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60 ArbeitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit des Kinderbetreuungsgeldgesetzes hinsichtlich des Verlustes des Kinderbetreuungsgeldes für das erste Kind mit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind; keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers zur Berücksichtigung des Grades der Belastung durch die Kinderbetreuung bzw der Vermögens- und Einkommenslage der Eltern, auch nicht angesichts der Bevorzugung von MehrlingsgeburtenRechtssatz
Präjudiziell ist für den antragstellenden OGH mangels Vorliegens einer Mehrlingsgeburt nur §5 Abs5 KinderbetreuungsgeldG. Dass durch die Aufhebung einer Bestimmung als gleichheitswidrig allenfalls eine Gleichheitswidrigkeit an anderer Stelle herbeigeführt wird - wie die Bundesregierung anscheinend im Verhältnis der Regelung für Mehrlingsgeburten zur Lage nach Aufhebung des §5 Abs5 annimmt - wäre kein Prozesshindernis.
Abweisung des Antrags des OGH auf Aufhebung des §5 Abs5 KinderbetreuungsgeldG (KBGG), BGBl I 103/2001.
Dass Kinderbetreuung in einem von der Zahl der gleichzeitig zu betreuenden Kinder und sonstigen Verhältnissen und Umständen unabhängigen Pauschalbetrag gefördert wird, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Lage kinderbetreuender Eltern kann aus den verschiedensten Blickwinkeln unterschiedlich sein. Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber weder auf den Grad der Belastung durch die Kinderbetreuung abzustellen, noch etwa dazu, auf die Vermögens- und Einkommenslage der Eltern Bedacht zu nehmen.
Das Gesetz gewordene Konzept des Kinderbetreuungsgeldes berücksichtigt die Mehrbelastung für weitere Kinder nur dadurch, dass das Betreuungsgeld so lange gebührt, als Kinder unter drei Jahren zu betreuen sind. Auch wenn der Umstand, dass sowohl die Betreuungsleistung wie auch die mit der Betreuung verbundene finanzielle Belastung mit der Zahl der gleichzeitig zu betreuenden Kinder steigt, entsprechend der erklärten Zielsetzung der Materialien eine Berücksichtigung der Kinderzahl rechtfertigen, ja nahe legen würde, lässt sich daraus kein Maßstab für die Sachlichkeit des Gesetzes gewinnen. Dass die rechtspolitischen Überlegungen des Gesetzgebers mit der Betreuungsleistung und der finanziellen Belastung auf quantifizierbare Größen Bezug nehmen, verpflichtet ihn nämlich nicht, die Höhe der Leistung im Einzelfall oder für bestimmte Fallgruppen nach Maßgabe der Verhältnisse unterschiedlich zu bemessen. Die Motive des Gesetzgebers sind für sich allein kein Maßstab für die Sachlichkeit des Gesetzes.
Was die Bevorzugung der Mehrlingsgeburten durch §3a KBGG betrifft, ist dem Verfassungsgerichtshof die besondere Lage der Eltern von Mehrlingen offenkundig. Dazu kommt, dass die besondere Behandlung von Mehrlingsgeburten auch dem Umstand Rechnung trägt, dass die durch sie eintretende Mehrbelastung nicht einmal - wie sonst - durch eine längere Bezugsdauer ausgeglichen würde. Die Bedachtnahme auf diese besondere Art der Belastung zwingt den Gesetzgeber nicht, auch die höhere Belastung durch mehrere aufeinander folgende Kinder allgemein - über die längere Bezugsdauer hinaus - zu berücksichtigen.
(Zurückweisung von Anträgen des OLG Graz wegen entschiedener Sache mit B v 27.11.06, G55/06 ua).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Kinderbetreuungsgeld, VfGH / Präjudizialität, RechtspolitikEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G43.2006Dokumentnummer
JFR_09938996_06G00043_01