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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Arbeiterkammerwahl für Wien 2004; keine Diskriminierung durch den Ausschluss bestimmter Drittstaatsangehöriger vom passiven Wahlrecht aufgrund des Arbeiterkammergesetzes und der unmittelbaren Anwendbarkeit bestimmter europarechtlicher Abkommen; sachliche Rechtfertigung für daraus resultierende nach der Staatsangehörigkeit von Fremden differenzierende gesetzliche Regelungen aufgrund der Mitwirkungsbefugnisse der Arbeiterkammer an der staatlichen Verwaltung und der entwicklungs- und außenpolitischen Ziele der AssoziierungsabkommenRechtssatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahl zur Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien 2004 durch die Wählergruppe "Bunte Demokratie für Alle (BDFA)".
Im Hinblick auf die für die Arbeiterkammern typischen, zahlreichen Befugnisse zur Mitwirkung an der staatlichen (Wirtschafts- und Sozial-)Verwaltung, insbesondere auch zur Entsendung von Mitgliedern in staatliche (Verwaltungs-)Organe, ist es nicht unsachlich, wenn der einfache Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes das passive Wahlrecht zu den Vollversammlungen der Arbeiterkammern österreichischen Staatsbürgern vorbehält; auch der Umstand, dass durch diese (Mitwirkungs-)Befugnisse den Arbeiterkammern im Allgemeinen kein Anteil an der Führung der staatlichen Hoheitsverwaltung zukommt, ändert daran nichts.
Kein Verstoß gegen das BVG Rassendiskriminierung, BGBl 390/1973:
Die hier zu beurteilende Regelung ergibt sich aus §21 Z3 AKG 1992 iVm unmittelbar anwendbaren Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, nämlich von (Assoziierungs-)Abkommen iSd Art310 EG-Vertrag oder von Beschlüssen der durch solche Abkommen eingerichteten Organe iSd Vorranges des Gemeinschaftsrechtes (vgl zB EuGH 02.03.99, Rs C-416/96, vgl ferner VfSlg 17075/2003; EuGH 08.05.03, Rs C-171/01, 16.09.04, Rs C-465/01). Die hiedurch bewirkte Differenzierung zwischen Fremden, die Angehörige von Staaten sind, mit denen solche Abkommen bestehen, einerseits und Staatsangehörigen anderer Drittstaaten andererseits hinsichtlich des passiven Wahlrechts zu den Vollversammlungen der Arbeiterkammern ist aber keine nach dem BVG Rassendiskriminierung, BGBl 390/1973, verpönte Diskriminierung (vgl auch VfSlg 13836/1994).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass derartige Abkommen nach dem System des EG-Vertrages gerade dazu dienen, "besondere und privilegierte [vor allem Wirtschafts- und Handels-]Beziehungen mit einem Drittstaat" zu schaffen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nicht alle Assoziierungsabkommen so wie etwa das mit der Türkei geschlossene (auch) die Vorbereitung eines Drittstaates auf einen allfälligen späteren Beitritt zur Europäischen Union zum Gegenstand haben, sondern - wie ua die Abkommen mit Algerien, Marokko und Tunesien - in erster Linie die (soziale und wirtschaftliche) Entwicklung des Vertragspartners oder den Aufbau von Freihandelszonen bezwecken. Auch dieses (entwicklungs- bzw außenpolitische) Anliegen bildet nämlich eine sachliche Rechtfertigung für daraus resultierende nach der Staatsangehörigkeit von Fremden differenzierende gesetzliche Regelungen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Arbeiterkammern, EU-Recht, Anwendbarkeit, Wahlen, Wahlrecht passives, berufliche VertretungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:WI10.2004Dokumentnummer
JFR_09948988_04W0I010_01