Index
32 SteuerrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch denkunmögliche Gesetzesauslegung bei Versagung der Gewährung einer Befreiung von der Erbschaftssteuer für endbesteuertes Kapitalvermögen gemäß dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz durch ausschließliches Abstellen auf die zivilrechtliche Verfügungsmöglichkeit über den einbezahlten und am Todestag der Erblasserin auf einem Treuhandkonto erliegenden Kaufpreis für eine noch von der Erblasserin verkaufte LiegenschaftRechtssatz
Indem die belangte Behörde ausschließlich auf die (zivilrechtliche) Verfügungsmöglichkeit über den einbezahlten und am Todestag der Erblasserin auf einem Treuhandkonto (Anderkonto) erliegenden Kaufpreis abgestellt hat, hat sie nicht nur zu Unrecht die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nach §15 Abs1 Z17 ErbStG verneint, sondern dieser Vorschrift einen Inhalt beigemessen, der sie im Hinblick auf §1 EndbesteuerungsG verfassungswidrig erscheinen ließe; hätte §15 Abs1 Z17 ErbStG nämlich den Inhalt, den ihm die belangte Behörde unterstellt hat, würde diese Bestimmung wegen Widerspruchs zum Verfassungsauftrag des §1 EndbesteuerungsG verfassungswidrig sein.
Für die Anwendung der Befreiungsbestimmung des §15 Abs1 Z17 ErbStG ist allein maßgeblich, dass im Zeitpunkt des Todes zum Nachlass Kapitalvermögen zählt, dessen Erträge der sog Endbesteuerung unterliegen. Eine Regelung dieses Inhaltes ist in ihrer Wirkung von Zufälligkeiten abhängig. Wird ein Barbetrag vor dem Todestag auf ein dem KESt-Abzug unterliegendes Konto eingezahlt, dann ist, obwohl Kapitalertragsteuer möglicherweise noch gar nicht einbehalten und abgeführt wurde, die Steuerbefreiung anzuwenden, ist eine Kaufpreisforderung im Zeitpunkt des Todes noch offen und noch nicht auf ein der Endbesteuerung unterliegendes Konto eingezahlt, dann kann die Befreiung nicht angewendet werden. Derartige Effekte nimmt die Regelung in Kauf.
Wenn §15 Abs1 Z17 ErbStG - in verfassungskonformer Umsetzung des Endbesteuerungsgesetzes (vgl auch VfSlg 15299/1998) - vorsieht, dass Erwerbe von Todes wegen ua von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß §97 Abs1 erster Satz sowie §97 Abs2 erster bis dritter Satz EStG 1988 unterliegen, steuerfrei bleiben sollen, so liegt dem offensichtlich der Gedanke zugrunde, dass mit der laufenden Entrichtung der Kapitalertragsteuer (somit einer Erhebungsform der Einkommensteuer) nicht nur die Einkommensteuer, sondern auch die letztlich beim Übergang von Todes wegen zu entrichtende Erbschaftssteuer abgegolten sein soll.
Im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin war in Form des auf dem Anderkonto erliegenden Kaufpreises Kapitalvermögen vorhanden, dessen - der Endbesteuerung unterliegenden - Erträge einkommensteuerrechtlich der Erblasserin zuzurechnen waren, so dass sie die Schuldnerin einer allenfalls abzuführenden Kapitalertragsteuer gewesen wäre. Dass im Hinblick auf die kurze Zeitspanne zwischen Überweisung auf das Konto und Todeszeitpunkt die Kapitalertragsteuerpflicht praktisch ohne Bedeutung war, ändert daran nichts.
Schlagworte
Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Erbschafts- und SchenkungssteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1349.2004Dokumentnummer
JFR_09949378_04B01349_2_01