Index
63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art137 / BescheidLeitsatz
Zurückweisung der Klage eines Universitätsprofessors gegen den Bund auf Auszahlung einer Dienstalterszulage; keine Liquidierungsklage; Gebührlichkeit des Anspruchs strittigSpruch
I. Die Klage wird zurückgewiesen.
II. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Kläger steht seit 1. März 1987 als ordentlicher Universitätsprofessor an der Universität Wien in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. In der Zeit von 1. Jänner 1975 bis 28. Feber 1987 war er Professor an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt.
Mit Eingabe vom 2. März 2004 stellte der nunmehrige Kläger einen Antrag auf Anpassung der besonderen Dienstalterszulage gemäß §50a GehaltsG 1956 im Sinne des §169a GehaltsG 1956 unter Berücksichtigung der Zeit seiner Verwendung als Professor an der Universität Frankfurt. Mit - im Instanzenzug ergangenem - Bescheid vom 31. Mai 2005 stellte die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Folgendes fest:
"I. Auf Ihren Antrag vom 2. März 2004 wird unter Einrechnung der Zeit Ihrer Verwendung als Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe H4 (C4) an der Universität Frankfurt vom 1. Jänner 1975 bis 28. Februar 1987 im Ausmaß von 12 Jahren und 2 Monaten der Zeitpunkt des Anfalles der besonderen Dienstalterszulage gemäß §50a GehG angepasst und mit 1. Jänner 1994 festgestellt.
II. Die Anpassung gemäß Spruchpunkt I. wird besoldungsrechtlich mit 1. Oktober 2000 wirksam."
2. Mit der auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund, vertreten durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, begehrt der Kläger die Bezahlung von EUR 46.551,46 zzgl. 4% Zinsen seit 6. Juli 2005. Diesen vermögensrechtlichen Anspruch begründet er wie folgt:
"Festzuhalten ist, dass der Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur ... vom 31.05.2005 möglicherweise durch den Spruchpunkt II einen derartigen Anspruch [auf Gewährung der besonderen Dienstalterszulage gemäß §50a GehaltsG 1956] für den Zeitraum Jänner 1994 - September 2000 ausschließen will. Dieser Spruchpunkt hat aber im vorliegenden Verfahren keinesfalls Bedeutung.
Wie der Europäische Gerichtshof ausgesprochen hat, war die frühere Fassung des §50[a] GehG europarechtswidrig. Um dieser Konsequenz zu entgehen, wurde dem §50a GehG ein Abs4 angefügt, der prinzipiell auch die Dienstzeiten eines Universitätsprofessors in anderen Mitgliedstaaten mit Dienstzeiten an österreichischen Universitäten gleichhält. Spruchpunkt II des erwähnten Bescheides stellt jedoch darauf ab, dass die Europarechtswidrigkeit perpetuiert wird: Die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Art48 EGV hindernden Bestimmungen werden durch den erwähnten Spruchteil des Bescheides auch für die Zeit nach Österreichs Beitritt zur EG (zum EWR) bis zum Jahr 2000 weiter bestehen gelassen. ... Sollte man der Auffassung sein, dass [Spruchpunkt] II des genannten Bescheides tatsächlich die Wirkung hätte, die Ansprüche zwischen dem Jahr 1994 bis ca. 2000 zu beseitigen, so wäre dieser Spruch europarechtswidrig. Nach der Judikatur des EuGH (C-224/97 Ciola Slg. 1999, I-2517) haben die Normen des Gemeinschaftsrechts (hier Art48 EGV) auch Vorrang gegenüber individuellen Normen. Die individuelle Norm wäre gegenständlich [Spruchpunkt] II des genannten Bescheides.
Diese (individuelle) Norm hat daher unangewendet zu bleiben. Es ist aber fraglich, ob [Spruchpunkt] II überhaupt diese Bedeutung hat. Eine europarechtskonforme Interpretation schließt jedenfalls eine solche Deutung des Bescheidwortlautes aus.
