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27 RechtspflegeNorm
StGG Art5Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen standeswidrigen Verhaltens in seinem Privatleben als Mieter einer Wohnung; keine Verletzung des Klarheitsgebotes, keine Willkür, keine Verletzung der Verfahrensgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention, kein Ermessensmissbrauch bei der StrafbemessungRechtssatz
Die Verurteilung des Beschwerdeführers stützt sich auf §10 Abs2 RAO und auf §3 RL-BA. Die belangte Behörde hat sich bei der Beurteilung des Sachverhaltes im Rahmen dessen gehalten, was bei vernünftiger Interpretation der Begriffe "Ehre und Ansehen des Standes" für den Beschwerdeführer erkennbar sein musste, nämlich, dass er sich durch sein Verhalten einer Bestrafung aussetzt. Ein Rechtsanwalt unterliegt nämlich inner- und außerhalb seines Berufes den Standesvorschriften (VfSlg 5129/1965). Der Beruf des Rechtsanwaltes steht im Blickfeld der Öffentlichkeit und soll daher ein besonderes Vertrauen rechtfertigen. Wenn der Beschwerdeführer - wie im vorliegenden Fall - trotz Rechtskraft der im Verfahren vor dem Bezirksgericht Döbling festgestellten Verpflichtung, den im Bestandobjekt gehaltenen Hund zu entfernen und künftig dort die Hundehaltung zu unterlassen, gegen dieses Verbot verstößt, sodass ein Exekutionsverfahren eingeleitet werden musste, hat sich der Beschwerdeführer nicht nur als nicht gesetzestreuer Bürger (vgl den Wortlaut seines Gelöbnisses vor der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, §7 RAO) gezeigt, sondern auch einer Gerichtsentscheidung zuwider gehandelt. Der belangten Behörde kann aus verfassungsrechtlicher Sicht daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass ein Rechtsanwalt sein gegebenes Wort einzuhalten und übernommene Verbindlichkeiten oder Verpflichtungen - auch in seinem Privatleben - zu erfüllen hat.
Kein Verstoß daher gegen das Klarheitsgebot des Art7 EMRK.
Keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren iSd Art6 Abs1 EMRK; kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung iSd §51 Abs1 DSt 1990.
Der belangten Behörde kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer von dem ihm gemäß §51 Abs1 DSt 1990 zustehenden Recht keinen Gebrauch gemacht hat. Hinzu tritt, dass der Beschwerdeführer selbst Rechtsanwalt ist und davon ausgegangen werden kann, dass ihm die maßgeblichen Rechtsvorschriften bekannt sind. Die Nichtbeantragung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung kann als konkludenter Verzicht gewertet werden (VfSlg 17440/2005).
Keine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit des Art6 Abs3 litd EMRK durch Nichteinvernahme eines beantragten Zeugen (siehe hiezu auch die zitierte Rechtsprechung des EGMR).
Keine Willkür, ausreichendes Ermittlungsverfahren.
Keine Verletzung im Eigentumsrecht bei der Strafbemessung der Höhe der Geldbuße, keine verfassungswidrige Ausübung des (Auswahl-)Ermessens bei Festsetzung der Strafe iSd §16 Abs6 DSt 1990.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht, fair trial, Verhandlung mündlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B992.2006Dokumentnummer
JFR_09939074_06B00992_01