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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch als Zurückweisung zu deutende Abweisung eines Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung eines Asylwerbers aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen die Ausweisung nach Zurückweisung des Asylantrages wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zur Entscheidung iSd Dublin II-VO; Abschiebung vor Durchsetzbarkeit der Ausweisung keine bloße Vollstreckungsmaßnahme sondern anfechtbarer Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und ZwangsgewaltRechtssatz
Anwendbarkeit des §5 AsylG idF vor der Novelle 2003 aufgrund der Übergangsbestimmung des §44 AsylG idF der AsylG-Nov 2003, BGBl I 101/2003 (zur Aufhebung des §5a idF der AsylG-Nov 2003 siehe E v 15.10.04, G237/03 ua).
Wird ein Asylwerber abgeschoben, noch ehe die Ausweisung durchsetzbar ist und obwohl eine Abschiebung nach §56 FremdenG die Durchsetzbarkeit des Ausweisungsbescheides voraussetzt, stellt sich eine solche Abschiebung n i c h t bloß als zulässige Vollstreckung der Ausweisung dar; sie ist unter diesen Voraussetzungen jedenfalls als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft werden kann.
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet in die Niederlande gemäß §5 Abs1 AsylG ausgewiesen. Diese Ausweisung wurde durch Abschiebung gemäß §56 FremdenG von der Fremdenpolizeibehörde umgesetzt. Nach §56 Abs1 FremdenG setzt eine Abschiebung ua die Durchsetzbarkeit einer Ausweisung voraus. Der Beschwerdeführer hatte gegen den (die Ausweisung verfügenden) Bescheid des Bundesasylamtes Berufung erhoben, sodass der Berufung gemäß §64 Abs1 AVG aufschiebende Wirkung zukam, weil dies von der erstinstanzlichen Behörde auch nicht gemäß §64 Abs2 AVG ausgeschlossen wurde. Die Ausweisung nach §5 AsylG war daher im Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht durchsetzbar.
Die Dublin II-VO verlangt keineswegs, dass einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid keinesfalls aufschiebende Wirkung zukommen darf. Daher steht §64 AVG auch nicht im Widerspruch zur Dublin II-VO (zur aufschiebenden Wirkung im Asylverfahren siehe erneut G237/03 ua).
Die belangte Behörde hat die Maßnahmenbeschwerde zwar als unbegründet abgewiesen, im Ergebnis aber die Eigenschaft des angefochtenen Verwaltungsaktes als gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG bekämpfbaren Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt verneint, indem sie die bekämpfte Abschiebung als Vollziehung vorangegangener Bescheide qualifizierte. Damit hat sie in Wahrheit eine Sachentscheidung verweigert.
Schlagworte
Asylrecht, Auslegung eines Bescheides, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Fremdenrecht, Übergangsbestimmung, Verwaltungsverfahren, Wirkung aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1324.2004Dokumentnummer
JFR_09949072_04B01324_01