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10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art12 / VersammlungsrechtLeitsatz
Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit durch Erteilung einerErmahnung wegen konsensloser Benützung einer Straße im Rahmen einerordnungsgemäß angezeigten und nicht untersagten Kundgebung gegenPelzhandel und -bekleidung vor einem Bekleidungsgeschäft in Graz;Verkennung der entscheidungswesentlichen Frage der Rechtswidrigkeitder konsenslosen Straßenbenützung angesichts der vom UVS angenommenenVerpflichtung der Straßenverwaltung zur Erteilung der Zustimmung zurBenützung der StraßeSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-
bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vomrömisch eins. 1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom
14. März 2007 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 100,- (bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) wegen Begehung der Verwaltungsübertretung nach §56 Abs1 iVm §54 Abs1 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964, LGBl. 154 idF LGBl. 89/2002, (im Folgenden: Stmk LStVG 1964) verhängt, weil er am 13. Jänner 2007 von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr auf der öffentlichen Verkehrsfläche (Gemeindestraße) in Graz, ..., auf dem Gehsteig vor dem Geschäft K drei Holzstangen mit einer Schnur bespannt und ein Transparent aufgestellt habe, ohne dass hiefür die Zustimmung der Straßenverwaltung vorgelegen wäre.14. März 2007 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 100,- (bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) wegen Begehung der Verwaltungsübertretung nach §56 Abs1 in Verbindung mit §54 Abs1 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964, LGBl. 154 in der Fassung Landesgesetzblatt 89 aus 2002,, (im Folgenden: Stmk LStVG 1964) verhängt, weil er am 13. Jänner 2007 von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr auf der öffentlichen Verkehrsfläche (Gemeindestraße) in Graz, ..., auf dem Gehsteig vor dem Geschäft K drei Holzstangen mit einer Schnur bespannt und ein Transparent aufgestellt habe, ohne dass hiefür die Zustimmung der Straßenverwaltung vorgelegen wäre.
2. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (UVS) vom 20. November 2007 dem Grunde nach abgewiesen. Gemäß §21 VStG wurde aber von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer eine Ermahnung erteilt.
Begründend führt der UVS insbesondere Folgendes aus:
"Mit der Eingabe vom 22.12.2006 beantragte der 'Verein gegen
Tierfabriken' ... beim Magistrat Graz - Straßenamt die Erteilung der
Zustimmung der Straßenverwaltung für Versammlungen 'Kundgebung gegen
das Leid der so genannten Pelztiere' für die Zeit 'jeden Donnerstag,
Freitag sowie Samstag von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr von 28.12.2006 bis
31.12.2011' für den Ort '8010 Graz, ... und gegenüber ... sowie ...,
... (rund um das Bekleidungsgeschäft K)'. Dieser Antrag wurde mit
Schreiben des Magistrates Graz - Straßenamt vom 28.12.2006 abgelehnt.
Begründend wurde auf die äußerst kurzfristige Antragstellung verwiesen, wonach es nicht möglich sei, innerhalb der kurzen verbleibenden Frist zwischen Antragstellung und erstem Kundgebungstermin ein entsprechendes Verfahren ordnungsgemäß abzuwickeln, zumal auch sachlich begründete Einwände gegen die Kundgebungen vorlägen.
Diese Versammlung wurde auch vom Verein gemäß §2 Versammlungsgesetz der Bundespolizeidirektion Graz angezeigt und von dieser nicht untersagt.
...
Der bestimmungsgemäße Zweck einer öffentlichen Straße liegt gemäß §2 Abs1 LStVG in der uneingeschränkten Nutzung einer dem dringenden Verkehrsbedürfnis dienenden Straße mit öffentlichem Verkehr. Dass eine Gemeindestraße eine öffentliche Straße im Sinne des LStVG ist, ergibt sich aus §7 Abs1 Z4 leg. cit. Da der Berufungswerber zur Tatzeit Gegenstände auf dem Gehsteig der
Gemeindestraße ... aufgestellt hat, wurde dieser Teil der
öffentlichen Straße für einen anderen als den bestimmungsgemäßen Zweck benützt. Es hätte daher hiefür einer Zustimmung der Straßenverwaltung bedurft. Da um die Erteilung dieser Zustimmung angesucht wurde und deren Verweigerung mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unvereinbar ist, wäre die privatwirtschaftlich handelnde Straßenverwaltung, die zu einem grundrechtskonformen Vorgehen verpflichtet ist, auch verpflichtet gewesen, diese Zustimmung zu erteilen. Wie der Verfassungsgerichtshof in dem vom Berufungswerber zitierten Erkenntnis vom 23.06.2005, Zl. B1297/04, ausdrücklich festgestellt hat, bedarf aber auch eine - angezeigte und nicht untersagte - Versammlung auf einer öffentlichen Straße einer nach dem Landesstraßenverwaltungsrecht erforderlichen Zustimmung des Straßenerhalters. Der Berufungswerber wäre daher verpflichtet gewesen, diese Zustimmung mit den ihm eingeräumten rechtlichen Instrumenten zu erwirken.
