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10 VerfassungsrechtNorm
EMRK Art11 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung der Versammlungsfreiheit durch Untersagung eines zur Justizanstalt Stein führenden Demonstrationszuges gegen den Tod eines Häftlings in dieser Strafanstalt unter Mitführung ua von Trommeln und Musikinstrumenten; gerechtfertigte Befürchtung von Ausschreitungen innerhalb der JustizanstaltRechtssatz
Kein Recht der Behörde, Versammlungsanzeige von sich aus zu ändern oder zu modifizieren; Untersagung der Versammlung bereits bei Gefährdung eines der in Art11 Abs1 EMRK genannten Schutzgüter durch bloß eine Modalität der angezeigten Versammlung geboten.
Kontaktnahme mit Beschwerdeführer zwecks Änderung der Anzeige nicht gelungen.
Eine bloß allgemeine Befürchtung, es werde möglicherweise zu "Unruhe und aufruhrähnlichen Situationen" innerhalb der Justizanstalt und damit zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder des öffentlichen Wohles (durch die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Anrainer bzw Besucher in diesem Bereich) kommen, reicht für sich alleine betrachtet noch nicht aus, um die Untersagung jedweder Versammlung zu rechtfertigen.
Im vorliegenden Fall hat die Behörde ihrer Annahme, dass mit Ausschreitungen innerhalb der Justizanstalt zu rechnen sei, sowohl die umfassende Stellungnahme der Justizanstalt Stein (in der auch auf konkrete Hinweise hinsichtlich geplanter Tumulte und auf gegen Justizwachebeamte gerichtete Drohungen von Insassen Bezug genommen wird) als auch zahlreiche Zeitungsberichte über die Situation in der Justizanstalt Stein (ua während der Durchführung vergleichbarer Versammlungen) zugrunde gelegt. Sie hat sich zudem insbesondere auf konkrete Ereignisse in der Justizanstalt bezogen, im Zuge derer es zu großer Lärmentwicklung (aufgrund von Schlägen gegen die Haftraumtüren und Zellengitter sowie aus Haftraumfenstern schreienden Insassen), zahlreichen Selbstverletzungen von Insassen, Suizidversuchen, Tätlichkeiten zwischen den Insassen, tätlichen Angriffen auf das Wachpersonal bis hin zu Brandanschlägen in Hafträumen gekommen war. Schließlich waren diese Informationen einerseits und das Thema der geplanten Versammlung andererseits nach Abwägung aller berührten Interessen durchaus geeignet, die Annahme zu begründen, dass die Abhaltung der Versammlung - in der angezeigten Form - die öffentliche Sicherheit gefährden könnte.
Keine Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof.
Kein Kostenzuspruch an die belangte Behörde, da Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes iSd §48 Abs2 VwGG vor dem VfGH nicht vorgesehen.
Schlagworte
Versammlungsrecht, VfGH / Abtretung, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B578.2005Dokumentnummer
JFR_09939380_05B00578_01