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97 Öffentliches AuftragswesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gleichheitswidrigkeit einer Regelung des Bundesvergabegesetzes 2002 betreffend die zu leistende Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes im Nachprüfungsverfahren für Bauaufträge im Oberschwellenbereich; Oberschwellengebühr bei Gesamtaufträgen auch hinsichtlich des Auftragswertes eines im Unterschwellenbereich liegenden einzelnen Loses zu entrichten; verfassungskonforme Auslegung angesichts des Wortlautes der geprüften Bestimmungen nicht möglich; Feststellung der Gesetzwidrigkeit der gleichlautenden Bestimmung in der Pauschalgebührenverordnung mangels gesetzlicher GrundlageRechtssatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "Bauaufträge ... 5 000 €" in der vorletzten Zeile des Anhanges X des BundesvergabeG 2002, BGBl I 99/2002, und Feststellung der Gesetzwidrigkeit der gleichlautenden Wortfolge in der vorletzten Zeile des §1 der Verordnung der Bundesregierung betreffend die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes, BGBl II 324/2002, - PauschalgebührenV.
Pauschalierende Regelungen dürfen, auch wenn sie im Interesse der Verwaltungsökonomie getroffen werden, nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen; die gewählten Maßstäbe müssen den wirtschaftlichen Erfahrungen entsprechen (mit Judikaturhinweisen).
Der Verfassungsgerichtshof vermag keine sachliche Rechtfertigung dafür zu finden, dass für ein Kontrollverfahren betreffend einen Auftrag, der, würde er allein vergeben, im Unterschwellenbereich läge (so dass auch die Gebühr für ein Vergabekontrollverfahren im Unterschwellenbereich anfiele), allein deshalb eine doppelte Gebühr anfällt, weil der Auftrag im Rahmen eines Gesamtauftrags vergeben wird, der im Oberschwellenbereich liegt.
Dem Gesetzgeber kann an sich nicht entgegen getreten werden, wenn er mit Einführung einer Gebührenpflicht auch die Schaffung einer Verfahrensbarriere für vollkommen aussichtslose Rechtsschutzanträge bezweckt; dies kann jedoch nicht so weit führen, dass ganz allgemein gerade kleinere Unternehmen ein beachtliches Gebührenrisiko zu tragen haben.
Angesichts des Wortlautes des Gesetzes kommt eine Auslegung der geprüften Bestimmungen, wonach auch in Fällen, in denen die Auftragssumme im Unterschwellenbereich liegt, aber wegen §13 BundesvergabeG das Verfahren im Oberschwellenbereich geführt wird, ohnehin nur die Gebühr für den Unterschwellenbereich anfällt, nicht in Betracht.
Anlassfall B1417/03, E v 07.03.06: Aufhebung des angefochtenen Bescheides; ebenso Quasi-Anlassfall B1494/03, E v 08.03.06.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Vergabewesen, Rechtsschutz, Gebühr, Auslegung verfassungskonforme, KostenrisikoEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G91.2005Dokumentnummer
JFR_09939697_05G00091_01