Index
66 SozialversicherungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Regelung über Kostenzuschüsse für medizinische Hauskrankenpflege in der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse mangels Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse der VersichertenRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags des OGH.
Die Satzung eines Sozialversicherungsträgers ist eine Verordnung; die Frage ihrer Gesetzmäßigkeit kann daher zulässiger Gegenstand eines Verfahrens nach Art139 B-VG sein (vgl zB VfSlg 14593/1996).
In dem nach dem E v 03.03.04, V91/03 ua, (zu vergleichbaren Satzungsbestimmungen anderer Krankenversicherungsträger) im Revisionsverfahren des Ausgangsfalls zu V91/03 ergangenen Aufhebungsbeschluss vom 21.06.04, 10 ObS 68/04d, hat der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehobene Satzungsbestimmung den Kostenersatz für die intensivmedizinische Betreuung gar nicht regle, sondern nur den "typischen (einfachen) Fall der Hauskrankenpflege", sodass die - zuvor beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen - Satzungsbestimmungen für die Bestimmung des Kostenersatzes in Fällen der Intensivkrankenpflege nicht heranzuziehen seien.
Vor dem Hintergrund des vom Obersten Gerichtshof dargelegten Sachverhaltes des von ihm zu entscheidenden Ausgangsfalles und angesichts der ergänzenden Äußerung ist es ungeachtet des erwähnten Beschlusses vom 21.06.04 (weiterhin) nicht denkunmöglich, dass die von ihm angefochtenen Bestimmungen der Satzung der Wiener Gebietskrankenkasse betreffend den Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege im Ausgangsfall anzuwenden sind.
Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Wortfolge "- die medizinische Hauskrankenpflege (§151 ASVG)" in §38 sowie im Anhang 6 die Z3 der Satzung 1999 der Wr Gebietskrankenkasse, Soziale Sicherheit 1999, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999, idF der 2. Änderung der Satzung 1999, Soziale Sicherheit 2001, Amtliche Verlautbarung Nr 86/2001, der
3. Änderung der Satzung 1999, Soziale Sicherheit 2001, Amtliche Verlautbarung Nr 99/2001, sowie der 4. Änderung der Satzung 1999, Soziale Sicherheit 2001, Amtliche Verlautbarung Nr. 161/2001.
Vorgangsweise bei Festlegung von Kostenzuschüssen zur Hauskrankenpflege anders als bei Leistungen iZm Zahnbehandlung und Zahnersatz (vgl VfSlg 15968/2000).
Keine Verpflichtung, kostendeckende Leistungen zu Marktpreisen vorzusehen, aber Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten erforderlich (§131b ASVG).
Bei Erlassung der entsprechenden Satzungsregelung kommt dem Krankenversicherungsträger zwar ein weiter rechtspolitischer Spielraum zu. Er hat aber bei Festlegung der Höhe eines Kostenzuschusses für Hauskrankenpflege, der an die Stelle einer mangels geeigneter Vertragspartner nicht gewährten Pflichtleistung tritt, mit in Betracht zu ziehen, um welche Art von Pflegeleistungen es sich dabei handeln kann und in welcher Häufigkeit diese typischerweise benötigt werden. Die denkbare Vielfalt der Fallkonstellationen ergibt sich schon aus den in §151 Abs3 ASVG nur beispielsweise aufgezählten Leistungen im Sinne des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl I 108/1997, von denen evident ist, dass sie - in Abhängigkeit von Art und Häufigkeit der erforderlichen Pflegeleistungen - ganz unterschiedlich hohe Kosten verursachen können. Ein solcherart auch ganz unterschiedliches wirtschaftliches Bedürfnis der Versicherten wäre bei der Festsetzung des Kostenzuschusses aber nach dem letzten Satz des §131b ASVG zu berücksichtigen gewesen.
Eine Pauschalierung des Kostenzuschusses wäre zwar nicht von Vornherein unzulässig, hätte aber eine Orientierung an einer Durchschnittsbetrachtung vorausgesetzt; sie durfte daher keinesfalls an der Untergrenze des in Betracht kommenden Aufwandes erfolgen.
Schlagworte
Sozialversicherung, Krankenversicherung, Verordnungsbegriff, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:V97.2003Dokumentnummer
JFR_09949682_03V00097_01