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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art11 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung voreinem Tribunal bei Bestätigung des Widerrufs einer Auftragsvergabe;keine Bedenken gegen die gesetzliche Regelung über mündlicheVerhandlungen im Oberösterreichischen Vergabenachprüfungsgesetz;Abweichen von allgemeiner Regelung gerechtfertigt; kein offenkundigerVerstoß gegen Gemeinschaftsrecht; nähere Klärung des Sachverhalts ineiner mündlichen Verhandlung jedoch im konkreten Fall aufgrund neuerWiderrufsgründe gebotenRechtssatz
Keine Verfassungswidrigkeit der von §67d AVG abweichenden Regelung des §12 Oö VergabenachprüfungsG über die Durchführung von mündlichen Verhandlungen; Vergabeverfahren in mehrfacher Hinsicht anders als andere Verfahren vor dem UVS.
Im Vergabekontrollverfahren wird nicht die Rechtmäßigkeit eines Aktes einer anderen Behörde - meist auf Grund eines von dieser bereits ermittelten Sachverhalts - nachgeprüft, sondern der UVS hat auf Grund eines Nachprüfungsantrags zu ermitteln, welche privatwirtschaftlichen Schritte seinem Verfahren vorangingen und ob diese dem Gesetz entsprachen. Ferner können Vergabekontrollbehörden einstweilige Verfügungen erlassen.
Verfassungskonforme Anwendung jedoch in Hinblick auf Art6 Abs1 EMRK geboten; zum Absehen von einer Verhandlung siehe auch die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des EGMR.
Ein allfälliger Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht ist nur im Falle seiner Offenkundigkeit im verfassungsgerichtlichen Verfahren aufzugreifen.
Verfassungskonforme Auslegung des §12 Abs2 Z3 Oö VergabenachprüfungsG dahingehend, dass der UVS auch in den Fällen eine Verhandlung durchzuführen hat, soweit dies Art6 EMRK erfordert (Zusammenschau mit Abs5 leg cit).
Die belangte Behörde stützt sich auf einen Sachverhalt, der von der Auftraggeberin zunächst gar nicht als Widerrufsgrund angeführt, sondern erst in ihrer Äußerung vorgebracht worden war und sich auch nicht offensichtlich aus dem Akteninhalt ergibt, sondern einer näheren Klärung bedurft hätte (Ausschreibung der Fassadenbauarbeiten nicht nach dem "Structural-Glazing-System", sondern nach der "Pfosten-Riegel-Bauweise" bei rechtzeitiger Kenntnis vom Einsparungspotential). Zu bedenken ist dabei, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall in erster und einziger Instanz entscheidet und sich somit nicht auf ein umfangreiches Ermittlungsverfahren einer unterinstanzlichen Behörde stützen konnte. Ferner hat die Beschwerdeführerin, die auch in ihrer Replik noch den Antrag auf Durchführung einer Verhandlung aufrecht hielt und auf eine dort erstattete Ergänzung ihres Vorbringens drang, den von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt nicht außer Streit gestellt. Die belangte Behörde konnte daher nicht von unstrittigen Tatsachen ausgehen, die den Entfall der mündlichen Verhandlung hätte rechtfertigen können.
Schlagworte
EU-Recht, Kompetenz Bund - Länder, Bedarfsgesetzgebung,Bedarfskompetenz, Unabhängiger Verwaltungssenat, Vergabewesen,Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Verhandlung mündliche,ÖffentlichkeitsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1478.2003Zuletzt aktualisiert am
13.08.2010