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91 Post-und FernmeldewesenNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Teilweise Zulässigkeit eines Drittelantrags vonNationalratsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen desTelekommunikationsgesetzes 2003 betreffend Errichtung und Betrieb vonTelekommunikationsanlagen ("Handymasten"); kein untrennbarerZusammenhang des Ausschlusses der Anwendbarkeit der Gewerbeordnungmit den übrigen angefochtenen Bestimmungen; zu eng gefasster Antraghinsichtlich des Ausschlusses der Parteistellung der Nachbarn;ausreichende Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung zur Festlegungtechnischer Standards sowie der Verweisung auf - völkerrechtlich undinnerstaatlich bereits verbindliche - internationale VorschriftenRechtssatz
Teilweise Zulässigkeit eines Drittelantrags von Abgeordneten, eingebracht von mehr als einem Drittel der Mitglieder des Nationalrates, auf Aufhebung von Bestimmungen des TelekommunikationsG 2003 betreffend Errichtung und Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen.
Im Zeitpunkt der Postaufgabe des Antrages (27.10.06) gehörten die antragstellenden 73 Abgeordneten noch dem "alten" Nationalrat (XXII. GP) an (konstituierende Sitzung des NR in der XXIII. GP am 30.10.06, Einlangen des Antrages beim VfGH am 31.10.06).
Kein untrennbarer Zusammenhang des §2 Abs3 mit den übrigen angefochtenen Bestimmungen des §73 Abs1 und Abs3 sowie §74 Abs1 und Abs3 leg cit.
Die durch die Aufhebung der übrigen angefochtenen Bestimmungen entstehende Regelungslücke (keine Bewilligungspflicht für die Errichtung und den Betrieb von Funkanlagen) kann nicht durch die Aufhebung des §2 Abs3 TelekommunikationsG 2003 geschlossen werden. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller schließt nämlich nicht nur §2 Abs3 die Anwendung der GewO auf das gewerbsmäßige "Anbieten von Kommunikationsdiensten und das Betreiben von Kommunikationsnetzen" aus, sondern primär der Umstand, dass diese Tätigkeiten eine spezielle, gleichzeitig aber erschöpfende Regelung im 3. Abschnitt (§14 ff) des TelekommunikationsG 2003 gefunden haben.
Zu eng gefasster Antrag hinsichtlich der beantragten Aufhebung (bloß) des §74 Abs1 und Abs3 sowie des §73 Abs3 TelekommunikationsG 2003 (und nicht auch des §81 TelekommunikationsG 2003) in Hinblick auf die behauptete Verfassungswidrigkeit der fehlenden Parteistellung.
Erst unter Berücksichtigung auch des §81 ergibt sich, dass Nachbarn im Verfahren der Bewilligung der Errichtung des Betriebs einer Funkanlage keine Parteistellung zukommt.
Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung der Wortfolge "und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" in §73 Abs1 sowie des §73 Abs3 TelekommunikationsG 2003 idF BGBl I 70/2003.
Kein Verstoß der Verordnungsermächtigung des §73 Abs3 TelekommunikationsG 2003 gegen Art18 Abs1 B-VG.
Eine inhaltliche Bestimmung der zu erlassenden Verordnung ergibt sich zunächst daraus, dass der Verordnungsgeber bei Festlegung der Bestimmungen und technischen Voraussetzungen für Telekommunikationsanlagen auf den jeweiligen Stand der Technik verwiesen ist. Beim "Stand der Technik" (Technikklausel) handelt es sich zwar um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch in der österreichischen Rechtsordnung ein zentrales Kriterium zur Bestimmung von sicherheits- und umweltbedingten Anforderungen darstellt und insofern einer Auslegung zugänglich ist, als der Verordnungsgeber den maßgeblichen technischen Standard in Bezug auf Telekommunikationsanlagen mit Hilfe einschlägiger, international anerkannter Richtlinien und Empfehlungen zu erheben hat.
Überdies ergibt eine systematische Interpretation, dass die Verordnungsermächtigung das verwaltungsbehördliche Handeln insofern determiniert, als der Verordnungsgeber unter Berücksichtigung des Standes der Technik die Bestimmungen bzw die technischen Voraussetzungen für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen so festzulegen hat, dass den Zielen des §73 Abs2 TelekommunikationsG 2003 (Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie ungestörter Betrieb anderer Funkanlagen) bestmöglich entsprochen wird.
Die Bestimmung des §73 Abs1 TelekommunikationsG 2003, wonach Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen nicht nur dem Stand der Technik, sondern auch "den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" entsprechen müssen, setzt keine Vorschrift in Geltung, die nicht bereits Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung ist. Vielmehr ergibt sich aus §73 Abs1 TelekommunikationsG 2003, dass solche Vorschriften zu beachten sind, die völkerrechtlich und innerstaatlich für die Republik Österreich und für die Behörden unter den entsprechenden völker- und verfassungsrechtlichen Bedingungen ohnehin verbindlich sind (arg "nach ... Vorschriften zu fordernden"), wie Staatsverträge oder (verbindliche) Beschlüsse von zwischenstaatlichen Einrichtungen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Kreis der zu beachtenden Vorschriften in verfassungswidriger Weise unbestimmt ist.
Schlagworte
Fernmelderecht, Parteistellung, Nachbarrechte, Determinierungsgebot,Rechtsbegriffe unbestimmte, Gewerberecht, Geltungsbereich,Anwendbarkeit, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:G213.2006Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009