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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit EUR 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Berufungsbescheid vom 28. Juni 2004 schrieb der Gemeindevorstand der Gemeinde Patsch dem Beschwerdeführer für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf einem im Gemeindegebiet gelegenen Grundstück auf Grund der Kanalgebührenordnung dieser Gemeinde eine Kanalanschlussgebühr in Höhe von EUR 9.150,40 vor.
Mit Bescheid vom 3. November 2004 gab die Tiroler Landesregierung der dagegen erhobenen Vorstellung Folge; der Bescheid des Gemeindevorstandes wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese Gemeindebehörde verwiesen. Begründend heißt es dazu, die nach §4 der Kanalgebührenordnung als Bemessungsgrundlage der Anschlussgebühr dienende Baumasse sei (entgegen der Rechtsauffassung der Gemeindebehörde) nicht in sinngemäßer Anwendung des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes, sondern nach der (im Zeitpunkt der Erlassung der Kanalgebührenordnung noch in Kraft stehenden) Bestimmung des §20 der Tiroler Bauordnung (idF LGBl. Nr. 33/1989) zu ermitteln; überdies sei die Gemeindebehörde ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht gerecht geworden.
2. Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde; darin behauptet der Beschwerdeführer, in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§16 Abs3 Z4 FAG 2001) sowie einer gesetzwidrigen Verordnung (nämlich der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Patsch vom 7. November 1991) verletzt zu sein, und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Für den Fall der Abweisung der Beschwerde (oder der Ablehnung ihrer Behandlung) wird beantragt, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift; darin verteidigt sie den angefochtenen Bescheid und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Patsch entstanden, weshalb er am 7. Juni 2005 beschlossen hat, diese Verordnung (hinsichtlich einer Wortfolge in §2 Abs2) von Amts wegen einem Normenprüfungsverfahren zu unterziehen.
4. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V77/05, hat der Verfassungsgerichtshof die Kanalgebührenordnung der Gemeinde Patsch mangels der vorgeschriebenen Kundmachung (durch Anschlag ihres vollständigen Textes an der Amtstafel der Gemeinde) zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.
5. Die belangte Behörde hat somit bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine als gesetzwidrig erkannte Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass die Anwendung dieser Verordnung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.954/1986).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Der zuerkannte Betrag enthält Umsatzsteuer von EUR 360,-- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) von EUR 180,--.
7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B1594.2004Dokumentnummer
JFT_09948786_04B01594_00