...
... Dem Berufungswerber ist es mit seinem Vorbringen, die
Versammlung sei bei der Bundespolizeidirektion Graz angezeigt - und nicht untersagt - worden bzw. der Umstand, dass die Zustimmung von der Straßenverwaltung nicht erteilt worden sei, widerspreche dem obzitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, nicht gelungen, mangelndes Verschulden an der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung oder einen entschuldbaren Rechtsirrtum darzulegen, da es im Anlassfall nicht um eine Anzeige nach dem Versammlungsgesetz geht, sondern um die Benützung einer Straße für einen anderen als den bestimmungsgemäßen Zweck ohne Zustimmung der Straßenverwaltung.
...
Aufgrund der dargelegten Umstände ist von einem eher geringen Verschulden des Berufungswerbers auszugehen und waren auch die Folgen der Tat eher unbedeutend, weshalb nach Ansicht der Berufungsbehörde mit der Verhängung einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden kann."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Versammlungsfreiheit behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Wörtlich wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
"Außer Streit steht, dass vorliegend eine nicht untersagte, sohin rechtmäßige Versammlung gemäß dem Versammlungsgesetz stattgefunden hat.
Außer Streit steht überdies, dass rechtzeitig vor dieser Versammlung um eine Genehmigung beim Magistrat Graz - Straßenamt zur Erteilung der Zustimmung der Straßenverwaltung angesucht wurde.
Außer Streit steht überdies, dass im Sinne der oben zitierten Entscheidung des VFGH das Magistrat Graz eine Genehmigung hätte erteilen müssen. Die Begründung, dass eine Genehmigung auf dem Behördenweg hätte erkämpft werden müssen - dies allenfalls im Wege eines Devolutionsantrages nach Ablauf von 6 Monaten ! - sowie, dass daher eine Versammlung nicht hätte abgehalten werden dürfen, erfolgt zu Unrecht.
Diese Vorgangsweise ist willkürlich, zumal das Straßenamt durch simples untätig Bleiben jegliche Versammlung verhindern könnte. Durch diese Vorgangsweise wird aber das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt.
Die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass von der Straßenverwaltung aufgrund dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit eine Genehmigung gemäß dem steirischen Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964 rechtzeitig erteilt hätte werden müssen. Im zitierten Erkenntnis B1297/04 des Verfassungsgerichtshofes vom 23.06.2005 wurde festgehalten, dass eine Verpflichtung der privatwirtschaftlich handelnden Straßenverwaltung zu grundrechtskonformen Vorgehen besteht, zumal es nicht in deren Befugnis steht, Verfassungsrechte zu beschränken."
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und dem Beschwerdeführer den Aufwandersatz vorzuschreiben.
II. Die §§54 und 56 Stmk LStVG 1964 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. 89/2002 lauten wie folgt:römisch II. Die §§54 und 56 Stmk LStVG 1964 in der hier maßgeblichen Fassung Landesgesetzblatt 89 aus 2002, lauten wie folgt:
"VII. Abschnitt.
Allgemeine und Schlußbestimmungen.
§54.
"§56.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer am 13. Jänner 2007 von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr auf dem Gehsteig vor dem Bekleidungsgeschäft K in Graz, ..., links neben dem Eingang ein Plakat mit der Aufschrift "K Stop Pelzverkauf VGT - Verein gegen Tierfabriken" und rechts neben dem Eingang drei mit einer Leine verbundene Holzstangen zur Befestigung von Tierbildern aufgestellt hat. Mehrere Personen riefen mittels Sprechchören Parolen; der Beschwerdeführer hielt abwechselnd mit anderen Personen kurze Ansprachen, verteilte Informationsmaterial und diskutierte mit Passanten und Kunden des Bekleidungsgeschäfts über das Pelztierleid, die Rolle des Pelzhandels und die Gründe, die dafür sprechen, keinen Pelz zu kaufen.
