RS Vfgh 2007/12/3 V6/07

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Veröffentlicht am 03.12.2007
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Index

92 Luftverkehr
92/01 Luftverkehr

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art79
B-VG Art129a Abs1 Z2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
LuftFG §4, §5
LuftraumbeschränkungsV des Bundesministers für Landesverteidigung über die Festlegung zeitweiliger Luftraumbeschränkungen im Raum Wien vom 11, bis 13.05.06
MilitärbefugnisG §26, §54
WehrG 2001 §2

Leitsatz

Ausreichende Determinierung einer Wortfolge in einerAusnahmebestimmung der Luftraumbeschränkungsverordnung betreffend dieErteilung der Zustimmung zu Flügen in einem Flugbeschränkungsgebietdurch das Military Control Center - MCC; keine Bedenken gegen dieErlassung dieser Verordnung durch den Bundesminister fürLandesverteidigung im Hinblick auf die Gewährleistung dermilitärischen Luftraumüberwachung während eines Gipfeltreffens imInteresse der Landesverteidigung und zur Wahrung der Lufthoheit

Rechtssatz

Zulässigkeit des Antrags eines Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) auf Aufhebung einer Wortfolge in §4 Abs4 LuftraumbeschränkungsV.

Der UVS hat die angefochtene Wortfolge in §4 Abs4 der Verordnung bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Beschwerde (betreffend die Versagung der Zustimmung für den Schulflug eines Fluglehrers durch das Military Control Center - MCC) anzuwenden, zumal es ihm - da er sowohl für Maßnahmenbeschwerden gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG (§54 Abs1 MilitärbefugnisG) als auch für Beschwerden nach §54 Abs2 MilitärbefugnisG zuständig ist - unbenommen bleibt, sie ungeachtet der Bezeichnung der falschen Rechtsgrundlage durch den Beschwerdeführer anhand der richtigen Rechtsgrundlage zu prüfen.

Ausreichende Determinierung einer Wortfolge in der Ausnahmebestimmung des §4 Abs4 der LuftraumbeschränkungsV betreffend die Erteilung der Zustimmung zu Flügen in einem Flugbeschränkungsgebiet durch das MCC.

Bedachtnahme nicht nur auf §4 Abs1 und §5 Abs3 LuftFG, sondern auch auf §26 MilitärbefugnisG (militärische Luftraumüberwachung) geboten.

Das LuftFG, dessen §4 normiert, dass - je nach Lage des Falles - für allseits umgrenzte Lufträume hinsichtlich des Durchfluges von Luftfahrzeugen dauernd oder für bestimmte Zeiträume Luftraumbeschränkungsgebiete bekannt gegeben werden können, setzt bereits eine spezifische Einzelfallbetrachtung voraus, die im Falle der angefochtenen Verordnung durch das MCC zu erfolgen hat.

Diese einzelfallbezogene Beurteilung durch das MCC gewährleistet eine flexible Gestaltung der vorgesehenen Flugbeschränkungen und ermöglicht eine konkrete Interessenabwägung zwischen den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und den Bedürfnissen der Zivilluftfahrt. Dass der Entscheidung des MCC eine auf Erfahrungswerten basierende Analyse der konkreten Situation (Zeit, Ort und Dauer des geplanten Fluges sowie ein aktuelles militärisches Lagebild) zugrunde zu legen ist, ergibt sich schon aus dem spezifischen Regelungszweck der auf den Ausgleich der betroffenen Interessen abzielenden Ausnahmebestimmungen.

Keine Bedenken gegen die Erlassung der LuftraumbeschränkungsV durch den Bundesminister für Landesverteidigung im Hinblick auf die Gewährleistung der militärischen Luftraumüberwachung während des Gipfeltreffens (hier: EU-Lateinamerika-Karibikstaaten-Gipfel von 11. bis 13.05.06 in Wien) iSd §5 Abs3 LuftFG im Interesse der Landesverteidigung; völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs zur Vorsorge für die Sicherheit der Gipfelteilnehmer.

Militärische Landesverteidigung Sache des Bundesheeres (Art79 B-VG), aber auch Inanspruchnahme des Bundesheeres durch die zivile Gewalt vorgesehen (Art79 Abs2 Z1 B-VG); Unterscheidung zwischen militärischer Landesverteidigung und Assistenzeinsätzen auch in §2 WehrG.

Der Gesetzgeber hat in §5 LuftFG - je nachdem, welcher Aspekt bei der Festlegung von Luftraumbeschränkungen überwiegt (Sicherheit der Luftfahrt, Sicherung von Such- und Rettungsmaßnahmen, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung sowie Vorbereitung und Durchführung von Einsätzen des Bundesheeres) - klare Regelungen über die jeweils vorgesehene Form des Zusammenwirkens der betreffenden Bundesminister getroffen (vgl dazu auch §5 BundesministerienG 1986). Dass der Bundesminister für Landesverteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur Vorbereitung eines allfälligen - ausschließlich der Wahrung der Lufthoheit dienenden - Einsatzes gemäß §5 Abs3 Luftfahrtgesetz durch Verordnung Luftraumbeschränkungen festlegt, stößt auf keine Bedenken.

Wenn nun der Bundesminister für Landesverteidigung bei der Analyse der Sicherheitslage zum Ergebnis gelangt ist, dass die Wahrung der Lufthoheit iSd §26 MilitärbefugnisG eine notwendige Voraussetzung für die Gewährleistung der Sicherheit der Staatsgäste ist, erscheint die Erlassung einer Verordnung, mit der zeitweilige Luftraumbeschränkungen festgelegt werden, jedenfalls geeignet, um möglichen Verletzungen der Lufthoheit während des Gipfeltreffens rasch und gezielt (etwa durch Stellen eines Luftfahrzeuges) entgegenwirken zu können.

Entscheidungstexte

  • V 6/07
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 03.12.2007 V 6/07

Schlagworte

Luftfahrt, Militärrecht, Bundesheer, Determinierungsgebot, Ermessen,Behördenzuständigkeit, Verordnungserlassung, Völkerrecht, VfGH /Präjudizialität, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt,Unabhängiger Verwaltungssenat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:V6.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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