Im übrigen ergibt sich aus generellen Rechtsvorschriften keineswegs, dass die Ansprüche zwischen 1994 und 2000 nicht bestehen sollen. Dies ergibt sich auch nicht aus §169a GehG, wonach 9 Monate ausgeklammert werden und die Verjährungsregelungen gemäß §13b GehG in dieser Weise anders zu verstehen sind. Da es sich gegenständlich nicht um einen Aufwandersatz, sondern einen echten Gehaltsbestandteil handelt, ist zu bemerken, dass §13b GehG zwar eine 3-jährige Verjährung vorsieht, wobei der Zeitpunkt des Beginns der Laufzeit dieser 3-jährigen Verjährung mit Erbringung einer Leistung bestimmt wird, ich aber keine für die besondere Dienstalterszulage spezifische Leistung, sondern die Leistung eines ordentlichen Universitätsprofessors für Botanik (gehaltsstufen- und DAZ-unabhängig) erbrachte.
...
Sowohl eine europarechtskonforme als auch eine verfassungskonforme Interpretation schließen aus, in der Verjährungsbestimmung des §13b GehG iVm. §149a GehG eine Grundlage für den Spruchpunkt II des zitierten Bescheides zu erblicken oder in diesem selbst einen Grund für die Nichtliquidierung der Bezüge zu erblicken."
Zur Zulässigkeit der Klage bringt der Kläger vor:
"Da das Dienstverhältnis der Universitätsprofessoren, in dem ich mich befinde, ein öffentlich-rechtliches ist, erscheint die Austragung durch ein gerichtliches Urteil (es sei denn des VfGH) von vornherein ausgeschlossen (§1 JN). Eine Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden, die über die Feststellung der Gebührlichkeit von Gehaltsbestandteilen eines Beamten, hier einer besonderen Dienstalterszulage, hinausgehen, besteht nicht. Der Liquidierungsanspruch ist daher gemäß Art137 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof auszutragen. Die Vertretung des Bundes ist gemäß §24 VfGG durch das ressortzuständige Bundesministerium geboten."
Abschließend führt der Kläger noch Folgendes aus:
"Bemerkt wird, dass ich vorsichtshalber den bereits zitierten Bescheid des BMBWK beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft habe (2005/12/0149), dessen Entscheidung aber aussteht. Sollte der Verfassungsgerichtshof jedoch ... im Spruchpunkt II des Bescheides des BMBWK einen die Liquidierung meines Anspruches hindernden Umstand erblicken, wird die Unterbrechung des Verfahrens des Verfassungsgerichtshofes gemäß §190 ZPO (§35 VfGG) bis zum Vorliegen des Erkenntnisses im vorzitierten Verwaltungsgerichtshofverfahren beantragt."
3. Der durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vertretene Bund erstattete eine Gegenschrift, in der er beantragt, die Klage wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen. Auszugsweise wird dazu Folgendes dargelegt:
"Wie der [Kläger] selbst ausführt, wurde über das nunmehr auf Art137 B-VG gestützte Begehren auf Nachzahlung der Beträge aus dem Titel besDAZ gemäß §50a GehG seit dem 1. Jänner 1994 (dem Eintritt Österreichs in den Europäischen Wirtschaftsraum) bereits zwei Mal durch Bescheid von Verwaltungsbehörden entschieden.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 2. März 2004 die Anpassung der besDAZ nach §50a GehG im Sinne der Neuregelung der einschlägigen Bestimmungen der 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130/2003, die aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 30. September 2003, C-224/01 (Köbler) die als gemeinschaftsrechtswidrig erkannte, undifferenzierte Nichtberücksichtigung von einschlägigen Dienstzeiten, die im EWR/EU-Raum zurückgelegt wurden, für das Dienst- und Besoldungsrecht gemeinschaftsrechtskonform um[setzt]. Im Wesentlichen hat der EuGH die Tatsache, dass im EWR/EU-Raum zugebrachte Dienstzeiten eines Universitätsprofessors generell für die Anspruchsvoraussetzung einer fünfzehnjährigen Dienstzeit an österreichischen Universitäten nach §50a Abs1 GehG unberücksichtigt geblieben sind, als mittelbare gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung der 'Berufsgruppe' der Universitätsprofessoren qualifiziert. Der Ausschluss der Verwertbarkeit derartiger Zeiten sei als signifikante Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Bereich dieser Berufsgruppe zu werten. ...
