RS VwGH Erkenntnis 2003/04/24 2000/07/0068

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Veröffentlicht am 24.04.2003
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Rechtssatz

Die zu bejahende Bindung aller Behörden sowie der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts an rechtskräftig genehmigten Satzungen von Agrargemeinschaften enthebt weder die Verwaltungsbehörden noch den VfGH einer Untersuchung, mit welchem Text die Satzung dem Rechtsbestand angehört und welcher normative Satzungsinhalt sich daraus ergibt. Da sich aus der vom Vorarlberger Flurverfassungsgesetz verfügten Konstruktion der Organisation der Agrargemeinschaften und der Zuweisung öffentlicher Aufgaben an sie ergibt, dass für die sie konstituierenden Rechtsakte dieselben grundrechtlichen Schranken gelten wie sonst für generelle staatliche Normen, müssen auch solche Satzungen dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen, weshalb diesem Verfassungsgebot zuwiderlaufende Satzungsbestimmungen mangels eines besonderen Normenkontrollverfahrens als nichtig iSd § 879 ABGB zu behandeln sind. Eine solche Nichtigkeit liegt in solchen Satzungsbestimmungen von Agrargemeinschaften, nach denen bei Töchtern von Mitgliedern während der Zeit ihrer Verheiratung die Mitgliedschaft ruhen sollte. Eine solche Satzungsvorschrift unterscheidet zwischen Töchtern und Söhnen und damit zwischen Männern und Frauen, ohne dass für diese Diskriminierung der Frauen ein sachlicher Grund erkennbar wäre. Dass die Reduzierung oder die Verhinderung des Ansteigens der Anzahl der Mitglieder von Agrargemeinschaften erforderlich sei, möge sein, darf aber nicht durch die Ausgrenzung allein von Frauen erreicht werden, weil hiefür jede sachliche Rechtfertigung fehlt(Hinweis VfGH E 12. Dezember 1994, B 2083/93, B 1545/94).

Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde
Im RIS seit
26.06.2003
Zuletzt aktualisiert am
06.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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