Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit € 2.142,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kufstein erteilte der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 30. Oktober 2002 die Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage mit Tiefgarage auf dem Grundstück Nr. 738/6, KG Kufstein und wies die Einwendungen der Nachbarn als unbegründet ab bzw. verwies sie auf den Zivilrechtsweg. Der Stadtrat der Stadtgemeinde Kufstein wies die dagegen vom nunmehr beschwerdeführenden Nachbarn, der sich insbesondere gegen den Bebauungsplan wendete, erhobene Berufung mit Bescheid vom 29. Jänner 2003 ab. Die Tiroler Landesregierung gab der Vorstellung mit Bescheid vom 19. Mai 2003 keine Folge. Sie verwies darauf, dass der "allgemeine und ergänzende Bebauungsplan" in der Zeit vom 28. Februar 2002 bis 2. April 2002 ordnungsgemäß kundgemacht worden und sie an eine ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung gebunden sei.
2. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung ("ergänzender Bebauungsplan") behauptet.
3. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Im Falle der Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes käme §55 TROG 2001 (Ausnahmen von der Verpflichtung zur Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans) zur Anwendung. Es sei zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs2 ein positives Gutachten eines bautechnischen Amtssachverständigen eingeholt worden.
4. Die Stadtgemeinde Kufstein erstattete eine Äußerung, in der sie behauptet, dass davon auszugehen sei, dass der "ergänzende Bebauungsplan" noch nicht in Kraft getreten sei. Eine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes des Beschwerdeführers könne daher nicht vorliegen.
5. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
6. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens beschloss der Verfassungsgerichtshof am 10. Juni 2005, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Kufstein, mit der ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan erlassen wurde, Beschluss des Gemeinderates vom 29. Mai 2002, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 5. Juni 2002 bis 19. Juni 2002, von Amts wegen zu prüfen.
7. Mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, V67/05, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben.
II. 1. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- sowie eine Eingabegebühr in der Höhe von € 180,- enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B927.2003Dokumentnummer
JFT_09948785_03B00927_00