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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung von Ehegatten und Lebensgefährten bei der Einordnung in Steuerklassen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer; sachliche Rechtfertigung des Anknüpfens an formale familienrechtliche Kategorien und des Verzichts auf eine Gleichbehandlung von Vermögenstransfers zwischen den Partnern nicht formalisierter Gemeinschaften und solchen zwischen Ehegatten im ErbschaftssteuerrechtRechtssatz
Keine Bedenken gegen §7 ErbStG 1955 (siehe bereits VfSlg 10064/1984).
Wenn der Gesetzgeber bei der Tarifgestaltung der Erbschaftssteuer Ehegatten in die Steuerklasse I einordnet, Partner einer Lebensgemeinschaft hingegen in diesem Zusammenhang nicht explizit erwähnt (so dass sie in die Steuerklasse V fallen), so berücksichtigt er damit in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die nach wie vor vielfältigen Unterschiede, die zwischen diesen beiden Formen der Partnerschaft bestehen. Das Eingehen einer Ehe begründet eine umfassende eheliche Lebensgemeinschaft, die nur unter besonderen Voraussetzungen wieder aufgelöst werden kann, und zieht eine Reihe von persönlichen Rechtswirkungen nach sich. Die Partner einer Ehe treffen insbesondere verschiedene Verpflichtungen, denen jeweils Rechtsansprüche des anderen Partners korrespondieren (§90, §94 ff ABGB). Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind derartigen Pflichten nach der derzeitigen Rechtslage nicht unterworfen; insbesondere sind sie einander nicht zu Unterhaltsleistungen verpflichtet; es steht ihnen überdies frei, die Gemeinschaft jederzeit aufzulösen (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13, 2006, S 446).
Auch erbrechtliche Konsequenzen (in Form eines gesetzlichen Erbrechtes) werden vom bürgerlichen Recht nur mit der Ehe, nicht mit anderen Formen der Partnerschaft verknüpft (§757 ABGB). Überhaupt spiegeln die Steuerklassen des §7 ErbStG weitgehend die Grundsätze der zivilrechtlichen Erbfolge wider (vgl auch Meincke, ErbStG14, 2004, §15, Rz 2).
Anknüpfung des Gesetzgebers an formale Kriterien des Familienstandes, der Verwandtschaft und Schwägerschaft, Außerachtlassung der im Einzelfall gegebenen persönlichen Beziehung zwischen den Beteiligten.
Der Gerichtshof übersieht dabei weder, dass nichteheliche Lebensgemeinschaften in verschiedenen Formen im Vordringen begriffen sind, noch, dass der Gesetzgeber in bestimmten Belangen (so etwa auch in §15 Abs1 Z16 ErbStG) heute auf diese Gemeinschaften Bedacht nimmt. Derartiges ist ihm von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht verwehrt. Es mag auch sein, dass in Teilbereichen der Rechtsordnung eine Differenzierung zwischen der Ehe und nichtehelichen Partnerschaften sachlich nicht (mehr) zu rechtfertigen ist.
Sachliche Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von Vermögenstransfers im Erbschaftssteuerrecht aber nach wie vor gegeben, trotz zunehmender Bedeutung nichtehelicher Lebensgemeinschaften.
Schlagworte
Erbschafts- und Schenkungssteuer, Ehe und Verwandtschaft, Lebensgemeinschaft, ErbrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B771.2006Dokumentnummer
JFR_09938988_06B00771_01