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83 Natur- und UmweltschutzNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der Mindestgeldstrafe von € 3.630,-- im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 bei strafbaren Verstößen gewerbsmäßiger Abfallsammler und Abfallbehandler im Umgang mit gefährlichen AbfällenRechtssatz
Abweisung der Anträge des UVS Niederösterreich auf Aufhebung der Wortfolge "; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 € bedroht" in §79 Abs1 AbfallwirtschaftsG 2002.
Dem Gesetzgeber ist aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Vorwurf zu machen, wenn er im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes aus generalpräventiven Gründen in §79 Abs1 AbfallwirtschaftsG 2002 für verpöntes Verhalten beim gewerbsmäßigen Umgang mit gefährlichen Abfällen eine Mindeststrafe iHv 3.630 € normierte. Diese Strafdrohung ist in zweierlei Hinsicht klar begrenzt: zum einen gelangt sie - ua unter dem Aspekt des Tatbestandes der Z7 leg cit - ausschließlich für Delikte im Umgang mit gefährlichen Abfällen zur Anwendung, zum anderen generell nur in Bezug auf Personen, die gewerbsmäßig und damit auf Grund einer besonderen Qualifikation im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sind und somit eine spezifische Verantwortlichkeit haben; darüber hinaus verfolgen diese Personen mit der Tatbegehung in der Regel eigene wirtschaftliche Interessen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall signifikant von der dem Erkenntnis VfSlg 15785/2000 zugrunde gelegenen Konstellation.
Durch die Bestimmungen des §79 AbfallwirtschaftsG 2002 wurde ein differenziertes System von Strafdrohungen geschaffen, um Verstößen gegen das AbfallwirtschaftsG angesichts ihrer potentiellen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen der Gesundheit von Menschen und der Umwelt (vgl das BVG über den umfassenden Umweltschutz, BGBl 491/1984) - unter Beachtung des vom Täter aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils - effektiv entgegenzuwirken.
Für jene vom UVS ins Treffen geführten Sachverhaltskonstellationen, in denen die Verhängung der Mindeststrafe - im Fall geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Tatfolgen - eine unangemessene Härte darstellen würde, stehen die Instrumente des §21 VStG (Absehen von der Verhängung einer Strafe bzw von der Durchführung eines Verfahrens) sowie - bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe - des §20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) zur Verfügung.
Im Übrigen steht die bekämpfte Mindeststrafdrohung für die gewerbsmäßig im Abfallwirtschaftsbereich tätige Personengruppe in §79 Abs1 AbfallwirtschaftsG 2002 mit dem in dieser Gesetzesstelle für nicht erwerbsmäßig handelnde Personen normierten Strafsatz in keinem Missverhältnis, weil die jeweiligen Strafdrohungen nur in der Untergrenze differieren (3.630 € bzw 730 €), während die Höchststrafdrohung für beide Täterkreise 36.340 € beträgt, wobei das Strafensystem des §79 AbfallwirtschaftsG 2002 insgesamt bei einer gebotenen Durchschnittsbetrachtung eine an den Strafzumessungsgründen des §19 VStG orientierte, fallspezifisch angemessene Sanktion innerhalb des jeweiligen Strafrahmens durchaus zulässt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Strafen, Umweltschutz, Verwaltungsstrafrecht, Geldstrafe, MindesstrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:G197.2004Zuletzt aktualisiert am
29.11.2012