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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art14b Abs2 Z1 lita, Abs2 Z2 lita, Abs3Leitsatz
Feststellung der Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) für Kärnten zur Entscheidung über Nachprüfungsanträge der Bietergemeinschaft STRABAG und der Bietergemeinschaft Bögl im Vergabeverfahren betreffend den Bau des EM-Stadions für die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Klagenfurt; Stadt Klagenfurt als öffentlicher Auftraggeber; Aufhebung des die Anträge der Bietergemeinschaften wegen Unzuständigkeit zurückweisenden Teiles des angefochtenen Bescheides; keine gesonderte Entscheidung in den BeschwerdeverfahrenRechtssatz
Zulässigkeit der Anträge der Bietergemeinschaft STRABAG und der Bietergemeinschaft Bögl auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen Verwaltungsbehörden verschiedener Gebietskörperschaften (hier: Bundesvergabeamt - BVA und UVS für Kärnten) im Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Auftragsvergabe für den Bau des EM-Stadions für die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Klagenfurt.
Bei Beurteilung der Frage, ob ein Kompetenzkonflikt vorliegt, ist auf die funktionelle Zuständigkeit der beteiligten Verwaltungsbehörden abzustellen.
Das BVA hat im Bundesvollzugsbereich entschieden. Es war sowohl organisatorisch als auch funktionell als Bundesvollzugsbehörde tätig.
Wird ein Unabhängiger Verwaltungssenat im Rahmen eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens angerufen, so wird er funktionell im Landesvollzugsbereich tätig (Art14b Abs3 B-VG), auch wenn er dabei (teilweise) Bundesgesetze vollzieht.
Identität der Sache gegeben.
Die Mitglieder der Bietergemeinschaft STRABAG und der Bietergemeinschaft Bögl haben jeweils sowohl beim UVS für Kärnten als auch beim BVA wortgleiche, teils als Nachprüfungsantrag und teils als Teilnahmeantrag bezeichnete Anträge gestellt.
Das BVA und der UVS für Kärnten haben die Anträge wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.
Die Bietergemeinschaften STRABAG und Bögl bekämpften beim UVS für Kärnten und auch beim BVA sowohl die Zuschlagsentscheidung als auch die Ausscheidensentscheidung des öffentlichen Auftraggebers. Während das BVA die Zurückweisung in zwei Punkten formulierte, wies der UVS die Teilnahmeanträge in einem Spruchpunkt zurück, sodass - betrachtet man nur den Spruch - Zweifel darüber entstehen könnten, ob der UVS überhaupt über beide von den Bietergemeinschaften STRABAG und Bögl bekämpften Entscheidungen des Auftraggebers abgesprochen hat. Aus der Begründung ergibt sich aber, dass er die Bekämpfung beider Entscheidungen in einem Schriftsatz als bloß einen Antrag wertete und sich insgesamt für Vergabekontrollentscheidungen als unzuständig erklärte, weil der UVS für Kärnten davon ausging, dass der Bund öffentlicher Auftraggeber sei.
Die gestellten Anträge unterschieden sich nur dadurch, dass die beiden angefochtenen Entscheidungen (Zuschlagsentscheidung und Ausscheidensentscheidung) argumentativ jeweils anderen öffentlichen Auftraggebern zugerechnet wurden.
Frühere Entscheidung des Bundesvergabeamtes im selben Vergabeverfahren noch kein bindender Abspruch über Zuständigkeit.
Feststellung der Zuständigkeit des UVS für Kärnten zur Entscheidung über die Anträge.
Die Vollziehung in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens ist Bundessache ua hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch den Bund (Art14b Abs2 Z1 lita B-VG), hingegen ist die Vollziehung hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Gemeinden Landessache (Art14b Abs2 Z2 lita B-VG).
Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers.
Stadt Klagenfurt als öffentlicher Auftraggeber iSd §20 Z4 BundesvergabeG.
Die Landeshauptstadt Klagenfurt beabsichtigte, den Bauauftrag mit der in Aussicht genommenen Bietergemeinschaft abzuschließen. Dass in den Vergabebekanntmachungen der Bund als öffentlicher Auftraggeber genannt wurde, mag zu einer Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens führen (die möglicherweise wegen Fristversäumung nicht mehr geltend gemacht werden kann). An der Zuständigkeit des UVS für Kärnten für das Nachprüfungsverfahren betreffend eine Entscheidung einer Kärntner Gemeinde vermag dies nichts zu ändern.
Dem Urteil des EuGH vom 25.04.96, C-87/94, Kommission gegen Belgien, ist nichts zu entnehmen, was für die Entscheidung über die Zuständigkeit österreichischer Vergabekontrollbehören maßgebend wäre.
Die Unklarheiten im Verhalten auf Auftraggeberseite, wie sie in der Verhandlung zu Tage getreten sind, sind für die Entscheidung des Kompetenzstreites nicht maßgebend.
Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über einen negativen Kompetenzkonflikt hat auch die Aufhebung der diesem Erkenntnis entgegenstehenden behördlichen Akte auszusprechen (§51 VfGG).
Aufhebung daher des Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides, soweit darin die Anträge der Bietergemeinschaften STRABAG und Bögl wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen wurden.
Keine Aufhebung insoweit, als in den Spruchpunkten I und II über Anträge anderer Bieter abgesprochen wurde.
Keine Aufhebung eine einstweilige Verfügung betreffender Spruchpunkte.
Mit der Aufhebung gem §51 VfGG erübrigt sich auch eine gesonderte Entscheidung in den beiden Beschwerdeverfahren B573/05 und B576/05.
Siehe auch E v 13.10.05, B692/05: Abweisung der Beschwerde der Bietergemeinschaft Strabag gegen die Zurückweisung ihrer Anträge betreffend Zuschlagsentscheidung und Ausscheidensentscheidung wegen Unzuständigkeit des BVA; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter; Hinweis auf die vorliegende Entscheidung zu KI-2/05. Kein Kostenzuspruch: Da die Stadt Klagenfurt über rechtskundige Beamte verfügt, waren für die Vertretung der Stadt Klagenfurt durch einen Rechtsanwalt keine Kosten zuzusprechen. Die mitbeteiligte Bietergemeinschaft Bauunternehmung Granit Gesellschaft mbH und AST Baugesellschaft mbH hat nicht zur Lösung des Kompetenzkonfliktes beigetragen, weshalb auch ihr die für die Verhandlung verzeichneten Kosten nicht zuzusprechen waren.
Siehe weiters E v 30.11.05, B560/05: Verletzung der beschwerdeführenden Parteien (Porr Technobau & Umwelt AG und Alpine Mayreder Bau GmbH) im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung der Teilnahmeanträge durch den UVS Kärnten; kein Abspruch über Anträge dieser Bieter in KI-2/05; Beschwer daher noch gegeben.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Bescheid Trennbarkeit, Bundesverwaltung, Landesverwaltung, Unabhängiger Verwaltungssenat, Vergabewesen, VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Kosten, VfGH / BeteiligterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:KI2.2005Dokumentnummer
JFR_09948987_05K00I02_01