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91 Post-und FernmeldewesenNorm
ABGB §879, §864aLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Widerspruch der Telekom-Control-Kommission (TCK) gegen die Haftungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Mobil) eines Mobilfunkbetreibers; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgrund präziser Festlegung der Zuständigkeit der TCK im Telekommunikationsgesetz 2003; keine Verletzung des Art6 der Menschenrechtskonvention; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche; Tribunalqualität der TCK; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit, des Eigentumsrechtes und des Legalitätsprinzips, keine GleichheitsverletzungRechtssatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.
Art83 Abs2 B-VG hindert den Gesetzgeber nicht festzulegen, ob über bestimmte Angelegenheiten ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde entscheidet. Eine solche präzise Festlegung der Zuständigkeiten der TCK und der ordentlichen Gerichte lässt aber §25 TelekommunikationsG 2003 nicht vermissen.
Keine Verletzung des Art6 EMRK.
Die TCK entscheidet nicht über einen konkreten zivilrechtlichen Anspruch, sondern ist zuständig, AGBs zu widersprechen. Aus diesen AGBs hat zunächst niemand einen Anspruch erworben, sodass über keine zivilrechtlichen Ansprüche entschieden wird. Die Entscheidung über Ansprüche zwischen der Mobilkom und ihren Kunden, die zivilrechtlichen Charakter haben, bleibt - wie auch der letzte Satz des §25 Abs6 TelekommunikationsG 2003 zeigt - den ordentlichen Gerichten vorbehalten. Im Übrigen ist auch die TCK als "Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag" ein "Gericht (Tribunal)" iSd Art6 EMRK.
Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit.
Die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen regeln nicht den Erwerbsantritt, sondern betreffen die Berufsausübung, sodass dem Gesetzgeber ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen steht.
Die von der Mobilkom mit den Kunden abzuschließenden Verträge werden im Allgemeinen nicht mit den Kunden ausgehandelt. An den den Verträgen zu Grunde liegenden AGBs kann die große Mehrzahl von Kunden in der Regel nichts ändern. Solche AGBs einer administrativen Kontrolle der Regulierungsbehörde zu unterwerfen, dient dem Kundenschutz und damit dem öffentlichen Interesse. Es liegt im Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers, bei Abwägung der Interessen der Mobilkom, ihre Forderungen gegen Kunden effektiver eintreiben zu können, einerseits und dem Interesse der Kunden, dass kein derartiges Risiko auf sie überwälzt wird, andererseits, das Kundeninteresse höher zu bewerten.
Keine Verletzung des Eigentumsrechtes, da kein Hinderungsgrund für den Abschluss von Verträgen; keine Verletzung des Legalitätsprinzips, da kein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung.
Keine Gleichheitsverletzung.
Verträge von Anbietern von Telekommunikationsdiensten mit ihren Kunden sind - wie kaum in einer anderen Branche - Massenverträge, sodass eine administrative Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sachlich gerechtfertigt ist.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Erwerbsausübungsfreiheit, Fernmelderecht, Kollegialbehörde, Legalitätsprinzip, civil rightsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B636.2004Dokumentnummer
JFR_09949385_04B00636_01