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26 Gewerblicher RechtsschutzNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags auf Nichtigerklärung eines Patents betreffend die Verwendung eines chemischen Stoffes zur Herstellung bestimmter Arzneimittel ("Swiss Claim"); zweckgebundene Verfahrensansprüche nach dem Vorbehalt zum Europäischen Patentübereinkommen nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen bzw mit dem Stoffschutzverbot vereinbar; keine Denkunmöglichkeit infolge amtswegiger Fortsetzung des Nichtigkeitsverfahrens trotz Zurückziehung des Antrags nach Entscheidung des OGH über die mangelnde Rechtsbeständigkeit des Patents als Vorfrage in einem ProvisorialverfahrenRechtssatz
Gemäß §112 Abs1 zweiter Satz PatentG liegt die Entscheidung, ein auf Antrag eingeleitetes Nichtigkeitsverfahren nach Rückziehung des Antrages fortzusetzen, im Ermessen der Nichtigkeitsabteilung. Diese kann im Interesse der Rechtssicherheit, welche - wie im vorliegenden Fall - bei der Zweifelhaftigkeit der Rechtsbeständigkeit eines Patents anzunehmen ist, von Amts wegen das Verfahren fortsetzen und über die Gültigkeit eine Patents entscheiden.
Über die Gültigkeit und Wirksamkeit eines Patents entscheidet in letzter Instanz der Oberste Patent- und Markensenat (OPM). Die Rechtsbeständigkeit eines Patents kann in Patentverletzungsverfahren von den Gerichten lediglich als Vorfrage im Provisorial- bzw Hauptverfahren selbständig beurteilt werden. Zivilgerichte können - falls sie ihr Verfahren nicht unterbrechen, um die Entscheidung des OPM abzuwarten - die Beurteilung der Rechtsbeständigkeit ihrer Entscheidung zu Grunde legen. Wird aber die Gültigkeit und Wirksamkeit eines Patentes vom OPM anders als vom Gericht beurteilt, so kann darauf eine Wiederaufnahmsklage gestützt werden (vgl §156 PatentG). Im Ergebnis werden damit einander widersprechende Entscheidungen des OGH und des OPM vermieden.
Schon aus diesem Grund kann die Denkunmöglichkeit der Begründung eines Erkenntnisses des OPM nicht darauf gestützt werden, dass der OGH - noch dazu in einem Provisorialverfahren - zu einer anderen Beurteilung gekommen ist. Kommt es vorläufig zu unterschiedlichen Beurteilungen der Rechtsbeständigkeit eines Patentes, so ist es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, im Rahmen der ihm übertragenen Kompetenz zur Wahrung der Grundrechte zu untersuchen, welche der beiden Beurteilungen die besseren Argumente für sich hat.
Die belangte Behörde hat sich auch ausführlich und in nachvollziehbarer Weise mit dem Antragsvorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, hat Argumente und Gegenargumente einander gegenübergestellt und ihre Entscheidung ausführlich begründet.
Gemäß ArtIV Patentrechts-Nov 1984 werden - soweit und solange der von Österreich erklärte Vorbehalt zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) wirksam ist - Patente ua für Arzneimittel als solche nicht erteilt, es sei denn, die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung oder Verwendung eines Arzneimittels.
Die Auslegung, wonach der Vorbehalt auch für Patente gilt, die zwar erst nach dem 07.10.87 erteilt, jedoch während der Wirksamkeitsdauer des Vorbehalts angemeldet wurden, ist nicht denkunmöglich (vgl VfSlg 12518/1990).
Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit.
Schlagworte
Patentrecht, Anwendbarkeit Vorbehalt, Behördenzuständigkeit, StaatsverträgeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B119.2006Dokumentnummer
JFR_09939393_06B00119_01