RS Vfgh 2005/6/8 G159/04 ua - G68/05 ua

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Veröffentlicht am 08.06.2005
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Vlbg GVG 2000 §5 Abs2 litd
Vlbg GVG 2004 §6 Abs1 lita

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung im Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 2000 betreffend die Selbstbewirtschaftung als grundlegende Genehmigungsvoraussetzung für den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke; Inländerdiskriminierung infolge strengerer Voraussetzungen bei rein innerstaatlichen Sachverhalten als bei Sachverhalten mit gemeinschaftsrechtlichem Bezug; verfassungskonforme Auslegung hinsichtlich einer weiteren Bestimmung in der Fassung der Wiederverlautbarung 2004 betreffend die Selbstbewirtschaftung als nicht jedenfalls entscheidendes Genehmigungskriterium

Rechtssatz

Anwendung des §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000 in den Anlassfällen idF LGBl 29/2000.

Die Wiederverlautbarung berührt - anders als eine auch unveränderte Neuerlassung durch den Gesetzgeber - nicht die Identität der Norm.

Durch das Gesetz Vorarlberger LGBl 28/2004 wurde die Bestimmung des §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000 novelliert. In der Neukundmachung LGBl 42/2004 ist diese Bestimmung in der novellierten Fassung enthalten. Es liegt folglich keine Identität der von der belangten Behörde angewendeten Norm und der wiederverlautbarten Norm vor. Aus diesem Grund ist §5 Abs2 litd in der von der belangten Behörde in den zu Grunde liegenden Bescheidprüfungsverfahren angewendeten Fassung (Neukundmachung Vorarlberger LGBl 29/2000) zu prüfen.

Die Bestimmung des §5 Abs1 lita Vlbg GVG 2000 hingegen erhielt durch die Neukundmachung die Paragraphenbezeichnung 6. Unter Berücksichtigung der im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung ist diese Bestimmung in der neukundgemachten Fassung (LGBl 42/2004) zu prüfen.

Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000, Anlage zur Neukundmachung der Landesregierung, LGBl 29/2000.

Keine Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder" in §6 Abs1 lita des Vlbg GVG 2004, Anlage zur Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Neukundmachung des Grundverkehrsgesetzes, LGBl 42/2004.

Die Bezugnahme der Vlbg Landesregierung auf die - von §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000 deutlich abweichende - Bestimmung des §6 Abs2 litd Vlbg GVG 2004 die in den amtswegigen Gesetzesprüfungsverfahren zu Grunde liegenden Beschwerdeverfahren gar nicht anzuwenden ist, ist von vornherein verfehlt.

Im hier maßgeblichen normativen Zusammenhang kommt allein der "absolute Versagungsgrund" des §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000 in Betracht. Diese Bestimmung schließt von ihrem - völlig eindeutigen - Wortlaut her eine Auslegung in dem Sinne, dass die Selbstbewirtschaftung nicht in jedem Fall ein entscheidendes Genehmigungskriterium wäre, aus.

Insoferne besteht aber das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass es im vorliegenden Zusammenhang zu einer Ungleichbehandlung rein innerstaatlicher Grundverkehrsgeschäfte mit landwirtschaftlichen Grundstücken gegenüber solchen mit gemeinschaftsrechtlichem Bezug komme und dafür eine sachliche Rechtfertigung nicht zu erkennen sei, hinsichtlich des §6 Abs1 lita Vlbg GVG 2004 in Verbindung mit §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000 zu Recht (siehe auch Urteil des EuGH im Fall Ospelt vom 23.09.03, C-452/01). Dagegen ist die erstgenannte Bestimmung für sich allein in dieser Hinsicht unbedenklich, da - ohne den Zusammenhang mit §5 Abs2 litd Vlbg GVG 2000 - der zweite Satzteil des §6 Abs1 lita Vlbg GVG 2004 eine Auslegung zulässt, der zu Folge die Selbstbewirtschaftung nicht in jedem Fall ein entscheidendes Genehmigungskriterium bildet.

B v 22.06.05, G68/05 ua: Zurückweisung zweier weiterer Anträge des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) auf Aufhebung derselben Wortfolge in §6 Abs1 lita Vlbg GVG 2004 wegen entschiedener Sache; Einbeziehung in Hinblick auf das fortgeschrittene Prozessgeschehen nicht mehr möglich; Übereinstimmung der Bedenken im Wesentlichen.

Anlassfälle: E v 08.06.05, B1055/02, B1093/02 - Aufhebung der angefochtenen Bescheide; Quasi-Anlassfälle: B144/03, B721/03, B553/04, alle E v 22.06.05.

Entscheidungstexte

  • G 159/04 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 08.06.2005 G 159/04 ua
  • G 68/05 ua
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 22.06.2005 G 68/05 ua

Schlagworte

Auslegung verfassungskonforme, EU-Recht, Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung, VfGH / Prüfungsgegenstand, Wiederverlautbarung, Novellierung, Rechtskraft, res iudicata

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:G159.2004

Dokumentnummer

JFR_09949392_04G00159_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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