Index
81 Wasserrecht, WasserbautenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für Kiesabbau in Form einer Nassbaggerung sowie für die Grundwasserentnahme zur Kiesaufbereitung an die beteiligte Partei und Abweisung von Einwendungen der beschwerdeführenden Gemeinden; keine Bedenken gegen eine Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 über die Ausübung von Parteirechten durch die Gemeinden im Hinblick auf die Unterlassung der Bezeichnung der Angelegenheit als solche des eigenen Wirkungsbereiches; keine Bezeichnungspflicht für Fälle der PrivatwirtschaftsverwaltungRechtssatz
Zulässigkeit der Beschwerde von Gemeinden gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für Kiesabbau in Form einer Nassbaggerung sowie für die Grundwasserentnahme zur Kiesaufbereitung.
Der Gesetzgeber hat den Gemeinden im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ausdrücklich eine (beschränkte) Parteistellung zur Wahrnehmung von Rechten eingeräumt, die sich aus §13 Abs3 WRG 1959 (Sicherung der Wahrung des erforderlichen Wasserbedarfs der Gemeinde) und aus §31c Abs3 WRG 1959 (Vorkehrungen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung der Gemeinde) ergeben. Insoweit kommen den Gemeinden daher auch subjektive öffentliche Rechte zu, deren Verletzung auch vor dem Verfassungsgerichtshof nach Art144 B-VG bekämpft werden kann.
Die Erteilung von wasserrechtlichen Bewilligungen ist schon wegen der damit intendierten Steuerung der Auswirkungen bewilligungspflichtiger Vorhaben auf fließende und stehende Gewässer sowie Grundwasserseen typischerweise keine Angelegenheit, die im zumindest überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist, sondern in der Regel Interessen einer geordneten Wasserwirtschaft und damit solche überörtlicher Natur betrifft.
Durch §102 Abs1 litd WRG 1959 wird der Gemeinde Parteistellung in bestimmten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren eingeräumt. Die Wahrnehmung von Parteirechten der Gemeinde gehört zu den Befugnissen der Gemeinde im Sinne des Art116 Abs2 B-VG.
In Art118 Abs2 erster Satz B-VG ist einleitend klargestellt, dass die Befugnisse der Gemeinde nach Art116 Abs2 B-VG solche des eigenen Wirkungsbereiches sind.
Das in der B-VG-Novelle 1962 umgesetzte Konzept der abstrakten Einheitsgemeinde führt dazu, dass die Aufgabe der Ermittlung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches nicht der Vollziehung überlassen werden darf, sondern dem Gesetzgeber obliegt. Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG soll dies durch eine den Gesetzgeber treffende Bezeichnungspflicht sicherstellen.
Dieses Erfordernis besteht aber nur vor dem Hintergrund der Generalklausel des Art118 Abs2 erster Satz B-VG, dh nur in jenen Angelegenheiten, deren Zugehörigkeit zum eigenen Wirkungsbereich anhand der Generalklausel zu beurteilen ist. Auf diese allein bezieht sich Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG.
Für Angelegenheiten der nicht hoheitlichen Tätigkeiten der Gemeinden im Einzelfall eine Bezeichnung iSd Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG zu fordern, liefe auf einen Formalismus hinaus, den der Bundesverfassungsgesetzgeber 1962 gerade nicht anstrebte.
Soweit eine Gemeinde wie jedes andere Rechtssubjekt berechtigt ist, am Privatrechtsverkehr teilzunehmen, entzieht sich die in Betracht kommende Fülle der Angelegenheiten, in denen rechtsgeschäftliche, rechtsverfolgende oder rechtsverteidigende Erklärungen und Handlungen gesetzt werden können, von Vornherein einer Erfassung und Bezeichnung, da in dieser Hinsicht das Gesetz im Allgemeinen allenfalls Schranke, nicht aber Voraussetzung des Handelns der Gemeindeorgane ist.
Dass die legistische Praxis mitunter auch gesetzliche Vorschriften über die Einräumung einer Parteistellung der Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren ausdrücklich als Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ausweist, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht zwar unschädlich, verfassungsrechtlich geboten ist dies aber nicht.
Die aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Bezeichnung des §102 Abs1 litd WRG 1959 als eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches abgeleiteten verfassungsrechtlichen Bedenken der beschwerdeführenden Gemeinden werden daher vom Verfassungsgerichtshof nicht geteilt.
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
Ob die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Zulässigkeit des Devolutionsantrages ein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung durch die Vorinstanz überprüft hat, ist lediglich eine einfachgesetzliche Frage.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach §73 Abs2 AVG idF vor der AVG-Novelle BGBl I 158/1998 im Übrigen geprüft (dies entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Zulässigkeit des Devolutionsantrages ausschließlich nach dem Zeitpunkt der Einbringung zu beurteilen ist, vgl zB VwGH 10.11.95, 95/17/0248, 26.3.96, 95/19/1047) und ist davon ausgegangen, dass die Verzögerung des Verfahrens auf ein ausschließliches Verschulden der Behörde zurückzuführen war.
Keine Verletzung des Gleichheitsrechtes; kein in die Verfassungssphäre reichender Vollzugsmangel.
Schlagworte
Devolution, Gemeinderecht, Privatwirtschaftsverwaltung, Wirkungsbereich eigener, Wirtschaftsverwaltung, Verwaltungsverfahren, Entscheidungspflicht, Parteistellung Wasserrecht, VfGH / Legitimation, Wasserrecht, Rechte subjektive öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B747.2003Dokumentnummer
JFR_09949391_03B00747_2_01