RS Vfgh 2006/3/11 V136/03 ua, B1162/04

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Veröffentlicht am 11.03.2006
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
ElWOG §25, §69
F-VG 1948 §8 Abs5
ÖkostromG §13 Abs1
Oö GebrauchsabgabenG
Systemnutzungstarife-Verordnung 2003 der Energie-Control Kommission (SystemnutzungstarifeV 2003 - SNT-VO 2003)

Leitsatz

Aufhebung von Bestimmungen der Systemnutzungstarife-Verordnung 2003 über die die antragstellenden Gesellschaften betreffenden Tarife für das Netznutzungsentgelt und das Netzverlustentgelt wegen Nichtberücksichtigung von Teilen der Gebrauchsabgabe als Kosten des Netzbetreibers; im Übrigen Zurück- bzw Abweisung der Individualanträge; kein Verstoß der SNT-VO 2003 gegen das Ökostromgesetz nach Bereinigung der Rechtslage durch Aufhebung der Bestimmung betreffend Berücksichtigung der Kosten für KWK-Anlagen

Rechtssatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen die SystemnutzungstarifeV 2003 - SNT-VO 2003 mit Hinweis auf die Vorjudikatur VfSlg 17087/2003, V35/04, E v 14.12.04, V133/03, E v 11.10.05, und V12/04, E v 15.12.05 (Tariffestsetzung kein Bescheid).

Zurückweisung des Hauptantrags der Wels Strom GmbH als zu eng mangels gleichzeitiger Anfechtung der allgemeinen Grundsätze der Kostenermittlung und eines Eventualantrags auf Aufhebung der gesamten Verordnung mangels aktueller Betroffenheit durch sämtliche Bestimmungen.

Im Übrigen Zulässigkeit der Individualanträge der Wels Strom GmbH und der Linz Strom GmbH.

Keine Gesetzwidrigkeit des Verfahrens zur Festsetzung der Systemnutzungstarife; keine Bedenken gegen die Ermittlung der für die Festsetzung der angefochtenen Tarife maßgeblichen Kostenbasis.

Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich, dass sich die Energie-Control Kommission auf entsprechendem fachlichen Niveau ua mit den von der Wels Strom GmbH (bzw Linz Strom GmbH) vorgebrachten Argumenten betreffend wirtschaftlicher Folgen bzw bilanzwirksamer Konsequenzen der Faktoren Mengensteigerung, Personalaufwand und außerordentliche Investitionen auf die Festsetzung der Systemnutzungstarife auseinander gesetzt hat.

Keine Bedenken, dass Rückstellungen für "stranded costs" nicht berücksichtigt worden seien.

Bei den Beiträgen von Kunden gemäß §69 ElWOG für unrentabel gewordene Investitionen handelt es sich um Durchlaufposten im Netzbetrieb. Rückstellungen der Linz Strom GmbH im Zusammenhang mit nicht von den Kunden eingehobenen Beiträgen sind nicht als notwendige Kosten des Netzbetriebs anzuerkennen.

Kein Verstoß der SNT-VO 2003 gegen §13 ÖkostromG.

Die vorliegenden Anträge waren zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren G143/05 schon anhängig und sind somit einem Anlassfall gleichzuhalten. Die mit E v 04.03.06 aufgehobenen Sätze des §13 Abs1 ÖkostromG sind daher in den vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahren nicht mehr anzuwenden.

Nach Bereinigung der Rechtslage kommt ein Verstoß der SNT-VO 2003 gegen den verbleibenden Inhalt des §13 Abs1 ÖkostromG nicht mehr in Frage, da diese Bestimmung keinen Bezug auf die Systemnutzungstarifierung mehr aufweist. Die Nichtanerkennung von fiktiven Kosten im Zusammenhang mit KWK-Anlagen in der angefochtenen Verordnung entspricht - in Ermangelung sonstiger zu berücksichtigender Rechtsgrundlagen - zweifelsfrei der verbleibenden gesetzlichen Grundlage der SNT-VO 2003 in §25 ElWOG.

Keine Gesetzwidrigkeit wegen Nichtvornahme einer Kostenwälzung.

Der Verfassungsgerichtshof misst §15 Abs7 SNT-VO 2003 nicht die Bedeutung zu, dass jede Neufestsetzung der Systemnutzungstarife mit einer neuerlichen Bestimmung der Aufteilungsschlüssel verbunden sein müsste. Vielmehr trifft §15 Abs7 eine Regelung über die Neufestsetzung der Aufteilungsschlüssel; ob die Energie-Control Kommission bei einer Neufestsetzung der Systemnutzungstarife auch eine Neufestsetzung der Aufteilungsschlüssel durchführt, liegt in ihrem Gestaltungsspielraum.

Die Energie-Control Kommission hat innerhalb dieses Gestaltungsspielraums gehandelt, wenn sie aufgrund des Unterbleibens einer Forderung der antragstellenden Gesellschaft im Verordnungserlassungsverfahren nach einer Neudurchführung der Kostenwälzung keine solche Neufestsetzung durchgeführt hat. Denn die Netzbetreiber haben naturgemäß den besten Zugang zu den technischen Daten, deren Veränderung für das Ergebnis einer neuerlichen Kostenwälzung ausschlaggebend ist.

Aufhebung des §18 Abs1 Z5, §19 Abs1 Z3 litd, in Z4, Z5, Z6 und Z7 jeweils lite und litf sowie des §20 Z6 und Z7 SNT-VO 2003.

Die Bedenken der Linz Strom GmbH, die Nichtanerkennung der Gebrauchsabgabe als Kostenbestandteil sei gleichheitswidrig, da die verordnungserlassende Behörde Kosten anderer Netzbetreiber, die durch die Bezahlung eines privatrechtlichen Entgelts für die Benützung fremden Grund und Bodens zum Zwecke des Netzbetriebes (zB im Rahmen eines Servitutsvertrages) aufliefen, akzeptiert habe und die Bedenken der Wels Strom GmbH gegen die in den Erläuterungen zur SNT-VO 2003 vertretene Meinung, die Berücksichtigung der Gebrauchsabgabe bei Festsetzung der Systemnutzungstarife sei unsachlich, treffen zu:

Die Einhebung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe durch Gemeinden von ihren eigenen Unternehmen für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes in der Höhe von 3 % der Roheinnahmen des Unternehmens mag zwar wirtschaftlich den Charakter eines so genannten Gewinnpräzipuums an die Gemeinden haben, ist aber jedenfalls auch zum Teil als Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes anzusehen. Soweit der Gebrauchsabgabe Entgeltcharakter zukommt, wäre es in der Tat gleichheitswidrig, ein privatrechtlich vereinbartes Entgelt für die Benützung fremden Grund und Bodens durch den Netzbetreiber als Kosten des Netzbetriebes anzuerkennen und öffentlich-rechtliche Entgelte für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes nicht als solche Kosten zu berücksichtigen.

Indem die verordnungserlassende Behörde es unterlassen hat, jenen Teil der Gebrauchsabgabe, der als Entgelt für die Benützung öffentlichen Gemeindegrundes anzusehen ist, als Kosten des Netzbetriebes bei der Festsetzung der Systemnutzungstarife anzuerkennen, hat sie die angefochtenen Tarife - die fehlerhafte Kostenberechnung schlägt auf diese durch - mit Gesetzwidrigkeit belastet.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Preisrecht, Verordnungserlassung, VfGH / Anlaßfall, VfGH / Aufhebung Wirkung, Gebrauchsabgaben, VfGH / Anlaßverfahren, VfGH / Individualantrag, Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:V136.2003

Dokumentnummer

JFR_09939689_03V00136_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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