1.2. Mit Blick auf die in Art12 StGG und Art11 EMRK verfassungsrechtlich garantierte Versammlungsfreiheit und die in der Judikatur dazu entwickelten Grundsätze (vgl. insbesondere zur Voraussetzung eines gemeinsamen Wirkens: VfSlg. 4586/1963, 5193/1966, 5195/1966, 5415/1966, 8685/1979, 9783/1983, 10.443/1985, 10.608/1985, 10.955/1986, 11.651/1988, 11.866/1988, 11.904/1988, 11.935/1988, 12.161/1989, 15.109/1998 sowie zur Dauer der Veranstaltung und der Zahl ihrer Teilnehmer: VfSlg. 11.651/1988, 11.866/1988) ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass es sich bei der vorliegenden Veranstaltung um eine in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Versammlungsfreiheit fallende Zusammenkunft gehandelt hat. 1.2. Mit Blick auf die in Art12 StGG und Art11 EMRK verfassungsrechtlich garantierte Versammlungsfreiheit und die in der Judikatur dazu entwickelten Grundsätze vergleiche insbesondere zur Voraussetzung eines gemeinsamen Wirkens: VfSlg. 4586/1963, 5193/1966, 5195/1966, 5415/1966, 8685/1979, 9783/1983, 10.443/1985, 10.608/1985, 10.955/1986, 11.651/1988, 11.866/1988, 11.904/1988, 11.935/1988, 12.161/1989, 15.109/1998 sowie zur Dauer der Veranstaltung und der Zahl ihrer Teilnehmer: VfSlg. 11.651/1988, 11.866/1988) ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass es sich bei der vorliegenden Veranstaltung um eine in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Versammlungsfreiheit fallende Zusammenkunft gehandelt hat.
Die geplante Abhaltung der Versammlung wurde ordnungsgemäß angezeigt und von der Behörde nicht untersagt.
2.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 14.365/1995, 14.773/1997, 15.680/1999) kann eine Bestrafung wegen Übertretung des Versammlungsgesetzes 1953 (VersG) in das erwähnte Grundrecht eingreifen. Festzuhalten ist, dass auch das Verhängen einer Verwaltungsstrafe nach anderen Bestimmungen wegen der Veranstaltung einer Versammlung in das Recht auf Versammlungsfreiheit eingreift (vgl. VfSlg. 8685/1979, 11.651/1988, 11.866/1988). 2.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vergleiche zB VfSlg. 14.365/1995, 14.773/1997, 15.680/1999) kann eine Bestrafung wegen Übertretung des Versammlungsgesetzes 1953 (VersG) in das erwähnte Grundrecht eingreifen. Festzuhalten ist, dass auch das Verhängen einer Verwaltungsstrafe nach anderen Bestimmungen wegen der Veranstaltung einer Versammlung in das Recht auf Versammlungsfreiheit eingreift vergleiche VfSlg. 8685/1979, 11.651/1988, 11.866/1988).
Die belangte Behörde verhängte zwar keine Geldstrafe über den Beschwerdeführer, sondern sah - aufgrund geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung - gemäß §21 VStG von der Verhängung einer Strafe ab und erteilte dem Beschwerdeführer eine Ermahnung. Der Verfassungsgerichtshof ist jedoch der Auffassung, dass auch die Erteilung einer Ermahnung einen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bewirkt, da ein Bescheid nach §21 VStG einen Schuldspruch enthält und daher auch eine bloße Ermahnung wegen konsensloser Benützung einer Straße die Abhaltung der Versammlung hintanhalten will (vgl. etwa EGMR 26.4.1991, Fall Ezelin, Appl. 11.800/85). Überdies sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf solche Bescheide die Vorschriften über Straferkenntnisse sinngemäß anzuwenden (vgl. etwa VwGH 10.7.1985, 84/03/0063). Die belangte Behörde verhängte zwar keine Geldstrafe über den Beschwerdeführer, sondern sah - aufgrund geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung - gemäß §21 VStG von der Verhängung einer Strafe ab und erteilte dem Beschwerdeführer eine Ermahnung. Der Verfassungsgerichtshof ist jedoch der Auffassung, dass auch die Erteilung einer Ermahnung einen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bewirkt, da ein Bescheid nach §21 VStG einen Schuldspruch enthält und daher auch eine bloße Ermahnung wegen konsensloser Benützung einer Straße die Abhaltung der Versammlung hintanhalten will vergleiche etwa EGMR 26.4.1991, Fall Ezelin, Appl. 11.800/85). Überdies sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf solche Bescheide die Vorschriften über Straferkenntnisse sinngemäß anzuwenden vergleiche etwa VwGH 10.7.1985, 84/03/0063).
