RS Vfgh 2006/9/29 B3551/05

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Veröffentlicht am 29.09.2006
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Index

32 Steuerrecht
32/06 Verkehrsteuern

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
ErbStG 1955 §15 Abs1 Z17, §15a Abs5

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhalts bei Nacherhebung von Erbschaftssteuer wegen Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Zuge eines Erbübereinkommens; Nacherhebung in diesem Fall nach dem Zweck der Begünstigung sachlich nicht gerechtfertigt; verfassungskonforme Auslegung im Sinne eines Ausschlusses von Vermögenszuteilungen zur Ermöglichung der Weiterführung eines Betriebs von der Nacherhebung geboten

Rechtssatz

Wenn beim Erben die Bemessungsgrundlage in der Weise ermittelt wird, dass - ohne Rücksicht auf ein nachfolgendes Erbteilungsübereinkommen - nach Abzug der Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten oder Legaten - unter Berücksichtigung der Steuerfreiheit des im Nachlass vorhandenen endbesteuerten Vermögens der Erbanfall nach Quoten von den solcherart verbleibenden Nachlassaktiva berechnet wird, ist dies eine denkmögliche Vorgangsweise, gegen die auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 15428/1999 und Folgejudikatur) keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, solange die Endbesteuerungswirkung nicht verloren geht.

Verfassungswidrige Auslegung des Nacherhebungstatbestandes des §15a Abs5 ErbStG 1955.

Es ist offenkundiger Zweck des §15a ErbStG 1955, die Übergabe von Betrieben (gleichgültig, ob diese in Form eines einzelkaufmännischen Unternehmens oder einer Personen- oder Kapitalgesellschaft geführt werden) im Interesse der Substanzerhaltung und der Sicherung von Arbeitsplätzen zu erleichtern. Vor dem Hintergrund des - an sich sachlichen - Zweckes der Begünstigung ist die Bestimmung des Abs5 leg cit auszulegen, der zufolge es zu einer Nacherhebung der Steuer kommt, wenn eine (Weiter)Übertragung bzw betriebsfremde Verwendung des erworbenen Vermögens innerhalb von 5 Jahren derart erfolgt, dass die Fortführung des Betriebes durch die vom Freibetrag begünstigten Personen gerade nicht mehr gesichert erscheint. Während ein die Unternehmensfortführung wahrender Übergang im Fall der Schenkung jedenfalls ein einstufiger Vorgang ist, kann dasselbe Ergebnis beim Erwerb von Todes wegen bei Fehlen einer testamentarischen Verfügung zwangsläufig nur durch Zuteilung des Unternehmens im Rahmen der Erbauseinandersetzung (zivilrechtlich gesehen also durch einen zweiaktigen Vorgang) erreicht werden. Aus dem Zweck der Begünstigung folgt aber dann, dass eine "Übertragung", die die Unternehmenserhaltung durch den oder die begünstigten Erwerber nicht nur nicht gefährdet, sondern sich auf eine Aufteilung des Nachlasses zwischen diesen Erwerbern reduziert und die Erhaltung des Unternehmens(teils) sogar typischerweise sichert, sachlicher Weise nicht zu einer Nacherhebung der Steuer (oder einer Versagung des Freibetrags) führen darf.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Erbschafts- und Schenkungssteuer, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B3551.2005

Dokumentnummer

JFR_09939071_05B03551_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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