RS Vfgh 2007/3/15 G81/06 ua

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Veröffentlicht am 15.03.2007
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Index

60 Arbeitsrecht
60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
KinderbetreuungsgeldG §5 Abs5, §3a

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit des Kinderbetreuungsgeldgesetzes hinsichtlichdes Verlustes des Kinderbetreuungsgeldes für Eltern von Mehrlingenmit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind; Zulässigkeit desGesetzesprüfungsantrags in Folge neu zu behandelnder Bedenken imHinblick auf Mehrlingseltern; keine res iudicata; Ausdehnung derAnlassfallwirkung

Rechtssatz

Zulässigkeit der Anträge eines Oberlandesgerichtes auf Aufhebung des §5 Abs5 und des §3a KinderbetreuungsgeldG (KBGG).

Da die Anträge die Bedenken der klagenden Mütter in den Anlassverfahren ausführlich wiedergeben und diese Bedenken darin bestehen, dass der bis zur Geburt des dritten Kindes bezogene Zuschlag gemäß §3a KBGG (bei Mehrlingsgeburten) mit diesem Zeitpunkt zufolge Anwendung des §5 Abs5 KinderbetreuungsgeldG weggefallen ist, deutet der Verfassungsgerichtshof die Anträge des Oberlandesgerichts Graz dahin, dass auch in dieser Hinsicht - also im Vergleich der Eltern von Mehrlingen ohne zu Eltern von Mehrlingen mit einem weiteren, vor Ablauf der 36 Monate seit der Mehrlingsgeburt geborenen Kind - eine Gleichheitswidrigkeit behauptet wird.

Solche Bedenken hatte der OGH in seinem Antrag nicht vorgebracht und wurden daher im E v 04.10.06, G43/06 ua, auch nicht beurteilt. Beschränkt auf diese Bedenken ist daher auch der Antrag auf Aufhebung des §5 Abs5 KBGG zulässig.

§5 Abs5 KBGG, BGBl I 103/2001, war bis 31.12.06 verfassungswidrig.

Abweisung der Anträge hinsichtlich §3a KBGG idF BGBl I 58/2003.

Wenn die Eltern nacheinander geborener Kinder im Verhältnis zu Mehrlingseltern durch deren Bevorzugung nicht diskriminiert werden, werden die Eltern von Mehrlingen auch nicht in verfassungswidriger Weise bevorzugt. Insoweit sind die Bedenken im Ergebnis durch das E v 04.10.06, G43/06 ua, widerlegt.

§5 Abs5 KBGG widerspricht unter dem Blickwinkel der neu zu behandelnden Bedenken deswegen dem Gleichheitssatz, weil er dazu führt, dass Eltern von Mehrlingen, denen vor Ablauf der 36 Monate, für die der Anspruch nach §3a besteht, ein weiteres Kind geboren wird, den darin vorgesehenen Zuschlag verlieren, weil für das weitere Kind ein neuer (einfacher) Anspruch entsteht und der höhere für die früheren endet.

Es gibt für dieses Ergebnis keinen sachlichen Grund. Überhaupt gibt es keinen Grund dafür, dass das höhere Kinderbetreuungsgeld, das für Mehrlingsgeburten gleichfalls durch 36 Monate gewährt wird, bei Hinzutritt eines weiteren Kindes innerhalb dieser Frist gekürzt wird. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass dieses Ergebnis vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt war, sondern dass bei Schaffung des §3a die Wirkungsweise des in §5 Abs5 festgesetzten Systems nicht bedacht und deshalb versäumt wurde, eine Bestimmung nach Art des 2006 in §3a eingefügten Abs2 zu schaffen. Im Hinblick auf die Novelle BGBl I 97/2006 ist aber eine das Redaktionsversehen aus Sinn und Zweck der Regelung berichtigende (verfassungskonforme) Auslegung nicht möglich.

Die Verfassungswidrigkeit ist der Norm nur im Hinblick auf die Regelung für Mehrlingskinder vorzuwerfen. Angesichts der - wie die Bundesregierung betont - geringen Zahl der Betroffenen sieht der Verfassungsgerichtshof kein Hindernis, die Anlassfallwirkung des Ausspruchs auf jene Fälle auszudehnen, auf die sich die Verfassungswidrigkeit der (im Übrigen verfassungsrechtlich unbedenklichen) Vorschrift ausgewirkt hat (Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG).

Entscheidungstexte

  • G 81/06 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.03.2007 G 81/06 ua

Schlagworte

Kinderbetreuungsgeld, Rechtspolitik, Auslegung verfassungskonforme,Auslegung eines Antrages, VfGH / Bedenken, Rechtskraft, res iudicata,VfGH / Sachentscheidung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:G81.2006

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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