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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Widerspruch einer Regelung des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1997über die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes infolge Versäumungeiner Frist für den Antrag auf Erteilung dergrundverkehrsbehördlichen Genehmigung zum EU-Recht; keine sachlicheRechtfertigung der infolge Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtsentstehenden Ungleichbehandlung von Sachverhalten mit und ohneGemeinschaftsbezugRechtssatz
Die Wiederverlautbarung berührt - anders als eine auch unveränderte Neuerlassung durch den Gesetzgeber - nicht die Identität der Norm.
Prüfungsgegenstand im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist daher die wiederverlautbarte Fassung (Sbg GVG 1997) der vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bestimmung (§21 Abs2 Sbg GVG 1993).
Der vom Verwaltungsgerichtshof gestellte Antrag, den der Verfassungsgerichtshof als Antrag auf Feststellung wertet, dass Wortfolgen des §21 Abs2 Sbg GVG 1997 verfassungswidrig waren, ist daher insofern zutreffend formuliert.
Die Wortfolgen "der Antrag auf Erteilung der Zustimmung oder" und "gestellt bzw" in §21 Abs2 Sbg GVG 1997 waren verfassungswidrig.
Die Regelung betr die Rechtsunwirksamkeit eines zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäftes für den Fall, dass der Rechtserwerber nicht innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der dreimonatigen Antragsfrist den Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung gestellt hat, steht aus denselben Gründen im Widerspruch zu Art56 Abs1 EG (Kapitalverkehrsfreiheit), wie sie der EuGH im Urteil vom 01.12.05, Rs C-213/04, Burtscher/Stauderer, heranzog.
Der EuGH stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die \berlegung, dass eine Nichtigkeitsautomatik zum einen die Gründe für die Säumnis des Rechtserwerbers nicht berücksichtige, andererseits die Rechtsunwirksamkeit ungeachtet dessen eintrete, ob der konkrete Rechtserwerb den grundverkehrsrechtlichen Zielsetzungen materiell widerspricht.
Übertragbarkeit der Rechtsauffassung des EuGH auch auf solche Grundverkehrsgeschäfte, die nicht einem bloßen Anzeige- bzw Erklärungsmodell unterliegen, sondern für die das relevante Grundverkehrsgesetz die Verpflichtung zur vorherigen grundverkehrsbehördlichen Zustimmung normiert.
Eine verfahrensrechtliche Fristverlängerung (vgl §36 Abs1 vierter Satz Sbg GVG 1997) steht nicht mit der Frage in Zusammenhang, ob die Rechtsunwirksamkeit des Rechtsgeschäfts abgewendet werden kann. Allein eine allfällige längere Dauer der Frist ist kein ausreichender Grund für die Annahme, dass diese Sanktion in einem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen steht.
Vergleicht man nun die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts entstandenen) nationalen Regelungstorso, so ist zu prüfen, ob dabei nicht Sachverhalte ohne Gemeinschaftsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert werden ("doppelte Bindung" des Gesetzgebers).
§21 Abs2 Sbg GVG 1997 hat beim Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken in Fällen mit rein innerstaatlichem Sachverhalt zur Folge, dass dann, wenn der Antrag auf Erteilung der Zustimmung nicht innerhalb der im Gesetz bezeichneten Frist gestellt wird, das zugrunde liegende Rechtsgeschäft rechtsunwirksam wird. Besteht beim Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken hingegen ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug, sind aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts jene Bestimmungen nicht anzuwenden, die - allein an die verspätete Antragstellung anknüpfend - die automatische Unwirksamkeit des über das in Rede stehende Grundstück abgeschlossenen Rechtsgeschäfts vorsehen.
Für diese Ungleichbehandlung rein innerstaatlicher Grundverkehrsgeschäfte gegenüber solchen mit Gemeinschaftsrechtsbezug kann der Verfassungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung erkennen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Fristen, EU-Recht, Inländerdiskriminierung, VfGH/ Prüfungsgegenstand, Wiederverlautbarung, Auslegung eines AntragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:G237.2006Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009