RS Vfgh 2007/9/27 G24/07 ua - G41/07 ua, G88/07 ua, G98/07 ua, G111/07 ua, G161/07, G177/07 ua, G194

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Veröffentlicht am 27.09.2007
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AuslBG §18, §28 Abs1 Z1
VStG §20, §21, §22

Leitsatz

Keine Verletzung des Gleichheitsgebotes durch Festsetzung einerMindeststrafe für illegale Ausländerbeschäftigung imAusländerbeschäftigungsgesetz; kein rechtspolitischer Exzessangesichts des Nutzens und der oft mehrfachen und lang fortgesetztenVerwaltungsübertretung; öffentliches Interesse am Schutz desinländischen Arbeitsmarktes bzw des Wettbewerbs vor billigenArbeitskräften aus dem Ausland

Rechtssatz

Abweisung zahlreicher Anträge des Verwaltungsgerichtshofes und eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf Aufhebung der Festsetzung einer Mindeststrafe von 1000,- Euro in §28 Abs1 Z1 AuslBG.

Das Sachlichkeitsgebot begrenzt den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten (siehe hiezu die zahlreichen Judikaturzitate in der vorliegenden Entscheidung).

Zwar wurden die Mindeststrafdrohungen in §28 Abs1 Z1 AuslBG gegenüber der Rechtslage, wie sie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 13790/1994 zu beurteilen hatte, angehoben. Diese Anhebung erfolgte jedoch nicht in einem Ausmaß, dass das Gewicht der Mindeststrafdrohungen nunmehr außer Verhältnis zum Gewicht der damit verfolgten Ziele stünde. Auch vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass sich die tatsächlichen Umstände in den letzten Jahren derart geändert hätten, dass die mit der Mindeststrafdrohung verfolgten Ziele nicht mehr erreicht werden könnten.

Keine Unsachlichkeit der gleichen Strafdrohung für Private und Unternehmer; erheblicher wirtschaftlicher Nutzen auch Privater aus der Verwaltungsübertretung; Schaden für Volkswirtschaft und Arbeitsmarkt durch vielfache illegale Ausländerbeschäftigung; Vielfalt der Konstellationen (siehe Anlassfälle: Pensionistin, Vereinsobmann, Geschäftsführerin betroffen).

Die Strafdrohung nach der Schädlichkeit ist dadurch differenziert, dass bei gleichzeitiger Beschäftigung von mehr als drei Arbeitnehmern die doppelte Mindeststrafe vorgesehen ist. Wenn der Gesetzgeber bei dieser Differenzierung nicht an die Unternehmereigenschaft anknüpft, sondern höhere Strafen ab einer bestimmten Anzahl beschäftigter Ausländer vorsieht, die im Regelfall eher bei Unternehmen als bei Privaten gegeben ist, kann ihm nicht entgegen getreten werden, weil und insoweit er damit einerseits typischerweise organisierte (und mit qualifizierter Strafhöhe im Wiederholungsfall auch wiederholte) Übertretungen des Gesetzes erfasst und andererseits zahlreiche Situationen vergleichbarer Beschäftigung von Ausländern mit gleicher Schädlichkeit bestehen, die nicht im Rahmen eines Unternehmens erfolgt.

Keine Bedenken gegen die Kumulation von Mindeststrafen als Folge der gleichzeitigen und lange fortgesetzten illegalen Ausländerbeschäftigung; Vervielfachung des Unrechtsgehaltes; siehe auch Kumulationsprinzip iSd §22 VStG. Außerordentliche Strafmilderung gem §20 bzw Absehen von der Strafe gem §21 VStG auch in den Anlassfällen möglich.

Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber den Fall der Inanspruchnahme von Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne Betriebssitz im Inland entsandt wurde und für den eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung nicht erteilt wurde, mit dem Fall der Beschäftigung eines Ausländers ohne Bewilligung gleichsetzt. Zwar trifft es zu, dass im Fall des §28 Abs1 Z1 litb AuslBG anders als im Fall der unmittelbaren Beschäftigung eines Ausländers zwischen dem bewilligungslos arbeitenden Ausländer und dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen keine rechtsgeschäftliche Beziehung besteht. Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass es für denjenigen, der die Arbeitsleistungen des Ausländers in Anspruch nimmt, unzumutbar wird, auf die Einhaltung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu achten (siehe hiezu auch §3 Abs1 AuslBG).

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, warum im Fall von entsandten Ausländern, die ohne Beschäftigungsbewilligung in Österreich arbeiten, die Angemessenheit im Verhältnis zwischen Grad des Verschuldens und Höhe des bewirkten Schadens anders zu beurteilen sein sollte als bei der unmittelbaren Beschäftigung von Ausländern (§28 Abs1 Z1 lita AuslBG).

Eigenes Verhalten, nämlich Inanspruchnahme illegaler Ausländerbeschäftigung, unter Strafsanktion im vorliegenden Fall, Kontrollverpflichtung Privater durch Vorteile und öffentliches Interesse am Schutz des inländischen Arbeitsmarktes bzw des Wettbewerbs vor billigen Arbeitskräften aus dem Ausland gerechtfertigt.

(Ebenso hinsichtlich weiterer Anträge des VwGH und eines UVS betreffend andere Fassungen des §28 Abs1 Z1 AuslBG: G41/07 ua, G88/07 ua, G98/07 ua, G111/07 ua, G161/07 und G177/07 ua, alle E v 11.10.07; teils Zurückweisung von Anträgen wegen entschiedener Sache mit Hinweis auf die vorliegende Entscheidung; weiters G194/07 ua, G204/07 ua, G205/07 ua, G206/07 ua und G208/07 ua, alle E v 13.03.08:

auch keine Bedenken dagegen, dass für die Inanspruchnahme eines Ausländers keine andere [dh niedrigere] Strafe verhängt werden kann, als für die Beschäftigung eines Ausländers).

Entscheidungstexte

  • G 24/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 27.09.2007 G 24/07 ua
  • G 41/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.10.2007 G 41/07 ua
  • G 88/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.10.2007 G 88/07 ua
  • G 98/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.10.2007 G 98/07 ua
  • G 111/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.10.2007 G 111/07 ua
  • G 161/07
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.10.2007 G 161/07
  • G 177/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.10.2007 G 177/07 ua
  • G 194/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2008 G 194/07 ua
  • G 204/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2008 G 204/07 ua
  • G 205/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2008 G 205/07 ua
  • G 206/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2008 G 206/07 ua
  • G 208/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2008 G 208/07 ua

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung, Mindeststrafe, Kumulationsprinzip,Verwaltungsstrafrecht, Strafe, Strafbemessung, Rechtspolitik, resiudicata, Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:G24.2007

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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