2.2. Da sohin auch Bescheide nach §21 VStG den Vorwurf der Begehung einer strafbaren Handlung zum Inhalt haben, bleibt die Frage zu klären, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt wurde, dass ihm wegen der - im Rahmen einer ordnungsgemäß angezeigten und nicht untersagten Versammlung erfolgten - konsenslosen Benützung des Gehsteiges für einen anderen als den bestimmungsgemäßen Zweck eine Ermahnung erteilt wurde.
3.1. In seinem Erkenntnis VfSlg. 17.600/2005 führte der Verfassungsgerichtshof wörtlich aus:
"... Nun regelt §54 Abs1 Stmk LStVG 1964, dass jede
Benützung von Straßen und der dazugehörigen Anlagen für einen anderen als den bestimmungsgemäßen Zweck der Zustimmung der Straßenverwaltung bedarf; es ist daher zu prüfen, ob die zitierte Regelung ein verfassungswidriges Bewilligungssystem vorsieht.
Vorauszuschicken ist, dass der Verfassungsgerichtshof stets davon ausgegangen ist, dass eine vorausgehende behördliche Genehmigung von Versammlungen - seit dem Inkrafttreten des Beschlusses der Provisorischen Nationalversammlung vom 30.10.1918, StGBl. Nr. 3/1918 - mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unvereinbar wäre (vgl. bereits VfSlg. 254/1923, 4885/1964, 8532/1979 sowie VfSlg. 11.651/1988 und 11.866/1988, wonach Art12 StGG und Pkt. 3 des Beschlusses der Provisorischen Nationalversammlung, 'u.a. das Recht [garantieren], ohne vorherige behördliche Bewilligung Versammlungen zu veranstalten und an ihnen teilzunehmen ...'). Vorauszuschicken ist, dass der Verfassungsgerichtshof stets davon ausgegangen ist, dass eine vorausgehende behördliche Genehmigung von Versammlungen - seit dem Inkrafttreten des Beschlusses der Provisorischen Nationalversammlung vom 30.10.1918, StGBl. Nr. 3/1918 - mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unvereinbar wäre vergleiche bereits VfSlg. 254/1923, 4885/1964, 8532/1979 sowie VfSlg. 11.651/1988 und 11.866/1988, wonach Art12 StGG und Pkt. 3 des Beschlusses der Provisorischen Nationalversammlung, 'u.a. das Recht [garantieren], ohne vorherige behördliche Bewilligung Versammlungen zu veranstalten und an ihnen teilzunehmen ...').
... Die oben zitierte Vorschrift des §54 Abs1 Stmk LStVG
1964, deren Nichteinhaltung gemäß §56 Abs1 leg.cit. mit einer Ordnungsstrafe bedroht ist, ist im Ergebnis deshalb unbedenklich, da die privatwirtschaftlich handelnde Straßenverwaltung - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmung - jedenfalls zu einem grundrechtskonformen Vorgehen verpflichtet ist (vgl. dazu sinngemäß VfSlg. 11.651/1988, wonach '[e]s [...] nahe [liegt], §82 Abs1 im Zusammenhalt mit §86 StVO 1960 dahin zu verstehen, daß die Benützung von Straßen für Versammlungen [...] nicht der Bewilligungspflicht nach der erstgenannten, sondern der bloßen Anzeigepflicht nach der zweitgenannten Vorschrift unterliegt'; zur Grundrechtsbindung auch in Fällen nicht hoheitlicher Handlungsformen:1964, deren Nichteinhaltung gemäß §56 Abs1 leg.cit. mit einer Ordnungsstrafe bedroht ist, ist im Ergebnis deshalb unbedenklich, da die privatwirtschaftlich handelnde Straßenverwaltung - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmung - jedenfalls zu einem grundrechtskonformen Vorgehen verpflichtet ist vergleiche dazu sinngemäß VfSlg. 11.651/1988, wonach '[e]s [...] nahe [liegt], §82 Abs1 im Zusammenhalt mit §86 StVO 1960 dahin zu verstehen, daß die Benützung von Straßen für Versammlungen [...] nicht der Bewilligungspflicht nach der erstgenannten, sondern der bloßen Anzeigepflicht nach der zweitgenannten Vorschrift unterliegt'; zur Grundrechtsbindung auch in Fällen nicht hoheitlicher Handlungsformen:
vgl. Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung [1993], 146 ff mwN)."vergleiche Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung [1993], 146 ff mwN)."
