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72 Wissenschaft, HochschulenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Abweisung eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998 (HSG) über die Wahl der Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter in die Bundesvertretung der ÖH; keine Unbestimmtheit des Begriffes "Studierende [an einer Universität oder Akademie]"; kein Verstoß des für dieses Selbstverwaltungsorgan vorgesehenen indirekten Wahlsystems gegen das demokratische Prinzip und den Gleichheitsgrundsatz; keine Unsachlichkeit des Bestellungsmodus; Aufhebung der Regelung über die aus Vertretern von Kleinst-Universitäten gebildete Wahlgemeinschaft wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot mangels näherer Determinierung des Bestellungsmodus der von der Wahlgemeinschaft in die Bundesvertretung zu wählenden StudierendenvertreterInnenRechtssatz
Zulässigkeit eines Drittelantrags von Abgeordneten, eingebracht von mehr als einem Drittel der Mitglieder des Nationalrates.
§35a Abs3 HSG ist nicht derart unbestimmt, dass die Bestimmung dem Determinierungsgebot iSd Art18 B-VG widerspräche.
Zur Ermittlung des Inhaltes des Begriffes "Studierende [an einer Universität oder Akademie]" iSd §35a Abs3 HSG sind all jene Rechtsvorschriften heranzuziehen, die die Zugehörigkeit von Studierenden zu diesen Bildungseinrichtungen regeln (s dazu etwa die - ausdrückliche - Verweisung in §9 Abs1 HSG auf §51 Abs2 Z15 und Z22 UniversitätsG 2002 oder hinsichtlich der Studierenden an Akademien §20a HSG iVm §25 Akademien-StudienG 1999).
Die unterschiedliche Deutung dieses Begriffes durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur als verordnungserlassende Behörde indiziert für sich allein noch nicht, dass §35a Abs3 HSG diesbezüglich in verfassungswidriger Weise unbestimmt wäre.
Dem Gesetzgeber kommt in der Frage, "in welcher Weise die demokratische Legitimation jener Selbstverwaltungsorgane, denen [- wovon hier auszugehen ist -] 'entscheidungswichtige Aufgaben' übertragen sind, sichergestellt werden kann, ... ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu" (vgl va VfSlg 17023/2003 mwH). Insoferne bestehen gegen die durch die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehene indirekte Organbestellung als solche weder unter dem Aspekt des demokratischen Prinzips noch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz verfassungsrechtliche Bedenken.
Dagegen, dass sich die Zahl der von einer Universitäts- oder Akademievertretung zu bestellenden Studierendenvertreter in der Bundesvertretung grundsätzlich nach der Zahl der an der jeweiligen Bildungseinrichtung Studierenden bestimmt, ist mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot nichts einzuwenden.
Abweichungen von einer exakt proportionalen Verteilung der Mandate in der Bundesvertretung sind zum einen darauf zurückzuführen, dass jeder Bildungseinrichtung, der mehr als 1000 Studierende angehören, mindestens ein Mandat in der Bundesvertretung zukommen soll. Insofern, also unter dem Aspekt der Repräsentation möglichst vieler der in Betracht kommenden Bildungseinrichtungen in der Bundesvertretung, sind aber die angefochtenen Regelungen sachlich gerechtfertigt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass eine exakt proportionale Verteilung der Mandate in der Bundesvertretung nur dann gewährleistet werden könnte, wenn die für ein Mandat in der Bundesvertretung maßgebliche Zahl von Studierenden an der jeweiligen Bildungseinrichtung deutlich geringer wäre als die in §35a Abs3 vorgesehene (5000), was wiederum zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Mandate in der Bundesvertretung führte. Angesichts dessen eine Regelung vorzusehen, die Bildungseinrichtungen mit vergleichsweise geringerer, 1000 jedoch übersteigender Zahl von Studierenden gegenüber Bildungseinrichtungen "begünstigt", die eine vergleichsweise größere Zahl von Studierenden aufweisen, ist nicht unsachlich.
