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41 Innere AngelegenheitenNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags eines islamischen Religionslehrers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrau und die drei minderjährigen Kinder wegen "erheblicher Integrationsdefizite" des Antragstellers; keine ausreichende Interessenabwägung bei Ausübung des im Staatsbürgerschaftsgesetz eingeräumten Ermessens, keine ausreichende und nachvollziehbare Begründung des Ergebnisses der ErmessenausübungRechtssatz
Aus §11 StbG 1985 ist nicht abzuleiten, dass ein öffentliches Interesse an der Verleihung der Staatsbürgerschaft bestehen muss.
Die Bescheidbegründung der Kärntner Landesregierung ist ungeeignet, eine Interessenabwägung iSd §11 leg cit nachvollziehbar darzutun. Die Behörde hat sich nämlich damit begnügt, - einseitig ausgewählte - Stellungnahmen von Schulleitern und ehemaligen Kollegen des Erstbeschwerdeführers, wonach er etwa eine "Anpassung an übliche Umgangsformen (Grüßen, Händereichen)" vermissen lasse, ihrer Beurteilung zugrunde zu legen und daraus geschlossen, "dass erhebliche Integrationsdefizite existieren". In diesem Sinne hat die Behörde auch der Kündigung seines Dienstverhältnisses im Jahr 1998, Behauptungen über angebliche Aussagen zu den Ereignissen am 11.09.01 sowie der Auffassung der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, wonach das Verhalten des Staatsbürgerschaftswerbers ihren Interessen und dem islamischen Religionsunterricht abträglich sei, die entscheidungswesentliche Bedeutung beigemessen, dass "mehr als begründete Zweifel an der persönlichen Integration" des Erstbeschwerdeführers bestehen.
Demgegenüber hat der Erstbeschwerdeführer geltend gemacht, dass er seit über 15 Jahren im Bundesgebiet lebe und Bestätigungen verschiedener Schulen bzw Schulleiter betreffend die korrekte und pflichtbewusste Abhaltung des Religionsunterrichts sowie das Bestehen eines guten Einvernehmens zwischen dem Erstbeschwerdeführer und seinen Kollegen sowie der Schulleitung vorgelegt habe; weiters Vorlage von Stellungnahmen der Justizanstalt Klagenfurt, wo er Insassen mit islamischem Glaubensbekenntnis betreut habe sowie einer Einladung zur Veranstaltung "Dialog der Kulturen und Religionen" am 23.04.03 durch den Landeshauptmann von Kärnten; Behauptung einer bejahenden Einstellung zur Republik Österreich, keine antidemokratische Gesinnung, gesetzeskonformes Verhalten in Österreich.
Die belangte Behörde hat es verabsäumt, auch auf jene Gründe einzugehen, die für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sprechen würden.
Schlagworte
Staatsbürgerschaftsrecht, Bescheidbegründung, Ermessen, InteressenabwägungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B329.2006Dokumentnummer
JFR_09938987_06B00329_01