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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit eines Flächenwidmungsplanes hinsichtlich derFreigabe eines Aufschließungsgebietes und Umwandlung in vollwertigesBauland, allgemeines Wohngebiet, mangels Festlegung einesangemessenen Schutzabstandes zwischen einem unter dieSeveso II-Richtlinie fallenden Betriebsgebiet und dem Baugebiet;Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Wohngebietes im Bebauungsplannicht ausreichend; Aufhebung auch des auf dem gesetzwidrigenFlächenwidmungsplan beruhenden BebauungsplansRechtssatz
Aufhebung des Flächenwidmungsplanes 4.00 der Stadtgemeinde Trofaiach vom 21.02., 25.04. und 13.06.02 idF vom 10.08.04, mit dem für Grundstücke die Festlegung als Aufschließungsgebiet aufgehoben und die Liegenschaft in volles, sofort konsumierbares Bauland umgewandelt wird.
Der Verfassungsgerichtshof forderte in seinem Prüfungsbeschluss nicht die Umwidmung des gesamten Aufschließungsgebietes von Bauland in Freiland, sondern beurteilte die Freigabe jenes Teils des Aufschließungsgebietes, das innerhalb eines angemessenen Schutzabstandes vom Seveso II-Betrieb liegt, als vorläufig gesetzwidrig.
Eine bestehende Verbauung innerhalb des Schutzbereiches darf nicht als Begründung für die Freigabe eines ebenfalls innerhalb des Schutzabstandes liegenden Teils eines Aufschließungsgebietes herangezogen werden.
Es wäre erforderlich gewesen, vor Erlassung des Bebauungsplans im Flächenwidmungsplan den angemessenen Schutzabstand ersichtlich zu machen und danach die Entscheidung über die Freigabe von Teilen des Aufschließungsgebietes zu treffen. Dadurch, dass noch vor Ersichtlichmachung des angemessenen Schutzabstandes im Flächenwidmungsplan auch die innerhalb des Schutzabstandes liegenden Gebietsteile zur Bebauung freigegeben wurden, hat die Gemeinde das Risiko schwerer Folgen eines Unfalles durch die Bebauung vergrößert.
Vor der Freigabe der Aufschließung haben sich die Planungsgrundlagen insofern wesentlich geändert, als nun bekannt war, dass ein Teil der Aufschließungszone innerhalb des angemessenen Schutzabstandes einer Seveso II-Anlage von 210 m bzw 236 m liegt. Darauf hätte die Gemeinde durch entsprechende Maßnahmen der Flächenwidmung reagieren müssen; sie hätte - um einen ausreichenden Abstand zwischen dem Seveso II-Betrieb und Wohnbauland zu schaffen - jedenfalls nicht das gesamte Wohngebiet freigeben dürfen.
Die Bestimmungen des §11 des Bebauungsplanes zeigen, dass das als Allgemeines Wohngebiet frei gegebene Gebiet, soweit es innerhalb des angemessenen Schutzabstandes liegt, für eine Wohnverbauung nicht geeignet ist.
Aufhebung auch des auf dem gesetzwidrigen Flächenwidmungsplan beruhenden Bebauungsplanes "Reihenhausanlage Freiensteinerstraße" vom 15.01.04 und 10.08.04.
(Anlassfall B592/05 ua, E v 08.10.07, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, EU-RechtRichtlinieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:V24.2007Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009