Index
41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art140 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Zurückweisung der Anträge Unabhängiger Verwaltungssenate auf Aufhebung der Legaldefinition des Begriffes "begünstigter Drittstaatsangehöriger" im Fremdenpolizeigesetz 2005 mangels Präjudizialität; Beurteilung der Zuständigkeit der antragstellenden Unabhängigen Verwaltungssenate ausschließlich aufgrund einer Verfassungsbestimmung des Fremdenpolizeigesetzes über die Zuständigkeit von Unabhängigen Verwaltungssenaten einerseits und Sicherheitsdirektionen andererseits zur Entscheidung über Berufungen; keine Ausweitung einer verfassungsgesetzlichen Zuständigkeitsregelung durch den einfachen Gesetzgeber, auch nicht - wie hier - bei Vorliegen eines GesetzesvorbehaltsRechtssatz
Zurückweisung der Anträge Unabhängiger Verwaltungssenate (UVS) auf Aufhebung von Wortfolgen in §2 Abs4 Z11 FremdenpolizeiG 2005 (betr begünstigte Drittstaatsangehörige, ua iZm mit der Inanspruchnahme des Rechts auf Freizügigkeit).
Die Verfassungsbestimmung des §9 Abs1 FremdenpolizeiG 2005 und die Legaldefinition des §2 Abs4 Z11 leg cit, beide idF BGBl I 100/2005, wurden als Teil des sog Fremdenrechtspakets 2005 erlassen.
Durch die Novelle BGBl I 157/2005, in Kraft getreten am 01.01.06, wurde die angefochtene Wortfolge "oder Österreichers" in §2 Abs4 Z11 FremdenpolizeiG 2005 eingefügt.
Der Interpretation der Verfassungsbestimmung des §9 Abs1 FremdenpolizeiG 2005 darf daher die Legaldefinition "begünstigter Drittstaatsangehöriger" in §2 Abs4 Z11 FremdenpolizeiG 2005 nur mit jenem Inhalt zugrunde gelegt werden, von dem der Verfassungsgesetzgeber zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, somit 07.07.05, ausgegangen ist. Die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate ist somit ausschließlich im Wege des im Verfassungsrang stehenden §9 Abs1 Z1 FremdenpolizeiG 2005 und nicht anhand des im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehenden §2 Abs4 Z11 leg cit idF BGBl I 157/2005 zu beurteilen.
Dem Verfassungsgesetzgeber des §9 Abs1 FremdenpolizeiG 2005 kann nicht unterstellt werden, dass er mit dem Vorbehalt "sofern nicht anderes bestimmt ist" dem einfachen Gesetzgeber die Möglichkeit einräumen wollte, die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in diesen Verfahren nach dem FremdenpolizeiG 2005 beliebig abzuändern. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass dieser Vorbehalt dazu dient, unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht und anderen im Verfassungsrang stehenden Bestimmungen Vorrang einzuräumen.
Für die Beurteilung der Zuständigkeit der antragstellenden UVS ist ausschließlich die Verfassungsbestimmung des §9 Abs1 FremdenpolizeiG 2005 maßgeblich, sodass die antragstellenden UVS die angefochtene Bestimmung nicht anzuwenden haben.
Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung dahin gehend, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Rechtsmittel nach dem FremdenpolizeiG 2005 nicht nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen zuständig sind, sondern auch im Fall von assoziationsintegrierten türkischen Staatsangehörigen.
She auch B236/06, B v 13.10.06: Ablehnung einer Beschwerdebehandlung unter Verweis auf die vorliegende Entscheidung.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Behördenzuständigkeit, Unabhängiger Verwaltungssenat, VfGH / Präjudizialität, Gesetzesvorbehalt, Novellierung, Auslegung verfassungskonforme, EU-Recht, Auslegung Verfassungs-, InländerdiskriminierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G26.2006Dokumentnummer
JFR_09938987_06G00026_01