Wenn es dem Gesetzgeber grundsätzlich freisteht, die Bestellung eines Selbstverwaltungsorgans durch indirekte Wahl vorzusehen, so ist es auch nicht unsachlich, wenn auf Grund der bekämpften Regelung, anders als nach der Vorläuferregelung, die eine direkte Wahl der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft durch die Studierenden vorsah, für den einzelnen wahlberechtigten Studierenden ein - bezogen auf die Ebene der jeweiligen Bildungseinrichtung einerseits und auf jene der Österreichischen Hochschülerschaft, also auf Bundesebene, anderseits - unterschiedliches Stimmverhalten nicht (mehr) in Betracht kommt.
Die unterschiedlichen Regelungen der Art und Weise der Bestellung der Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter in der Bundesvertretung, je nach dem, ob diese Bestellung der Universitätsvertretung, der Akademievertretung, der Wahlgemeinschaft oder einem Listenverband obliegt, lassen sich mit der jeweiligen Besonderheit der Bestellung der Universitäts- sowie Akademievertretungen bzw der Einrichtung der Wahlgemeinschaft und der Bildung eines Listenverbandes rechtfertigen.
Anwendung des d'Hondt'schen Verfahrens vorgesehen.
Auch wenn es zuträfe, dass sich in jenen Fällen, in denen eine Universitätsvertretung bloß eine einzige Studierendenvertreterin oder einen einzigen Studierendenvertreter in der Bundesvertretung zu bestellen hat, das "in §35a HSG festgelegte Verhältniswahlsystem tatsächlich in ein Mehrheitswahlsystem verwandelt", wäre die Regelung deshalb nicht gleichheitswidrig. Es würde nämlich auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, für Fälle, in denen zwei oder mehrere Mandate zu vergeben sind, die Verhältniswahl vorzusehen, im Fall bloß eines zu vergebenden Mandates aber zu bestimmen, dass dieses jener wahlwerbenden Gruppe zufällt, die die relative Mehrheit an Stimmen erreicht hat.
Die studienrechtlichen Vorschriften ermöglichen es, an mehreren Universitäten zum Studium zugelassen zu werden. Wenn, daran anknüpfend, die Regelungen des HSG betreffend die Zahl der von den Studierendenvertretungen an den einzelnen Universitäten zu bestellenden Vertreterinnen oder Vertreter in der Bundesvertretung auf die Zahl der an der jeweiligen Universität zum Studium zugelassenen Studierenden abstellen, die ihrerseits diese Studierendenvertretungen an den einzelnen Universitäten bestellen, so ist dies nicht unsachlich.
Aufhebung des §35a Abs4 Hochschülerinnen- und HochschülerschaftsG 1998 (HSG), BGBl I 22/1999 idF BGBl I 1/2005, betreffend die aus Vertretern von Kleinst-Universitäten (Bildungseinrichtungen mit unter 1000 Studierenden) gebildete Wahlgemeinschaft wegen Verstoßes gegen das aus Art18 B-VG abzuleitende Determinierungsgebot; keine Regelungen darüber, ob die Wahl nach dem Verhältniswahlrecht, dem Mehrheitswahlrecht, der Persönlichkeitswahl oder per Akklamation zu erfolgen hat.
Aus §35a Abs7 HSG ist für die nähere Determinierung des Bestellungsmodus der von der Wahlgemeinschaft in die Bundesvertretung zu wählenden Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter nichts zu gewinnen. Das Tatbestandselement: "Wahlverfahren gemäß den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts" in §35a Abs7 HSG kann sich nämlich von vornherein nur auf jene Regelungen des §35a HSG beziehen, die für die Bestellung von Mandataren in der Bundesvertretung diesen Wahlmodus vorschreiben. Dies trifft aber nur auf §35a Abs1 HSG für die Wahl der Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter in die Bundesvertretung durch die Universitätsvertretung zu.
Schlagworte
Hochschülerschaft, Hochschulen Organisation, Wahlen, Selbstverwaltung, Körperschaften öffentlichen Rechts, Determinierungsgebot, Auslegung systematische, demokratisches Grundprinzip, VerhältniswahlEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G96.2005Dokumentnummer
JFR_09938996_05G00096_01