Das Amt der Universität Wien erließ aufgrund des eingangs
erwähnten Antrages ... den Bescheid vom 3. Dezember 2004 ..., den der
[Kläger] mit Berufung vom 18. Dezember 2004 bekämpfte.
In der Folge erließ das Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur den Bescheid vom 31. Mai 2005 ... und stellte
fest, dass die vom [Kläger] zur Anrechnung auf die Voraussetzung der
fünfzehnjährigen Dienstzeit im Sinne des §50a Abs1 GehG beantragten
Verwendungszeiten als Universitätsprofessor ... an der Universität
Frankfurt vom 1. Jänner 1975 bis 28. Februar 1987 zur Gänze berücksichtigt und die Rechtswirksamkeit der Anpassung mit 1. Jänner 1994 festgestellt wird.
Im Spruchpunkt II wurde weiters, in Anwendung der Bestimmungen des §169a GehG die besoldungsrechtliche Wirksamkeit der Anpassung der besDAZ mit 1. Oktober 2000 festgestellt. ...
Insgesamt ist die belangte Behörde daher der Auffassung, dass aufgrund der Tatsache, dass über den vom Kläger geltend gemachten öffentlich-rechtlichen, im Besoldungsrecht der Bundesbeamten fußenden, Anspruch bereits mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde (zuletzt des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur als Berufungsbehörde) entschieden wurde, der Verfassungsgerichtshof nicht zuständig ist, nach Art137 B-VG über das Klagebegehren zu entscheiden."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:
1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Im vorliegenden Fall handelt es sich zweifelsfrei um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, weil dieser auf ein bestehendes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gestützt wird. Entgegen der Meinung des Klägers ist über den von ihm geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen.
Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid zu erledigen ist, sodass für die Entscheidung über ein solches Liquidierungsbegehren die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. VfSlg. 8371/1978, 11.836/1988, 14.947/1997 mwN, ebenso etwa VwGH 4. Mai 1983, Zl. 82/09/0138). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, nämlich den technischen Vorgang der Auszahlung, sondern um die Rechtsfrage seiner Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, weiters VfSlg. 11.395/1987, 11.836/1988, 12.024/1989, 14.947/1997 und 15.041/1997).
2. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Auszahlung der besonderen Dienstalterszulage gemäß §50a GehaltsG 1956 für den Zeitraum Jänner 1994 bis September 2000. Mit dem bereits mehrfach zitierten, beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. Mai 2005 wurde zwar der Anfall der besonderen Dienstalterszulage mit 1. Jänner 1994, der Zeitpunkt der besoldungsrechtlichen Wirksamkeit der Anpassung unter Berücksichtigung der Verjährungsbestimmungen jedoch mit 1. Oktober 2000 festgestellt. Da somit die Gebührlichkeit der besonderen Dienstalterszulage gemäß §50a GehaltsG 1956, was den Zeitraum Jänner 1994 bis September 2000 angeht, strittig ist, geht es bei der vorliegenden Klage nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches des Klägers; die Prozessvoraussetzungen des Art137 B-VG sind somit nicht gegeben.
3. Der Verfassungsgerichtshof ist daher nicht zuständig, über das Klagebegehren zu entscheiden. Die Klage war daher schon aus diesem Grunde zurückzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Dienstrecht, Hochschullehrer, Bezüge, Bescheid, Feststellungsbescheid, DienstalterszulageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:A13.2005Dokumentnummer
JFT_09939772_05A00013_00