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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung von als Rechtsverordnung einzustufenden Teilen des Transsexuellen-Erlasses mangels gehöriger Kundmachung im Bundesgesetzblatt; keine gesetzliche Grundlage der Beschränkung der Zulässigkeit eines Randvermerks über die Änderung des Geschlechts im Geburtenbuch auf unverheiratete PersonenRechtssatz
Aufhebung des Punkt 2 und Punkt 3 des Erlasses des Bundesministers für Inneres vom 27.11.96, Z36.250/66-IV/4/96, über die personenstandsrechtliche Stellung Transsexueller ("Transsexuellen-Erlass").
Verbindliche und maßgebliche Wirkung des in Prüfung gezogenen Erlasses.
Es handelt sich also bei dem in Prüfung Gezogenen um eine Rechtsverordnung, die im Bundesgesetzblatt kundgemacht hätte werden müssen (§2 Abs1 litf BGBlG). Sie ist mangels gehöriger Kundmachung als gesetzwidrig aufzuheben.
Es entbehrt aber auch ihr Inhalt in Punkt 2.4, wonach ein Randvermerk über die Änderung des Geschlechts im Geburtenbuch nur dann eingetragen werden darf, wenn der Antragsteller oder die Antragstellerin nicht verheiratet ist, einer gesetzlichen Grundlage. Das PersonenstandsG trifft für den Fall der Änderung des Geschlechts keine besondere Regelung. Wohl behält §44 ABGB den Ehevertrag zwei Personen verschiedenen Geschlechts vor. Es ist aber nicht erfindlich, warum die Änderung des Geschlechts einer Person, durch welche die Beurkundung im Personenstandsbuch unrichtig wird (weil §16 PersonenstandsG auf nachträgliche Unrichtigkeit durch spätere Änderung der beurkundeten Tatsache abstellt), nur dann zu einer Änderung der Beurkundung führen soll, wenn diese Person nicht verheiratet ist. Die Beurkundung des Geschlechts einer Person kann nicht durch den Bestand einer Ehe gehindert werden. Ob umgekehrt die durch eine Änderung des Geschlechts eintretende Gleichgeschlechtlichkeit bisheriger Ehepartner am Fortbestand der Ehe etwas ändert oder deren Auflösung herbeiführt, erzwingt oder ermöglicht, hat jedenfalls nicht die mit der Änderung der Eintragung im Geburtenbuch befasste Personenstandsbehörde zu beurteilen.
Kein Eingehen auf die behauptete Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben iSd Art8 EMRK bei diesem Ergebnis.
Während die erzählenden Teile (Punkt 1) und das Gebot der Vorlage von Anträgen nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens (Punkt 4) nicht als Rechtsverordnungen qualifiziert werden können, haftet auch dem mit der Namensänderung wegen Änderung des Geschlechts befassten Punkt 3 der Mangel der fehlerhaften Kundmachung an (vgl zum bloß teilweisen Charakter als Rechtsverordnung die Erkenntnisse V102/05 vom 28.02.06 und V105/05 vom 15.03.06).
Anlassfall: E v 21.06.06, B947/05 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides; Quasi-Anlassfall: E v 21.06.06, B525/05, betreffend die Abweisung des Antrags auf Namensänderung mangels Änderung der Eintragung des Geschlechts im Geburtenbuch.
Schlagworte
Personenstandswesen, Transsexualität, Homosexualität, Zivilrecht, Eherecht, Namensrecht, RechtsV, VerwaltungsV, Verordnungsbegriff, Verordnung, Kundmachung, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:V4.2006Dokumentnummer
JFR_09939392_06V00004_01