RS Vfgh 2006/6/12 B260/05

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Veröffentlicht am 12.06.2006
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
AVG §39 Abs2, §40 ff
Nö GVG 1989 §3 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem unparteiischen Tribunal bei Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs wegen Widerspruchs zum Interesse an der Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes

Rechtssatz

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt.

Das Nö GVG 1989 enthält zwar keine Bestimmungen bezüglich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wohl aber das nach ArtII Abs2 Z17 EGVG im grundverkehrsbehördlichen Verfahren anzuwendende AVG (vgl §39 Abs2, §40 ff AVG).

Die Grundverkehrs-Landeskommission gründete ihre Entscheidung im Kern auf ihre Prognoseentscheidung, wonach einem Rechtserwerb des Grundstücks durch den Interessenten gegenüber jenem durch die Beschwerdeführerin der Vorzug zu geben sei, weil mit dem Rechtserwerb des Interessenten dem - gegenüber dem Interesse an der Erhaltung bzw Stärkung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes überwiegenden - Interesse an der Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes iSd §3 Abs1 Nö GVG 1989 entsprochen werden würde.

Indem aber die Grundverkehrs-Landeskommission im angefochtenen Bescheid ausgesprochen hat, dass dem Rechtserwerb durch den Interessenten Stärkungseffekte für einen leistungsfähigen Bauernstand beigemessen werden, hat sie bereits ein mögliches Ergebnis einer etwaigen Erörterung des Verhandlungsgegenstandes vorweggenommen. Die mündliche Verhandlung soll nämlich dazu dienen, den Prozessstoff hinsichtlich des Sachverhaltes als auch der Rechtsfragen zu sammeln und mit den Parteien zu erörtern, um dann die Entscheidung treffen zu können.

Die Grundverkehrs-Landeskommission konnte somit nicht von einem ohnehin unstrittigen und nicht weiter erörterungsbedürftigen Sachverhalt ausgehen, der nur noch die Beantwortung einfacher Rechtsfragen offen ließ.

Da sie es unterlassen hat, eine (volks)öffentliche Verhandlung durchzuführen, liegt eine Verletzung des Art6 Abs1 EMRK vor.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Verhandlung mündliche, Öffentlichkeitsprinzip

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B260.2005

Dokumentnummer

JFR_09939388_05B00260_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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