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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / PrüfungsgegenstandLeitsatz
Zurückweisung des Hauptantrags auf Aufhebung der verwiesenen Norm im Einkommensteuergesetz betreffend die Erweiterung der Steuerfreiheit von Reisekostenersätzen durch mögliche Ausdehnung des Begriffs der Dienstreise in lohngestaltenden Vorschriften wegen Anfechtung der Stammfassung an Stelle der - aufgrund dynamischer Verweisung - anzuwendenden vom Verfassungsgerichtshof bereits aufgehobenen novellierten Fassung; Abweisung der Eventualanträge auf Aufhebung der verweisenden Norm im ASVG betreffend den Begriff des Entgelts als Bemessungsgrundlage zur Berechnung von Beiträgen; Sitz der Bedenken im EinkommensteuergesetzRechtssatz
Auslegung des ergänzenden Antrages des Verwaltungsgerichtshofes zu G4/06 (GZ G183/06) als Eventualantrag zum Primärantrag.
Zurückweisung des Hauptantrags auf Aufhebung des vierten Satzes in §29 Z4 EStG 1988 in der Stammfassung (Erweiterung der Steuerfreiheit von Reisekostenersätzen durch mögliche Ausdehnung des Begriffs der Dienstreise in lohngestaltenden Vorschriften).
Aufhebung dieser Bestimmung in der durch die Novelle BGBl 818/1993 unverändert gebliebenen Fassung mit E v 22.06.06, G147/05 ua.
Durch eine Novellierung von Teilen der Z4 ist diese Vorschrift wegen des inneren Zusammenhanges insgesamt als neu erlassen anzusehen (VfSlg 16590/2002).
Dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Verfahren zugrunde, bei dem es um die Beitragspflicht (zur Sozialversicherung; Berechnung des Entgelts als Bemessungsgrundlage ua durch Verweis auf die Vorschriften des §26 EStG 1988 hinsichtlich bestimmter Vergütungen, insbesondere für Fahrtkosten) in den Jahren 1999 und 2000 geht. In diesen Jahren galt nach der dem Erkenntnis G147/05 ua zugrunde liegenden Auffassung des Verfassungsgerichtshofes §26 Z4 EStG 1988 in der durch die Novelle BGBl 818/1993 geschaffenen Fassung. Im Hinblick auf §544 ASVG (demzufolge Verweise in diesem Bundesgesetz auf die Bestimmungen anderer Bundesgesetze im Zweifel als dynamische Verweisungen zu betrachten sind) ist überdies davon auszugehen, dass auch §49 Abs3 Z1 ASVG auf §26 Z4 EStG 1988 in der jeweils geltenden Fassung verweist, so dass sich der Verweis in den hier maßgeblichen Zeiträumen (1999 und 2000) ebenfalls auf die Fassung BGBl 818/1993 bezieht.
Auf dem Boden dieser Rechtsauffassung hätte der Verwaltungsgerichtshof, da das bei ihm anhängige Verfahren die Jahre 1999 und 2000 betrifft, den vierten Satz des §26 Z4 EStG 1988 in der Fassung BGBl 818/1993 anfechten müssen.
Abweisung der Eventualanträge auf Aufhebung von Teilen des §49 ASVG (Verweisung auf §26 EStG 1988); Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit im EStG, nicht im ASVG.
In Fällen der hier vorliegenden Art, in denen sich verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Verweisung, sondern gegen die verwiesene Norm richten, muss geprüft werden, ob den Bedenken - sofern sie zutreffen - durch Aufhebung der verweisenden oder der verwiesenen Norm Rechnung zu tragen ist. Im Allgemeinen wird dabei mit Aufhebung der verweisenden Norm vorzugehen sein, weil damit die Bedeutung der verwiesenen Norm in ihrem "eigenen" Rechtsgebiet oder in anderem Sachzusammenhang unangetastet bleibt. Im vorliegenden Fall würde freilich die Aufhebung der Verweisung einen erheblich über die zur Beseitigung der Bedenken erforderliche Bereinigung hinaus gehenden Eingriff in das Rechtsgefüge mit sich bringen, weil dadurch auch alle sonstigen Festlegungen des §26 EStG 1988 in Bezug auf die Definition und den Umfang von Tages- und Nächtigungsgeldern bei der Bemessung der Beitragsgrundlage nach §49 ASVG nicht mehr gelten würden: Es würde etwa die (ohne lohngestaltende Vorschriften Platz greifende) gesetzliche Definition einer Dienstreise nicht mehr heranzuziehen sein (zweiter Satz des §26 Z4 EStG 1988), weiters wären auch die in §26 Z4 lita und litb EStG 1988 geregelten Tages- und Kilometersätze nicht mehr maßgeblich. Auch eine Aufhebung der gesamten Ziffer 1 des §49 Abs3 ASVG würde die Rechtslage zwar im Hinblick auf die geltend gemachten Bedenken bereinigen, sie aber insofern auch weitgehend verändern, als dann Aufwandsentschädigungen des Dienstgebers generell beitragspflichtig würden, was einen dem Gesetzgeber kaum noch zusinnbaren Inhalt bedeuten würde.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Antrag, Eventualantrag, Auslegung eines Antrages, Einkommensteuer, Lohnsteuer, Einkunftsarten Arbeit nichtselbständige, Reisekosten, Sozialversicherung, Beiträge, Entgelt, Verweisung dynamische, VfGH / Prüfungsgegenstand, Novellierung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G4.2006Dokumentnummer
JFR_09938788_06G00004_01