie-RegulierungsbehördenG ist dahingehend auszulegen, dass er nicht für solche Verfahren gilt, die in die Erlassung einer Verordnung münden.

Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, entsprechende Sachverständigengutachten einzuholen oder die fachlichen Stellungnahmen im Detail fachlich nachzuprüfen oder sie gegeneinander abzuwägen. Eine Gesetzwidrigkeit der SNT-VO 2003 ergäbe sich nur dann, wenn die Entscheidungsgrundlagen, von denen die Energie-Control Kommission ausging, so mangelhaft sind, dass eine Aussage darüber, ob die Verordnung den vom Gesetz vorgegebenen Zielen entspricht, nicht möglich erscheint.

Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich, dass sich die Energie-Control Kommission auf entsprechendem fachlichen Niveau u.a. mit den von der antragstellenden Gesellschaft vorgebrachten Argumenten der "gesetzwidrigen Kürzung des Betriebsaufwandes", zu niedrig angesetzter Finanzierungskosten, der unrichtigen Aufteilung der Kosten für den Netzbetrieb, der falsch beurteilten Auswirkungen der Mengensteigerungen auf die Kosten des Netzbetriebes sowie mit den von der antragstellenden Gesellschaft vorgelegten Gutachten "Auswirkungen einer weiteren Senkung der Netzkosten um 20% auf die EVU und auf die österreichische Volkswirtschaft" und "Analyse des Mengen-Kostenfaktors im Entwurf zur Systemnutzungstarife-Verordnung 2003 und deren wirtschaftliche Auswirkungen auf die Energie AG OÖ" auseinander gesetzt hat. Der Verfassungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass die von der Energie-Control Kommission zur Festsetzung der Systemnutzungstarife herangezogenen Entscheidungsgrundlagen derart mangelhaft sind, dass eine Aussage darüber, ob die bekämpfte Verordnung den - im E v 16.10.04, G67/04, näher dargelegten - Zielen des §25 ElWOG entspricht, nicht möglich erscheint.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Energierecht, Elektrizitätswesen, Preisrecht, Verordnungserlassung, Verwaltungsverfahren, Anwendbarkeit AVG, Sachverständige, VfGH / Individualantrag, VfGH / Legitimation, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Antrag, Eventualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V120.2003

Dokumentnummer

JFR_09949683_03V00120_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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