RS Vfgh 2007/6/30 A3/05

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Veröffentlicht am 30.06.2007
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
VVG §2, §4

Leitsatz

Stattgabe der zulässigen Klage gegen das Land Oberösterreich aufHerausgabe von im Zuge eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrensdurch eine private Firma als Verwaltungshelfer der Behörde dem Klägerentzogener Gegenstände; Zurechenbarkeit der Ersatzvornahme zumRechtsträger der Behörde; kein Verlust des Eigentums des Klägers anden betroffenen Gegenständen durch den durchgeführten Abbruch undVerbringung und Lagerung der Gegenstände auf dem Gelände der Baufirma

Rechtssatz

Ersatzvornahme angeordnet nach nicht befolgtem Abbruchauftrag hinsichtlich eines Mühlengebäudes sowie nicht erfolgter Sanierung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes.

Die Beauftragung der Firma P GmbH erfolgte im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vollstreckungsmaßnahme mit zivilrechtlichem Vertrag, das Unternehmen war jedoch als Verwaltungshelfer der Behörde und gegenüber dem Kläger hoheitlich tätig.

Eine exzessive Überschreitung des Auftrages wäre dem Unternehmen zuzurechnen. Ist die Abweichung vom Auftrag jedoch nicht grob und offenkundig, verbleibt das Handeln im Verantwortungsbereich der Behörde und ist damit deren Rechtsträger zuzurechnen.

Die Firma P GmbH hat zwar mit der Lagerung der noch verwertbaren Abbruchmaterialien in ihrem Bauhof den Auftrag, das Abbruchmaterial auf die Deponie zu verführen, nicht erfüllt. Die Abweichung - vgl das Schonungsprinzip des §2 VVG - ist jedoch dem Komplex der Vollzugsmaßnahme und damit dem Land Oberösterreich zuzurechnen und steht auch im Einklang mit der vom Land erklärten Übung, dem Verpflichteten über sein noch während des Abbruchs gestelltes Ersuchen verwertbare Teile des Abbruchmaterials zu belassen. Der Umstand, dass die Lagerung nicht auf dem Grundstück des Verpflichteten, sondern im Bauhof der Firma erfolgte, ändert nichts an der Zugehörigkeit der Vorgangsweise zum Vollstreckungsverfahren und somit zum hoheitlichen Vollzug, sie ist nicht der Firma als "privates Handeln" zuzurechnen.

Dabei ist es auch unerheblich, dass die Behörde das Vollstreckungsverfahren für beendet erachtet und dem Verpflichteten die Kosten vorschreibt sowie dass das Land dem Verpflichteten gegenüber erklärt, auf die Gegenstände keinen Anspruch zu erheben. Dem Klagsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass dem Verwaltungshelfer gegenüber keine Anordnung zur Herausgabe erfolgt ist. Dieser lagerte die in Rede stehenden Gegenstände noch auf Grund seiner Beauftragung mit dem Vollzug der Vollstreckung, ohne jedoch einen anderen Besitztitel, geschweige denn Eigentum, erworben zu haben.

Da dem Kläger auf Grund des hoheitlichen Vorgehens des beklagten Landes für die Herausgabe weder der Zivilrechtsweg noch der Verwaltungsrechtsweg offen steht, ist seine Klage nach Art137 B-VG zulässig (vgl VfSlg 14971/1997, 11180/1986). Er hat sein Eigentum an den Gegenständen, deren Herausgabe er begehrt, weder durch den Abbruch der Mühle noch durch die dem Land zuzurechnende Verführung und Lagerung durch die Baufirma verloren.

Entscheidungstexte

  • A 3/05
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 30.06.2007 A 3/05

Schlagworte

VfGH / Klagen, Verwaltungsvollstreckung, Ersatzvornahme, Zivilrecht,Hoheitsverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:A3.2005

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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