3.2. Der Verfassungsgerichtshof gelangte im zitierten Erkenntnis weiters zu folgender Auffassung:
"... Dadurch, dass der Beschwerdeführer für die im Zuge der
Versammlung geplante Benützung der (als Bestandteil der öffentlichen Straße geltenden) Fußgängerzone - entgegen der in §54 Abs1 Stmk LStVG 1964 enthaltenen (verfassungsrechtlich unbedenklichen) Verpflichtung - nicht die Zustimmung der Straßenverwaltung eingeholt hat, zu deren Erteilung diese nach den unter Punkt 3.3. dargestellten verfassungsrechtlichen Kriterien verpflichtet ist, und die Höhe der deshalb verhängten Geldstrafe nicht bedenklich ist, wurde der Beschwerdeführer nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt."
4.1. Im vorliegenden Fall wurde um Zustimmung der Straßenverwaltung angesucht. Mit Eingabe vom 22. Dezember 2006 wurde das Straßenamt der Stadt Graz um Erteilung der Zustimmung nach §54 Abs1 Stmk LStVG 1964 für die Benützung der öffentlichen Straße (... und gegenüber dieser Adresse sowie ..., ..., rund um das Bekleidungsgeschäft K) an jedem Donnerstag, Freitag und Samstag zwischen 11.00 Uhr und 20.00 Uhr von 28. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2011 im Rahmen von Kundgebungen "gegen das Leid der so genannten Pelztiere" ersucht.
In der Eingabe wurde darauf hingewiesen, dass genügend Platz zum Passieren der Fußgänger freigehalten werde und Versammlungsutensilien, die den Durchfluss wesentlich beeinträchtigen, an der Vorderseite des Geschäfts nicht verwendet würden. Zudem sei die Behörde im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet, zumal "analog dem §86 StVO" eine Frist von drei Tagen eingehalten werde.
4.2. Das Straßenamt der Stadt Graz teilte zunächst am 28. Dezember 2006 auf elektronischem Weg sowie am 29. Dezember 2006 per Post mit, dass das Ansuchen aufgrund der "äußerst kurzfristigen Antragstellung" abgelehnt werden müsse; es sei nicht möglich, innerhalb der kurzen Frist zwischen Ansuchen und erstem Kundgebungstermin ein entsprechendes Verfahren ordnungsgemäß abzuwickeln. Ein "weitaus entscheidenderer" Ablehnungsgrund sei im Umstand zu erblicken, dass sachlich begründete Einwände gegen die Kundgebungen vorlägen.
4.3. Im nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen die daraufhin erfolgte Verhängung einer Geldstrafe dem Grunde nach abgewiesen wurde, geht der UVS zunächst davon aus, dass der Beschwerdeführer jedenfalls dazu verpflichtet gewesen wäre, die Zustimmung der Straßenverwaltung für die Benützung der Straße "mit den ihm eingeräumten rechtlichen Instrumenten" zu erwirken. Auch in der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift wird die dem Bescheid zugrunde liegende Auffassung verdeutlicht, dass die Verweigerung der Zustimmung - unabhängig davon, ob diese zu Recht erfolgt ist - eine konsenslose Benützung der öffentlichen Straße für einen anderen als den bestimmungsgemäßen Zweck nicht zu rechtfertigen vermag.
Bei dieser - die Begründung des Bescheides tragenden - Rechtsauffassung übersieht der UVS allerdings, dass es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar wäre, gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Nichterteilung der Benützungsbewilligung für Versammlungszwecke in Anspruch zu nehmen. Die Erhebung einer zivilrechtlichen Klage ist - ungeachtet der etwaigen Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - nämlich nicht geeignet, die ungehinderte Ausübung des grundrechtlich geschützten Rechtes zu gewährleisten, sich an öffentlichen Orten zu versammeln.
