RS Vwgh 2003/6/24 2002/01/0081

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
41/02 Melderecht
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

B-VG Art6 Abs3;
HauptwohnsitzG 1994 Art7 Z3;
HauptwohnsitzG 1994;
MeldeG 1991 §1 Abs1;
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §19a;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;

Rechtssatz

Art. 6 Abs. 3 B-VG normiert, dass der Hauptwohnsitz einer Person dort begründet ist, wo sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, hier den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu schaffen. Gemäß § 1 Abs. 7 des MeldeG 1991 ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Diese beiden Hauptwohnsitzdefinitionen gehen zwar auf miteinander in Zusammenhang stehende Gesetzesbeschlüsse zurück (das Bundesverfassungsgesetz vom 8.7.1994, BGBl. Nr. 504, einerseits bzw. das Hauptwohnsitzgesetz, BGBl. Nr. 505/1994, andererseits), sie decken sich jedoch nicht völlig. Während § 1 Abs. 7 MeldeG 1991 eine "Unterkunft" voraussetzt, enthält Art. 6 Abs. 3 B-VG diese Einschränkung nicht und sieht die Begründung eines Hauptwohnsitzes überall "dort" vor, wo der faktische Lebensmittelpunkt besteht. Da man annehmen muss, dass mit dieser abweichenden Formulierung auch eine inhaltliche Divergenz verbunden ist (Thienel, Meldung und Hauptwohnsitz, JRP 1999, 127; die Frage offen lassend Schick/Wiederin, Landesbürgerschaft, Gemeindemitgliedschaft und Bundesverfassung - Überlegungen zum Wohnsitzbegriff des B-VG, ÖJZ 1998, FN 17; vgl. nunmehr auch die ErläutRV zu BGBl. I Nr. 28/2001 betreffend einen neu geschaffenen § 19a MeldeG 1991, 424 BlgNR 21. GP 25), stellt sich die Frage, welcher Hauptwohnsitzbegriff dem StbG zu Grunde liegt. Angesichts dessen, dass das im Wesentlichen am 1.1.1995 in Kraft getretene HauptwohnsitzG 1994 neben der erwähnten Definition des Hauptwohnsitzes im MeldeG 1991 unter einem auch - mit Art. VII Z 2 - den Begriff des Hauptwohnsitzes in das StbG 1985 (anstelle des bis zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen "ordentlichen Wohnsitzes") einführte, läge der Schluss nahe, dass der Hauptwohnsitzbegriff des StbG 1985 jenem des MeldeG entspricht, sodass es zur Erfüllung der staatsbürgerschaftsrechtlichen "Wohnsitzfristen" jeweils auch einer aufrechten "Unterkunft" (iS des § 1 Abs. 1 MeldeG 1991) bedürfte. Wie Thienel (aaO., 136 f.; insbesondere FN 50) vor allem mit Verweis auf die Entstehungsgeschichte der einschlägigen Bestimmungen - während in der Regierungsvorlage zum HauptwohnsitzG 1994 (1334 BlgNR 18. GP) die insbesondere auf wahlrechtliche Gesetze Bezug nehmenden Artikel II bis VI hinsichtlich des Begriffs "Hauptwohnsitz" jeweils einen Verweis auf § 1 Abs. 7 MeldeG 1991 vorsahen, wurde dieser Verweis durch den Ausschuss als "entbehrlich" beseitigt, "da nunmehr die Definition des Hauptwohnsitzes in das B-VG Aufnahme gefunden hat" -

jedoch überzeugend dargelegt hat, kommt dem engeren Hauptwohnsitzbegriff des MeldeG hingegen nur für das Melderecht Bedeutung zu, weshalb dem Ausdruck "Hauptwohnsitz" im Besonderen im Rahmen des Staatsbürgerschaftsrechtes das sich aus dem B-VG ergebende Verständnis zugrunde gelegt werden muss.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002010081.X01

Im RIS seit

28.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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