RS Vfgh 2007/9/27 B1842/06

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Veröffentlicht am 27.09.2007
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Index

10 Verfassungsrecht
10/04 Wahlen

Norm

B-VG Art26 Abs1, Abs5
B-VG Art133 Z1
B-VG Art144 Abs3
EMRK 1. ZP Art3
NRWO 1992 §22
StGB §44
WählerevidenzG §2 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchdie Abweisung eines Antrags auf Eintragung des in Haft befindlichenBeschwerdeführers ins Wählerverzeichnis, auch nicht im Hinblick aufdie Judikatur des EGMR zum Recht auf freie Wahlen

Rechtssatz

Der Verfassungsgerichtshof hält an der im Erk VfSlg 17058/2003 dargelegten Rechtsauffassung (betr einen in allen wesentlichen Belangen gleich gelagerten Fall) auch angesichts des mittlerweile ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Große Kammer) vom 06.10.05 im Fall Hirst gegen Vereinigtes Königreich, Beschwerde Nr 74025/01, zu Art3 Abs1 1. ZP EMRK weiterhin fest.

Die in diesem Urteil maßgebliche Rechtslage weicht von der hier relevanten österreichischen Rechtslage entscheidend ab: §22 NRWO sieht keinen generellen Entzug des Wahlrechts für alle verurteilten Häftlinge, unabhängig von der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe und unabhängig von der Art oder Schwere der von ihnen begangenen Straftaten oder ihrer persönlichen Umstände vor. Vielmehr ist danach die Voraussetzung für den Ausschluss vom Wahlrecht die rechtskräftige Verurteilung wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe; Verurteilungen zu Geldstrafen, Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von weniger als einem Jahr sowie Verurteilungen zu bedingten Haftstrafen ziehen nicht den Ausschluss des Wahlrechts nach sich. Darüber hinaus räumt §44 Abs2 StGB dem Richter die Möglichkeit ein, die Rechtsfolgen einer Verurteilung - so auch den Ausschluss vom Wahlrecht - bedingt nachzusehen; insofern wird in der österreichischen Rechtsordnung also auch die Berücksichtigung der persönlichen Umstände gesetzlich ermöglicht.

Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war keine Folge zu geben, weil es sich bei den durch die NRWO eingeräumten Rechten lediglich um eine Konkretisierung des durch Art26 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Wahlrechts zum Nationalrat handelt und somit jede Verletzung eines solchen Rechts unmittelbar auch Art26 B-VG verletzt, sodass für eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art133 Z1 B-VG kein Raum bleibt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Wahlen, Wahlrecht aktives, Wählerevidenz, Strafrecht, VfGH /Abtretung, Verwaltungsgerichtshof Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1842.2006

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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