4.4. Ausgehend von der Verpflichtung der privatwirtschaftlich handelnden Straßenverwaltung, insofern grundrechtskonform vorzugehen, als die Zustimmung für die im Zuge einer Versammlung geplante Benützung der Straße im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.600/2005 grundsätzlich zu erteilen ist, haben die Strafbehörden daher insbesondere zu prüfen, ob allenfalls die Rechtswidrigkeit der konsenslosen Straßenbenützung ausschließende Rechtfertigungsgründe - wie etwa die Versagung der Zustimmung nach §54 Abs1 Stmk LStVG 1964, ohne dass von der Straßenverwaltung wahrzunehmende private oder öffentliche Interessen entgegengestanden wären - bestehen.
Im vorliegenden Fall wurde die Erteilung der Benützungsbewilligung von der Straßenverwaltung zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass der kurze Zeitraum bis zur ersten geplanten Kundgebung am 28. Dezember 2006 kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren erlaube. Hinsichtlich der später in Aussicht genommenen Kundgebungstermine wurden keine gesonderten Überlegungen angestellt. Zudem bestehe ein "weitaus entscheidenderer Ablehnungsgrund" darin, "dass sachlich begründete Einwände gegen die Kundgebungen vorliegen." Dazu fehlen allerdings weitere Ausführungen.
4.5. Der UVS wertete im angefochtenen Bescheid ausdrücklich den Umstand als mildernd, "dass um Genehmigung dieser Versammlung rechtzeitig bei der Straßenverwaltung angesucht wurde und diese auch erteilt hätte werden müssen." Die belangte Behörde geht demnach offenbar selbst davon aus, dass das Argument für die Verweigerung der Zustimmung zur Benützung der Straße mit Blick auf den knappen Zeitraum zwischen der Einbringung des Ansuchens am 22. Dezember 2006 und dem ersten Kundgebungstermin am 28. Dezember 2006 für die erst am 13. Jänner 2007 geplante Kundgebung nicht maßgeblich sein kann, zumal das mehrere Termine umfassende Ansuchen an die Straßenverwaltung nicht als "Einheit" zu werten war.
Ungeachtet der - mit Blick auf den maßgeblichen Tatzeitpunkt - hier nicht zu erörternden Frage, ob zwei Werktage als angemessene Frist für die Entscheidung der Straßenverwaltung anzusehen gewesen wären, konnte sich die Straßenverwaltung für die am 13. Jänner 2007 geplante Kundgebung nämlich nicht auf die von ihr ins Treffen geführte Kürze der Entscheidungsfrist berufen, stand ihr doch - soweit es um die vorliegende Versammlung ging - jedenfalls genügend Zeit zur Verfügung, um die der Erteilung einer Benützungsbewilligung allenfalls entgegenstehenden Interessen zu prüfen.
4.6. Wenn der UVS zu dem Schluss gelangt, dass die Straßenverwaltung dazu verpflichtet gewesen wäre, die Zustimmung zur Straßenbenützung für die am 13. Jänner 2007 geplante Kundgebung zu erteilen, hätte er diesen Umstand allerdings nicht nur als Milderungsgrund berücksichtigen, sondern das erstinstanzliche Straferkenntnis ersatzlos beheben müssen. Dass die Erteilung einer Ermahnung iSd §21 VStG - ebenso wie die Verhängung einer Verwaltungsstrafe - einen Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bewirkt, wurde bereits dargelegt.
Der UVS hat somit aber die - für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens - entscheidungswesentliche Frage verkannt, ob die konsenslose Benützung der Straße für die am 13. Jänner 2007 geplante Kundgebung überhaupt rechtswidrig war.
5. Der Bescheid war daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Versammlungsfreiheit aufzuheben.
IV. 1. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von € 360,- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von € 180,-.römisch IV. 1. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von € 360,- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von € 180,-.
2. Dem Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kosten als Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes war schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des §48 Abs2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (s. etwa VfGH 20.6.2006, B578/05 mwN).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
Versammlungsrecht, Straßenverwaltung, Zivilrecht,Privatwirtschaftsverwaltung, Verwaltungsstrafrecht, Strafe,RechtsschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B2355.2007Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010