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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art138 Abs1 litaLeitsatz
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über das Begehren des Antragstellers auf Räumung und Übergabe zweier Eigentumswohnungen auf einer in ein laufendes Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Liegenschaft; keine Zuständigkeit der Agrarbehörden gemäß dem Tiroler Flurverfassungs- Landesgesetz 1996Rechtssatz
Für die Zulässigkeit des Antrages auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes ist nicht erforderlich, dass die Prozessparteien in den zugrunde liegenden Verfahren den Instanzenzug ausgeschöpft haben.
Durch §72 Abs5 Tir FlVLG 1996 wird die Zuständigkeit für Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Liegenschaften den Agrarbehörden übertragen.
Die Rechtsprechung sämtlicher Höchstgerichte hat den Begriff der Streitigkeit über Eigentum und Besitz sehr weit verstanden.
Aus der Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht ableiten, dass schlechthin alle Streitigkeiten aus dem Eigentum, also über Ansprüche, die sich (auch) auf das Eigentumsrecht stützen - etwa zur Abwehr von Störungen jeglicher Art oder wegen Räumung nach Ende einer Benützungserlaubnis - solche über Eigentum wären. Es wäre nicht einzusehen, warum ein gegen Dritte gerichtetes Verbot, ein Haus zu betreten oder die Aufforderung an einen Gast, das Haus zu verlassen und die eingebrachten Sachen zu entfernen, vor die Agrarbehörde gebracht werden müsste. Der Gesetzeszweck, die Prüfung zu erübrigen, ob der Streit in tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang mit der Zusammenlegung steht, schlägt zwar insoweit durch, als es sich um Streitigkeiten über das Eigentum oder den Sachbesitz handelt oder die Angelegenheit einem solchen Streit aus besonderen Gründen gleichzuhalten ist, verliert seine Kraft aber dann, wenn der geltend gemachte Anspruch seiner Art nach damit offenkundig nichts zu tun hat.
Ein solcher Fall liegt hier vor: Weder sind Eigentum noch Sachbesitz strittig, es geht auch nicht um die Abgrenzung der Eigentumsrechte oder Besitzverhältnisse zwischen Miteigentümern oder Eigentümern benachbarter Liegenschaften oder wegen zwischen diesen als bestehend behaupteten Grunddienstbarkeiten, sondern um die Geltendmachung des Eigentums oder eines Rückstellungsanspruchs aus einem obligatorischen Verhältnis gegen dritte Benützer, deren persönliches Recht - welcher Art immer - für beendet erachtet wird. In einem solchen Streit geht es nicht um Eigentum oder Besitz am Grundstück und er ist einem solchen unter dem Blickwinkel des §72 Abs5 Tir FlVLG 1996 auch nicht gleichzuhalten.
Kostenzuspruch gemäß §52 VfGG; Abweisung des Mehrbegehrens:
Der begehrte Streitgenossenzuschlag war nicht zuzuerkennen, weil weder die im Antrag angeführten zwei "beteiligten Behörden" (Bezirksgericht Reutte, Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde) noch die beiden gegnerischen Beteiligten (§15 RechtsanwaltstarifG) als Streitgenossen des Einschreiters anzusehen sind (vgl VfSlg 14176/1995). Dieser war allerdings gemäß §17a VfGG verpflichtet, Eingabengebühr nur in der Höhe von 180 € zu entrichten.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Kompetenzkonflikt, Bodenreform, Flurverfassung, Agrarbehörden, Agrarverfahren, Behördenzuständigkeit, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:KI4.2005Dokumentnummer
JFR_09939694_05K00I04_01