RS Vwgh 2003/11/26 2002/20/0090

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 26.11.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht
49/01 Flüchtlinge

Norm

AsylG 1997 §7;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Rechtssatz

Im Beschwerdefall war u.a. die volksgruppenbezogene Gefährdungsbehauptung des Asylwerbers (eines aus Kabul stammenden Staatsangehörigen Afghanistans, der der Volksgruppe der Hazara angehört) zu erörtern. Von neueren Massakern der Taliban an Hazara-Zivilisten (etwa im Mai 2000 am Robatak-Pass) war in der Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat am 5. Dezember 2000 auch in den allgemein gehaltenen Ausführungen des Sachverständigen zur Situation der Hazara nicht die Rede. Am Tag vor der fortgesetzten Berufungsverhandlung am 9. März 2001 erstellte der Sachverständige ein schriftliches Gutachten, das u. a. "die Massaker an Hazaras im Mai 2000 und im Jänner 2001", im Besonderen also auch die - im angefochtenen Bescheid allerdings nicht erwähnten - Vorfälle in Yakawlang im Jänner 2001 behandelte (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Erkenntnisse vom 26. November 2003, Zl. 2001/20/0457 und Zl. 2001/20/0659). Das Gutachten enthielt keinerlei Ausführungen darüber, dass mit der Wiederholung derartiger Vorfälle in von den Taliban neu (oder wieder) eroberten Hazara-Gebieten und insbesondere - für den vorliegenden Fall - mit einer gleichartigen Vorgangsweise gegenüber der betroffenen Volksgruppe in Großstädten wie Kabul auch beim Anhalten der kriegerischen Auseinandersetzungen nicht zu rechnen sei. Die auf die Verfolgungsgefahr für Hazara bezogenen Ausführungen schlossen im Gegenteil mit dem Hinweis, dass Hazara "in Krisenzeiten" nicht sicher seien, weil man sie an ihren Gesichtszügen erkennen könne. Die vom unabhängigen Bundesasylsenat am Tag darauf protokollierten "ergänzenden bzw. zusammenfassenden" Anmerkungen des Sachverständigen nahmen bei der Begründung für das Fehlen einer Verfolgungsgefahr auf die erwähnten Vorfälle und die daraus zu ziehenden Schlüsse nicht Bezug. Die im Gutachten vom 8. März 2001 dokumentierte Eskalation im Vorgehen der Taliban gegenüber der Volksgruppe des Asylwerbers wurde aus den Beurteilungsgrundlagen eliminiert. Die Erwägungen des unabhängigen Bundesasylsenates sind (auch) unter diesem Gesichtspunkt fehlerhaft.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002200090.X01

Im RIS seit

31.12.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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