Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art137 / sonstige KlagenLeitsatz
Abweisung einer Staatshaftungsklage; kein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Mitgliedschaft in einer Agrargemeinschaft; Annahme einer gerechtfertigten Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch eine Satzungsbestimmung über die erforderliche räumliche Nahebeziehung des landwirtschaftlichen Betriebes des Erwerbers oder des Wohnsitzes des verwandten Erben zur agrargemeinschaftlichen Liegenschaft nicht offenkundig gemeinschaftsrechtswidrigRechtssatz
Das Abstellen auf benachbarte Gerichtsbezirke nicht nur in bezug auf die Lage des landwirtschaftlichen Betriebes sondern auch in Ansehung des Wohnsitzes nicht in der Landwirtschaft tätiger erbberechtigter Verwandter soll Auseinandersetzungen und Untersuchungen über Entfernungen, Fahrzeiten oder den Grad der Beteiligung an der Verwaltung der Agrargemeinschaft im Einzelfall gerade vermeiden oder doch hintanhalten.
Es ist nicht nur keine Verletzung von Gemeinschaftsrecht, wenn der Gesetzgeber die in Rede stehenden Gebilde ihrem Zweck entsprechend als Agrargemeinschaft unter der Aufsicht der Agrarbehörde organisiert. Es liegt auch keine offenkundige Verletzung darin, dass der Verwaltungsgerichtshof es nicht als unverhältnismäßige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs wertet, wenn die Mitglieder einer solchen Agrargemeinschaft zur Erleichterung der gemeinsamen Bewirtschaftung der im gemeinsamen Eigentum stehenden, agrarischen Bedürfnissen dienenden Grundstücke in der von ihnen selbst beschlossenen Satzung - den seit jeher bestandenen Bindungen entsprechend - eine den gemeinsamen Aktivitäten günstige, der notwendigen (auch informellen) Kommunikation der Mitglieder dienliche und die Gemeinsamkeit der Interessen fördernde gewisse - zugleich aber ohne besonderes Verfahren leicht feststellbare - räumliche Nähe des Betriebes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Mitgliedes verlangen. Es ist ein legitimes Interesse des Staates und der betroffenen Miteigentümer, die den sachlichen und örtlichen Gegebenheiten angepassten landwirtschaftlichen Besitzstrukturen zu bewahren und unerwünschten Entwicklungen entgegenzuwirken.
Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass diese Interessen die in Rede stehende Beschränkung des Verkehrs mit Anteilen an einer solchen Gemeinschaft rechtfertigen, ist jedenfalls kein offenkundiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht.
Was die Qualität des Obersten Agrarsenates als Tribunal und die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof betrifft, entspricht das Vorgehen des Verwaltungsgerichtshofs der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs. Von offenkundiger Gemeinschaftsrechtsverletzung kann dabei nicht die Rede sein.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Staatshaftung, EU-Recht, Bodenreform, Flurverfassung, Agrarbehörden, Agrarverfahren, Verhandlung mündlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:A27.2005Dokumentnummer
JFR_09938998_05A00027_2_01