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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags einer Gemeinde zur Beschwerdeführung gegen die Bestellung des damaligen Bürgermeisters zum Vertreter der Gemeinde in einem im Jahr 1960 eingeleiteten Regulierungsverfahren als verspätet; Wegfall des Hindernisses eines Irrtums spätestens anlässlich einer Besprechung nach bücherlicher Übertragung des Eigentums am Gemeindegrund an die Agrargemeinschaft; Zurückweisung der Beschwerde als verspätetRechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass A D die Bedeutung der Bestellung nicht verstanden haben sollte. Wovon ihn oder die Gemeinde die fehlende Rechtsmittelbelehrung unter diesen Umständen abgehalten haben soll, ist gleichfalls unerfindlich. Ein Irrtum über die Bedeutung dieses Aktes konnte erst entstanden sein, als allmählich klar wurde, welche Folgen das Verfahren für die Gemeinde haben sollte. Im Übrigen ist der Hinweis auf die Möglichkeit der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof keine Rechtsmittelbelehrung und sein Fehlen als solches kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund.
Dass das Eigentum am Gemeindegrund der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde Neustift nur ein Anteil von 15 % zugesprochen wurde, musste den Vertretern der Gemeinde seit Erlassung der Bescheide vom 30.04.63 klar sein, weil diese Bescheide es wörtlich aussprechen. Spätestens zugleich mit diesen Bescheiden hätte auch - mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung verbunden - die Bestellung des Gemeindevertreters angefochten werden müssen. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass auch die neu bestellten Gemeindeorgane nicht verstanden haben, dass die Rechtslage früher anders gewesen war, war die Bedeutung des Geschehens nach bücherlicher Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft mit Zustellung des Beschlusses des Grundbuchgerichtes klar und lag bei der Besprechung am 29.09.64 offen zutage: Das mögliche Missverständnis A D's kam zur Sprache, der Vertreter der Agrarbehörde hatte selbst von einer "Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft" gesprochen und er hatte auf die (versäumte) "Einspruchsmöglichkeit" hingewiesen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die damaligen Gemeindeorgane - sei es durch den Bürgermeister, sei es durch A D, der ja nur Vertreter der Gemeinde und daher Beschlüssen der zuständigen Gemeindeorgane unterworfen war -, angesichts der Bedeutung der Angelegenheit die Möglichkeit des Ergreifens von Rechtsmitteln überlegen müssen und mangels Rechtskenntnis einen Fachmann zuziehen können. Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung.
Das behauptete Hindernis, das der Erhebung der Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen die Bestellung des A D als Gemeindevertreter allenfalls im Wege gestanden ist, war daher spätestens seit 29.09.64 weggefallen. Ob es einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund gebildet hätte, kann daher dahingestellt bleiben. Die mit diesem Tag begonnene Frist des §45 Abs2 ZPO ist ungenützt verstrichen.
Siehe auch B v 08.06.06, B619/05: Zurückweisung eines gleichartigen Wiedereinsetzungsantrages und der Beschwerde einer anderen Tiroler Gemeinde; kein Vorliegen eines Irrtums der Gemeinde über die Möglichkeit der Ergreifung von Rechtsbehelfen.
Siehe weiters B v 21.06.06, B686/05: Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags: irrige Rechtsansicht über die Möglichkeit der Ergreifung eines Rechtsbehelfes kein Wiedereinsetzungsgrund; Zurückweisung der Beschwerde; sowie B790/05 ua vom selben Tag: teils Abweisung, teils Zurückweisung gleichartiger Wiedereinsetzungsanträge unter Hinweis auf die Vorjudikatur.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Wiedereinsetzung, FlurverfassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B334.2005Dokumentnummer
JFR_09939696_05B00334_01